Nur die steirische SPÖ kritisiert den Bundesparteichef. Alle anderen stehen hinter Faymann.
Serien-Wahlniederlagen hin oder her, bei der SPÖ steht keine Palastrevolte an. Zum 1-Jahr-Jubiläum von Werner Faymann als SPÖ-Chef würdigen fast alle sozialdemokratischen Landesorganisationen ihren Bundesvorsitzenden als den alternativlos Besten. Einzig in der Steiermark ist man mit Faymann nicht sonderlich glücklich.
Flecker sauer wegen Mindestsicherung
In der Steiermark kaut man
noch am Regierungskompromiss zur Mindestsicherung, der die nur zwölfmalige
Auszahlung vorsieht statt der ursprünglich geplanten 14 Mal. Landeshauptmann
Franz Voves war nicht erreichbar, sein Stellvertreter Kurt Flecker wird aber
deutlich: Man hoffe "auf den ersten Leistungsbeweis der Regierung Faymann,
eine bedarfsorientierte Mindestsicherung, die ihrem Namen gerecht wird".
Was bisher vorliege, hinke "leider noch weiter hinter der mit dem Kabinett Gusenbauer vereinbarten Fassung nach". Jetzt müsse repariert werden: "Wir warten gespannt auf eine erkennbare sozialdemokratische Linie der Regierungsarbeit."
Niessl mag Faymann
Ohne die Sozialdemokraten hätte es die
Mindestsicherung gar nicht gegeben, sagt dagegen der burgenländische
SPÖ-Vorsitzende Hans Niessl. Die SPÖ habe es dabei "nicht leicht, die ÖVP
weiterhin vom neoliberalen Kurs abzubringen". Seine Gesamtbilanz für die
Regierung ist positiv: "Ich glaube, es war eine mustergültige Arbeit in der
Koalition." Die eher konsensorientierte politische Linie des SPÖ-Chefs sehe
er "vom Grundsatz her gut", so lange das vom Koalitionspartner nicht
missbraucht werde.
Mit dem neuen SPÖ-Vorsitzenden verstehe er sich nicht nur politisch, sondern auch persönlich sehr gut, so Landeshauptmann Niessl. Der SPÖ-Chef habe "zu den Leuten einen sehr guten Zugang". Bürgernähe und das Zuhören-Können seien bei ihm in großem Maße gegeben, findet Niessl.
Burgstaller lobt Tempo
Positiv fällt die Bilanz der Salzburger
SPÖ-Vorsitzenden Gabi Burgstaller aus. Zu den Erfolgen Faymanns zählt sie
etwa die Durchsetzung der vorgezogenen Steuerreform, aber auch "schnelles
und aktives Handeln" der Bundesregierung zur Krisenbewältigung. Auch bei der
öffentlichen Darstellung der Erfolge der Regierungsarbeit habe sich vieles
zum Positiven verändert, vermerkt die Landeshauptfrau, auch wenn es hier
noch Potenzial gebe. So sei es etwa notwendig, die positiven Aspekte der
Einigung bei der Mindestsicherung stärker herauszustreichen, nennt
Burgstaller als Beispiel.
Haider spürt Handschrift
Geradezu begeistert reagiert der
oberösterreichische Landeschef Erich Haider. Seit Faymann spüre man die
sozialdemokratische Handschrift viel mehr. Unter ihm sei es zur Abschaffung
der Studiengebühren, einem Vorziehen der Steuerreform und einer
Pensionserhöhung gekommen.
Brauner stören ÖVP-Neins
Lob kommt auch aus der
Bundeshauptstadt. Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner, der ja vor allem
zu gemeinsamen kommunalen Zeiten nicht unbedingt das beste Verhältnis zu
Faymann nachgesagt wurde, spricht nun in höchsten Tönen vom Parteichef.
Faymann sei eine "verbindliche Persönlichkeit", der es gelinge, "Dinge
konsensual durchzuziehen". Allerdings habe er das selbe Problem wie sein
Vorgänger Alfred Gusenbauer, und zwar die "vielen Nein-Sager" in der ÖVP.
Ritsch sieht "richtigen Mann"
In Vorarlberg, wo im
September gewählt wird, setzt man auf eine gute Beziehung zur Zentrale.
Landes-Chef Michael Ritsch sieht Faymann als den richtigen Mann auf dem
Sessel des Bundesparteivorsitzenden. Faymann sei ein guter Kommunikator und
Netzwerker, der Inhalte wie etwa das verpflichtende Gratis-Kindergartenjahr
dank "geschickten Verhandelns" habe umsetzen können.
Sein Parteichef verzichte freilich manchmal im Sinne des Staates auf eine offene Konfrontation mit dem Regierungspartner ÖVP und nehme gegebenenfalls lieber in Kauf, innerparteilich "nicht so gut da zu stehen", sagt Ritsch, der aber keine Alternative zu Faymann sieht: "Es bietet sich niemand an, der den Job besser machen könnte." Der Bundeskanzler suche in allen wesentlichen Fragen den Kontakt zu den Länderchefs, der Gewerkschaft und zum Pensionistenverband. Dagegen sei die Kommunikation in der Partei beispielsweise in der Ära Klima "furchtbar" gewesen.
Leitner freuen gehaltene Versprechen
Ausschließlich Anerkennung
für den Bundeskanzler gab es vonseiten des niederösterreichischen
SP-Landeschefs Sepp Leitner. Faymann habe alle seine Versprechen gehalten,
von der Umsetzung der Steuerreform bis zur Abschaffung der Studiengebühren,
lobt der Landeshauptmann-Stellvertreter: "Der Bundeskanzler ist ein auf
Ausgleich bedachter Politiker, der das Regierungsschiff auch in unruhigen
Zeiten mit Bedacht steuert."
Rohr ortet Besonnenheit
Nicht ganz so euphorisch, aber eher
wohlwollend spricht Kärntens Landeschef Reinhart Rohr vom Kanzler. Er sei
mit der Performance Faymanns "durchaus zufrieden". Der Parteivorsitzende
agiere besonnen und unaufgeregt, er müsse nicht auf jeden Zuruf reagieren
und tue das auch nicht, sondern behalte das "gemeinsame Ganze" im Auge. Das
gelte sowohl für die Regierung als auch für die Partei. Faymann habe die SPÖ
in einer sehr schwierigen Situation übernommen und bei der Nationalratswahl
Platz Eins und den Kanzler gehalten. Einen Vergleich mit Vorgänger
Gusenbauer will Rohr aber nicht ziehen: "So etwas tue ich grundsätzlich
nicht."
Gschwentner gegen Zurufe
Ein Geheimnis bleibt, was sich die
Tiroler SPÖ über Faymann denkt: Der Vorsitzende der Landespartei LHStv.
Hannes Gschwentner wollte keine Stellungnahme zum Premieren-Jahr seines
Parteivorsitzenden abgeben. Er halte Zurufe von außen für "entbehrlich".