Interview und Orban
Erster Wirbel um blauen Nationalratspräsidenten Rosenkranz
27.10.2024Nicht einmal zwei Tage nach seiner Wahl zum Nationalratspräsidenten wurde bekannt, dass Walter Rosenkranz Viktor Orban als Gast im Hohen Haus empfangen will. Auch ein Interview sorgt für Aufregung.
Bei seiner Antrittsrede am Donnerstag zeigte sich Walter Rosenkranz noch versöhnlich. Er wolle "konsensual" handeln, kündigte er an. Doch bereits jetzt - keine Woche nach seiner Wahl zum Nationalratspräsidenten - gibt es den ersten Wirbel um den ersten blauen Nationalratspräsidenten.
Rosenkranz empfängt nämlich den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban am kommenden Donnerstag im Hohen Haus. Ein nicht-öffentlicher Empfang im Parlament sowie ein Treffen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl sind geplant. Laut Rosenkranz sei das Treffen schon vor seinem Amtsantritt mit der FPÖ vereinbart worden. Orban habe ihn dann nach seiner Wahl relativ kurzfristig um ein Treffen gebeten.
Orban befindet sich nächste Woche für eine Diskussionsveranstaltung der Schweizer "Weltwoche" in Wien. Moderiert wird der Abend vom "Weltwoche"-Chef Roger Köppel, auch der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) diskutiert mit. Alle drei - Orban, Schröder und Köppel - gelten als Putin-nahe.
Auch ein Interview von Rosenkranz sorgt bereits für Wirbel. Der neue Nationalratspräsident stellte sich zwölf Minuten lang den Fragen des ehemaligen Identitären Philipp Huemer, der mittlerweile Innenpolitik-Redakteur beim umstrittenen Sender "AUF1" ist.
SPÖ-Leichtfried: "Rosenkranz hat Österreich zu dienen, nicht der FPÖ"
SPÖ-Verfassungs- und Europasprecher Jörg Leichtfried zeigte sich in einer Aussendung empört. Für den SPÖ-Politiker sei es unerträglich, dass das erste außenpolitische Zusammentreffen des neuen Nationalratspräsidenten mit Viktor Orban stattfinde, "einem antidemokratischen, antiwestlichen Politiker, der die EU zerstören will und als politischen Freund nur mehr Putin hat.“ Rosenkranz sei mit "Mehrheit vom Nationalrat als Nationalratspräsident gewählt. Er hat in dieser Funktion Österreich und dem Parlament zu dienen, nicht der FPÖ", so Leichtfried. Seine Zeit als "Parteisoldat" sei vorbei. Auch das Interview mit dem Ex-Identitären kritisierte Leichtfried.
In den Sozialen Medien gibt es ebenso bereits zahlreiche empörte Statements. "Es beginnt: Rosenkranz holt als ersten Besuch einen autokratischen, korrupten Antisemiten ins Parlament", schreibt etwa "stopptdierechten.at" auf X (vormals Twitter). Der Beitrag wurde übrigens von Grünen-Chef Werner Kogler geteilt.
NEOS-Abgeordnete Henrike Brandstötter schreibt: "Erster Gast von NR-Präsident Rosenkranz - und das nur eine Woche nach seiner Wahl: Viktor Orbán. Und jetzt denken wir alle mal kurz nach, wen ein Kanzler Kickl so alles empfangen würde …"
Auch Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, äußerte sich zum "AUF1"-Interview via X: "Das ist ein Skandal und Eskalation pur. Rosenkranz pfeift damit auf den Verfassungsschutz, der den Kanal als rechtsextremistisch einstuft. Kanalbetreiber ist ein fanatischer Rassist, der früher in der Neonaziszene aktiv war. Rosenkranz zieht sein Amt in den rechtsextremen Sumpf."
Rosenkranz: Treffen schon vor Amtsantritt mit FPÖ vereinbart
Das Treffen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl und anderen in der FPÖ sei bereits vor der konstituierenden Sitzung des Nationalrats vereinbart worden, erklärte Rosenkranz am Sonntag in der ORF-Sendung "Hohes Haus". Orban habe ihn dann relativ kurzfristig nach seiner Wahl zum Nationalratspräsidenten um ein Treffen gebeten.
Es entspreche seinem Naturell und eigentlich auch seiner Aufgabe als Präsident, ausländische Repräsentanten, wenn sie ihn treffen wollten oder einladen würden, dem protokollarisch auch zu entsprechen, meinte Rosenkranz.
Würde auch Putin bei Friedenschance einladen
Die Frage, ob er dementsprechend auch Russlands Präsidenten Wladimir Putin empfangen würde, bezeichnete er als "sehr heikel". Aber vom Grundsatz her sei sein Credo: "Man muss mit jedem reden, vor allem wenn sie Aggressoren sind". Voraussetzung für ein Treffen mit Putin sei allerdings, dass er die Chance sehen würde, dass dies auch "nur der kleinste Beitrag sein könnte, dass dieses Morden an der Kriegsfront zwischen Russland und der Ukraine aufhört". Wenn es darum ging, ein Glas Wein aus der Wachau zu trinken, dann nicht. Unter keinen Umständen ins Parlament einladen würde Rosenkranz dagegen Mitglieder der Identitären.
Dass Mitglieder der Identitären Bewegung ins Parlament zu einer Veranstaltung eingeladen würden oder sie selber dort eine Veranstaltung machen, "das können Sie ausschließen", sagte Rosenkranz auf eine entsprechende Frage. Er habe persönlich noch nie mit Identitären zu tun gehabt, erklärte der Nationalratspräsident, einzig bei einer Wahlveranstaltung in Wiener Neustadt sei er darauf hingewiesen worden, dass Identitäre anwesend seien.