Kritik an Gewessler
Edtstadler liefert sich harten Fight mit ORF-Wolf in "ZiB2"
24.06.2024Am Montagabend war Verfassungs- und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zu Gast im ''ZiB2''-Studio. Sie lieferte sich ein hartes Wort-Duell mit ORF-Moderator Armin Wolf und teilte erneut gegen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) aus.
Seit Gewesslers Alleingang beim EU-Renaturierungsgesetz herrscht in der Koalition Eiszeit. Die ÖVP sieht in der Zustimmung Gewesslers einen Verfassungsbruch. "Wenn es um ihre Ideologie steht, gilt der Rechtsstaat für die Grünen nicht mehr", so etwa ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker. Auch Europaministerin Karoline Edtstadler äußerte am Montagabend im "ZiB2"-Interview mit Armin Wolf erneut scharfe Kritik am Vorgehen der Grünen-Ministerin.
Zunächst wollte "ZiB2"-Anchor Wolf jedoch wissen, warum Gewessler überhaupt noch Ministerin sei, immerhin habe sie - zumindest aus Sicht der Türkisen - die Verfassung gebrochen. Edtstadler erklärte, dass sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) diese "Entscheidung nicht leicht gemacht" habe. Er handle jedoch aus Verantwortung für Österreich. "Wir haben noch vieles vor, wir haben noch einige Dinge zu beschließen", so Edtstadler. Zudem wolle man im Parlament ein "freies Spiel der Kräfte", also "Chaos und Stillstand" verhindern.
Verfassung wurde "mit Füßen getreten"
Auf Nachfrage Wolfs, ob die ÖVP auch ein freies Spiel der Kräfte verhindern wolle, weil sonst Beschlüsse ohne Zustimmung der ÖVP gefasst werden könnten, verneint Edtstadler. In der Vergangenheit habe man bereits gesehen, dass ein freies Spiel der Kräfte, den Steuerzahler viel Geld kosten kann, argumentierte Edtstadler. Dies müsse man verhindern.
Daraufhin wollte Wolf wissen, ob die ÖVP die Koalition noch brauche, um etwa den EU-Kommissars-Posten zu besetzen oder Wirtschaftsminister Martin Kocher als Chef der Nationalbank zu platzieren. "Hier taktische Gründe vorzuschieben, ist wirklich nicht gerechtfertigt", konterte Edtstadler. Es seien noch viele Beschlüsse zu fassen - "obwohl die Verfassung hier mit Füßen getreten wurde." Die ÖVP möchte nun "verantwortlich für das Land handeln", so Edtstadler.
"Nein, nein, nein, nein, das stimmt nicht, Frau Edtstadler"
Dann wurde es rauer. Wolf fragte, warum es keine Aufregung gab, als die ÖVP die Indexierung der Familienbeihilfe beschlossen habe - gegen ein Gutachten des Verfassungsdienstes. Das sei auch später vom EuGH aufgehoben worden. "Da waren Sie nicht so empört". Hintergrund: Die Grünen ließen Privatgutachten zum geplanten Vorgehen Gewesslers erstellen und zweifeln an der Einschätzung des Verfassungsdienstes.
"Da müssen wir jetzt genau sein", so Edtstadler. Es sei richtig, dass es damals ein Gutachten eines Professors gab, der auch gemeint habe, man könne das in diesem Bereich machen. Zudem habe es danach auch ein Gutachten des Verfassungsdienstes gegeben, der selbst gemeint habe, "dass er zu wenig Grundlage hat, um diese Frage letztgültig zu beurteilen."
Dann fuhr Wolf Edtstadler ins Wort: "Nein, nein, nein, nein, das stimmt nicht, Frau Edtstadler." Der Verfassungsdienst sei vom damaligen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) beauftragt worden, sich das anzusehen. "Der Verfassungsdienst hat dann gesagt 'Das geht so nicht'", so Wolf. Dann habe es die ÖVP-FPÖ-Regierung gegeben, die erneut den Verfassungsdienst befragte. "Da hat der Verfassungsdienst gesagt 'Na ja, man müsste das alles noch näher abstimmen' und hat seine alte Stellungnahme nicht wiederholt. An der Rechtslage hatte sich aber nichts geändert."
Edtstadler kontert: "Nichts anderes habe ich gesagt"
Edtstadler konterte: "Nichts anderes habe ich gesagt. Ich habe Ihnen Recht gegeben, dass es hier ein Rechtsgutachten gibt und gab. Ich habe Ihnen auch gesagt, dass der Verfassungsdienst befasst war und hier keine abschließende Entscheidung gefällt hat", so Edtstadler. Wolf: "Aber das stimmt doch gar nicht. Der Verfassungsdienst kann nichts entscheiden, Frau Minister." Edtstadler argumentierte anschließend, der Verfassungsdienst gebe "natürlich eine klare Empfehlung" ab - und diese sei hier nicht eindeutig gewesen. Zudem seien das zwei verschiedene Fälle. Die Grünen hätten vier Gutachten beauftragt und würden nun auf eine staatliche Institution losgehen. Ein Angriff auf den Verfassungsdienst sei "unerhört".
Wolf hielt dagegen und erklärte, dass sich der Verfassungsdienst auch gelegentlich irre, wie er mit einem Beispiel untermauert. Edtstadler erklärte hierauf, dass man vier Privatgutachter nicht damit beauftragen könne, "um das auszuhebeln". Sie erachte das als "wirklich gefährlich".
Gernot Blümel und die Aktenlieferung
Schließlich kam Wolf auch noch auf Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) zu sprechen. Dieser habe sich geweigert, der Aufforderung auf Aktenauslieferung des Verfassungsgerichtshofs nachzukommen. Erst nachdem sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen eingeschaltet habe, seien die Akten geliefert worden. Warum sei hier nicht von Verfassungsbruch die Rede gewesen, wollte Wolf wissen. Für Edtstadler sei es eine "schwierige Frage", welche Akten geliefert werden müssen und welche nicht. Immerhin habe man - besonders als Minister - auch eine Verpflichtung gegenüber Datenschutz. Zudem seien die Akten letztendlich geliefert worden. Gewesslers Alleingang hingegen "hat Österreich gebunden auf viele Jahre", so Edtstadler. Das sei nun ein weiteres "Diktat" aus Brüssel. "Das ist schon eine andere Nummer als das Vorlegen von Unterlagen in einem Untersuchungsausschuss."
Hat Anzeige gegen Gewessler "überhaupt keine Chance"?
Dann kam Wolf auf die Anzeige der ÖVP wegen Amtsmissbrauchs gegen Gewessler zu sprechen. "Sie als ehemalige Richterin wissen ganz genau, dass diese Anzeige überhaupt keine Chance hat", so Wolf. Edtstadler hielt entgegen, dass man nie wisse, wie Gerichte entscheiden. Zudem befinde man sich in einer "Ausnahmesituation". So etwas habe es "noch nicht gegeben". Am Ende werde man aber sehen, "wie die Gerichte entscheiden", so Edtstadler. Der Verdacht des Amtsmissbrauchs stünde jedenfalls im Raum.
Angesprochen auf den Ministerrat, der letzte Woche abgesagt wurde, meinte Edtstadler, man werde "professionell weiterarbeiten". Dennoch: "Ich verhehle auch nicht, dass die Situation momentan angespannt ist."