Das Feiern von Erdogan-Fans in Wien beschäftigt nun die heimische Innenpolitik.
Die in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger haben auch bei der Stichwahl mit großer Mehrheit für Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan gestimmt - und dessen Sieg am Sonntagabend entsprechend lautstark gefeiert. Daran entzündet sich jetzt neuerlich eine innenpolitische Kontroverse über Migration und Integration. Es wurden Ermittlungen des Verfassungsschutzes wegen Zeigens des verbotenen "Wolfsgrußes" angekündigt.
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Zahlreiche Fans des türkischen Präsidenten feierten dann am späten Sonntagabend in Wien den Wahlsieg, Brennpunkt dabei war der Reumannplatz in Wien-Favoriten. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie lautstark Feiernde türkische Fahnen und Erdogan-Bilder schwenkten.
Laut einem Sprecher der Wiener Polizei kam es bei den spontanen und daher auch nicht angemeldeten Kundgebungen ab 20.30 Uhr um den Reumannplatz zu Autokorsos, die massive Verkehrsbeeinträchtigungen verursachten. Durch das Einschreiten der Beamten und entsprechende Anzeigen habe sich die Lage aber gegen 23.30 Uhr wieder beruhigt. Man habe auch, so der Polizeisprecher, möglicherweise gefährdete Objekte wie das Ernst-Kirchweger-Haus - das in der Vergangenheit Ziel türkischer Hooligans war - oder Botschaften geschützt und auch verhindert, dass sich die mehreren hundert Feiernden nicht weiter in Bewegung setzen konnten. Anzeigen gab es laut Polizei aber auch nach dem "Symbolegesetz", da - wie auch bei vorangegangenen Veranstaltungen - von einzelnen jubelnden Erdogan-Fans der verbotene "Wolfsgruß" gezeigt wurde.
FPÖ kritisiert SPÖ und ÖVP
Die Wiener FPÖ nahm die Kundgebungen zum Anlass, ein "Kalifat" zu orten, zu dem die SPÖ und Bürgermeister Michael Ludwig Favoriten gemacht hätten, Innenminister Gerhard Karner zum Rücktritt aufzurufen und die feiernden Erdogan-Fans zur Ausreise in die Türkei aufzufordern. Für FPÖ-Chef Herbert Kickl ist "die Dreistigkeit der Fanatiker das Ergebnis der Schwäche von SPÖ und ÖVP und auch das Ergebnis von jahrzehntelangen Versäumnissen beim Thema Integration".
„Solche Ereignisse nach einer türkischen Wahl machen auch diesmal die Existenz von Gegengesellschaften für jedermann sichtbar. ÖVP und SPÖ haben längst jede Kontrolle verloren. Die letzte Nacht hat gezeigt, dass binnen kürzester Zeit und ohne Vorwarnungen tausende türkische Fanatiker unsere Hauptstadt blockieren können – wieder einmal hat der Staatsschutz unter einem ÖVP-Innenminister komplett versagt“, so der FPÖ-Chef.
Kickl verweist auch erneut auf das Thema Doppelstaatsbürgerschaften:“ Es ist auch vollkommen unverständlich, warum ÖVP-Innenminister Karner den Urnengang zur türkischen Wahl in Österreich nicht zum Anlass genommen hat, die Wähler auf Doppelstaatsbürgerschaften, die im eigentlichen Sinn ja Scheinstaatsbürgerschaften sind, überprüfen zu lassen.“
Stocker kontert: "Kickl vergisst, dass er seiner Verantwortung nicht nachgekommen ist"
ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker kontert der Kritik: "Kickl vergisst vollkommen, dass er als Innenminister seiner Verantwortung nicht nachkommen ist. Schließlich hatte er knapp zwei Jahre als Innenminister der Republik die Verantwortung, solche Entwicklungen zu unterbinden. Doch war er es, der die Parallelgesellschaften zugelassen hat. Denn: Maßnahmen, um Parallelgesellschaften zu verhindern, wurden nicht umgesetzt."
Dass er nun versucht, seine Versäumnisse dem jetzigen Innenminister umzuhängen, ist eine Farce, so Stocker weiter. "Denn der Scherbenhaufen, den er im Innenresort hinterlassen hat, ist eines ehemaligen Ministers nicht würdig. Erinnern wir uns, dass er den Staatschutz schwer beschädigt hat, schließlich hatte er als Innenminister den größten Sicherheitsskandal der Republik zu verantworten. Stichwort: BVT."