FPÖ-Chef Herbert Kickl mit heftige Attacken auf Regierung, Parteien und Medien.
Die FPÖ ist am Samstag mit dem Neujahrstreffen in der mit über 2.000 Menschen vollbesetzten Schwarzlhalle in Premstätten bei Graz ins Superwahljahr 2024 gestartet. Den Auftakt machte der Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky. Danach attackierte der Spitzenmann für die steirische Landtagswahl im Herbst, Mario Kunasek, die schwarz-rote Landesregierung. Höhepunkt war der Auftritt Herbert Kickl, der in einem Rundumschlag u. a. ein "Abstreifen der Ketten" ankündigte.
Als Herbert Kickl die Bühne betrat, gab es im Publikum kein Halten mehr, alles erhob sich zu "Herbert"-Sprechchören. Er sei topmotiviert, so der Bundesparteiobmann, und das sei eine "schlechte Nachricht" für die Regierung, die nichts in diesen Ämtern verloren habe, sagte Kickl. Man werde den Stier bei den Hörnern packen und zu Boden ringen, in Innsbruck, Salzburg, in Vorarlberg und der Steiermark, im Bund und bei den EU-Wahlen. In den Geschichtsbüchern werde einmal stehen, das "Abstreifen der Ketten" habe am 13. Jänner in Graz in der Schwarzlhalle begonnen." Er spüre die riesige Kraft der freiheitlichen Partei, "ein unglaubliches Kraftwerk". Den Auftritt Nehammers - laut Kickl der "dead man walking im Bundeskanzleramt" - in der ZiB2 kürzlich nannte er eine Wahlempfehlung für die FPÖ.
Rundumschlag
Ihr Fett bekamen auch "pragmatisierte Experten", und "Systemmedien" ab. Alles sei recht, um die Freiheitlichen schlechtzumachen: "Ihr seid aus der Zeit gefallen", rief Kickl Medienvertretern zu. Er verstehe ja auch nicht, warum alle Parteien nicht auf einer einzigen Liste kandidierten, denn alle hätten nur das Ziel, einen freiheitlichen "Volkskanzler" zu verhindern. "Liste Volksverrat würde gut passen", sagte Kickl, der eine "gespenstische Parallelverschiebung" mit "VIP-Gehabe, Signa und Abgehobenheit" geißelte. "Benko, Gusenbauer, Haselsteiner und der zernudelte Kogler", das stehe für Nehammer, Babler, Meinl-Reisinger, ein "Swingerklub der Machtlüsternen". Rechtsextrem-Punzierungen würden ihnen nichts helfen. "Das böse, böse Rechts ist nichts anderes als die Mitte der Gesellschaft, lasst euch nichts anderes einreden", sagte Kickl zum Publikum, der sich selbst "als einzigen Normalo unter lauter Systemlingen" bezeichnete. Und die Normalität werde ins Bundeskanzleramt einziehen, kündigte er an.
Je deutlicher das freiheitliche Wahlergebnis sei, desto eher werde es Gegnern schwerfallen das zu ignorieren, meinte Kickl. "Bundespräsident Alexander Van der Bellen residiert zwar in der Hofburg, aber er ist kein Kaiser." Man sei keine "schwache angeschlagene Partei nach Ibiza" mehr, sondern "mutig, tapfer und mit der Bereitschaft, sich mit den Mächtigen anzulegen", denn freiwillig würden diese nicht weichen. Man müsse mit jeder Form der Niedertracht rechnen, schwor er das Publikum ein. Im Moment habe man einen Systemkanzler, es brauche aber einen "Volkskanzler", der auch vom Volk gewählt sei. Die FPÖ habe die Grenzen einer Partei gesprengt, man sei "eine Bewegung, eine Freiheitsbewegung". Und er habe in Sachen Corona schon "so eine lange Fahndungsliste der Verantwortungsflüchtigen, Nehammer, Rauch, Edtstadler, Kogler, Schallenberg ...". Zum Thema Klima meinte er u. a., die Welt werde schon nicht untergehen, die eine oder andere Art werde vielleicht aussterben, eventuell "die Grünen im Parlament". Und beim Thema Remigration bekämen alle "Schnappatmung", aber bei Corona wurden "Millionen Menschen zu unerwünschten im eigenen Land erklärt. Aber der Wahnsinn hat bald ein Ende, die Erlösung ist nahe." In Bezug auf die EU heiße das Zauberwort Veto, Veto gegen Umverteilung von Flüchtlingen und gegen Milliarden Euro für die Ukraine und Veto gegen Russland-Sanktionen.
Erzherzog Johann 2.0
Für den steirischen FPÖ-Spitzenmann Kunasek hatte Kickl spezielle Auszeichnungen: Kunasek werde als "Anti-Drexler" reüssieren, als praktisch ein "Erzherzog Johann 2.0, ein echter Landesvater, wie unser Jörg Haider in Kärnten einer gewesen ist".
Der so angesprochene steirische Spitzenkandidat Mario Kunasek hatte zuvor angekündigt, das grüne steirische Herz werde in einigen Monaten mit blauer Kraft schlagen (bei der Landtagswahl im Herbst, Anm.). Und: Man brauche Herbert Kickl, um die schwarz-grüne "Belastungsregierung" aus dem Amt zu wählen. Nur mit den Freiheitlichen habe man die Chance, das Ruder herumzureißen. Es brauche eine Politik mit Hausverstand, eine bodenständige Politik, eine Hinwendung zur Bevölkerung, "nicht zu Bankern und Gusenbauers und zu abgehobenen Bonzen in Brüssel". Die Menschen würden nicht vergessen, "lieber Herr Nehammer", sagte Kunasek an die Adresse des Bundeskanzlers, was sich bei "Corona, Asyl und Massenzuwanderung" abgespielt habe. Die FPÖ habe als einzige vor der Situation, die jetzt eingetreten sei, gewarnt. In der Steiermark gehe es spätestens im November um eine Änderung des Systems, gegen jenes von Schwarz-Rot und gegen Stillstand, so Kunasek. Man müsse gewinnen, nur mit dem ersten Platz sei ein Wechsel möglich: "Wir haben das beste Programm und das beste Personal."
Kunasek widmete sich dann - ganz in Duellstimmung - dem steirischen Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP), der sich mit seinem Einkommen "tatsächlich" dem Mittelstand zugehörig wähne. "Ich bin dankbar, ihn als Gegner zu haben, denn dadurch gewinnen wir dieses Match." Kritik gab es u. a. an den Landesregierungsplänen für das Leitspital Liezen und an den Grünen, die sich gegen einen Teilausbau der A9 sperrten. SPÖ-Chef Anton Lang wurde als "braver Verwalter" tituliert, der wie ein Adjutant eineinhalb Schritte hinter Drexler gehe. Auf den Finanzskandal der Grazer FPÖ - die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt seit zwei Jahren, auch gegen Kunasek - waren weder er noch Bundesparteichef Kickl eingegangen.
"Künftiger Volkskanzler"
Beim Einmarsch der Spitzenkandidaten hatte Kickl, schon als "künftiger Volkskanzler" angekündigt, eine Österreich-Fahne getragen, begleitet von "Herbert, Herbert"-Sprechchören. Kunasek, der am Freitag bei einer Pressekonferenz in Graz den Landeshauptmann als Ziel angemeldet hatte, hielt ein Steiermark-Banner in Händen. An die Journalisten waren übrigens keine eigenen Presse-ID-Schildchen ausgegeben worden, sondern Buttons mit einem gezeichneten Bild von Kickl und der Aufschrift "Volkskanzler" und einem blauen Punkt.
Der steirische Landesparteisekretär Stefan Hermann sah in seiner kurzen Ansprache bereits die Wahlerfolge 2024 für Kickl und Kunasek: "Beim nächsten Neujahrstreffen werden wir euch als Regierungschefs begrüßen", im Bund und in der Steiermark. Kunasek werde ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler in den Polit-Ruhestand schicken, kündigte Hermann an. Der Vorarlberger FPÖ-Chef Christof Bitschi als nächster Sprecher ortete einen Stimmungswechsel im Ländle. Man kämpfe in Vorarlberg erstmals in der Geschichte mit um Platz eins. EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky sprach u. a. davon, die Wende wahr zu machen. Man müsse sich Demokratie und Freiheit zurückholen.