EU-Parlamentsvize Othmar Karas rechnet mit Karl Nehammer ab - und will bei der EU-Wahl nicht mehr antreten. Ein späteres politisches Comeback schließt er aber nicht aus.
Der ÖVP-Europaabgeordnete und 1.Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas wird nicht mehr für die Volkspartei kandidieren. "Nach 25 Jahren im EU-Parlament werde ich bei den kommenden Wahlen nicht mehr kandidieren. Das ist keine einfache Entscheidung für mich", sagte er am Donnerstag vor Medienvertretern in einer kurzfristig einberufenen persönlichen Erklärung. Eine Kandidatur mit einer eigenen Liste bei der EU-Wahl schloss er aus, nicht aber ein Comeback später.
Karas prangerte in einer Rede das politische Versagen an, und attestiert eine "schwerwiegende Krise" der Politik, er kritisierte auch "meine eigene Partei" und kritisierte "Scheindiskussionen". Es sei ein Fehler, "die politische Mitte aufzugeben und sich an den rechten Rändern anzubiedern."
Karas ging auf Konfrontation zur ÖVP-Spitze: So sei Österreich "ein Bremser des Notwendigen", er nannte ausdrücklich das Schengen-Veto seiner ÖVP.
Es sei "schick geworden, auf Brüssel mit dem Finger zu zeigen", sagte Karas. "Österreich braucht einen Neustart in der Europapolitik."
Asyl und Migration habe zu den größten Spannungen "zwischen mir und meiner Partei geführt". Und weiter: "Mir geht es auf die Nerven, als Linker tituliert werden, weil ich nicht will, dass Frauen und Kinder im Mittelmeer ertrinken", er sei auch für Außengrenzschutz - "eine Lösung wäre leicht möglich gewesen."
Ihn störe schlussendlich die "unnötige Emotionalisierung und Scheindebatten", er nannte ausdrücklich die von Kanzler Nehammer im Sommer angezettelte Debatte über das Bargeld.
"Manche sagen , er mag den Kurz oder den Nehammer nicht - es geht mir nicht darum gegen etwas zu sein, ich bin für Europa."
Die Gesprächsbasis mit seiner Partei sei immer vorhanden gewesen, jetzt sei es aber nicht mehr akzeptabel. So habe ihn Generalsekretär Stocker als "Saboteuer" bezeichnet, weil er gegen Pushbacks sei. Das sei "menschlich enttäuschend gewesen.
"Ich habe eine erste Entscheidung zu meiner Zukunft getroffen, ich werde nicht mehr für die EU-Wahl 2024 kandidieren", ließ er die Katze dann doch aus dem Sack.
Karas will ÖVP-Mitglied bleiben: "Wir haben inhaltliche Debatten gehabt, aber mein Wertegerüst ist das Gleiche, ich bin der Gleiche geblieben. ich bedaure, dass die Politik nicht mehr diesen Idealen entspricht."
Eine andere Partei Thema gewesen, er sei gefragt worden, aber: "Das hätte ich tun können, aber meine Perspektive endet nicht mit dem Wahltag, aber ich bleibe politisch aktiv."
Ob das ein baldiges Comeback sei? Karas: "Das war jetzt eine erste Entscheidung. Alles weitere werden wir sehen."
Eine Kandidatur für die Nationalratswahl 2024 schloss er nicht aus. "Ich werde weitere Ämter übernehmen, wenn es dem Land gut tut."
Das sagt die ÖVP zu Karas' Abrechnung
Die ÖVP reagierte kühl: „Karas war viele Jahre in der Volkspartei engagiert und hat mit seinem europäischen Mandat die Politik der EU in Brüssel und Straßburg mitgestaltet. Wie auch immer sein weiterer Weg aussieht, ich wünsche ihm für seine persönliche Zukunft alles Gute“, erklärt Generalsekretär Christian Stocker, der in den vergangenen Monaten regelmäßig mit Othmar Karas Kontakt gehabt haben will. „Othmar Karas war von 1981 bis 1990 Bundesobmann der Jungen Volkspartei, zwischen 1983 und 1990 Nationalratsabgeordneter und von 1990 bis 1995 Generalsekretär der Volkspartei. In den vergangenen 24 Jahren gestaltete er als Abgeordneter zum Europäischen Parlament viele Initiativen der EU mit – seit 2022 als Erster Vizepräsident des Parlaments. Es ist aber nichts Neues, das sich die Positionen der Volkspartei sowie jene von Othmar Karas insbesondere in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt haben“, so Stocker.