NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger kann sich unter Umständen eine - zuletzt wieder von der SPÖ geforderte - Erbschaftssteuer vorstellen, im Gegensatz zu Vermögenssteuern auf Substanz.
Im Gegenzug dürfe aber die Steuerlast nicht steigen, im Idealfall würde sie sinken, sagte sie am Samstag in der Ö1-Interviewreihe "Im Journal zu Gast".
"Erbschaftssteuern - das lehnen wir nicht prinzipiell ab", sagte sie. Wenn Vorschläge kämen, die "wirklich auch realistisch" keine Massensteuern bedeuteten und eine Gegenfinanzierung oder eine deutliche Senkung der Lohn- und Einkommenssteuern enthielten, könne über alles geredet werden, sagte Meinl-Reisinger. Mittelstand und Häuslbauer müssten jedenfalls geschont werden. "Aber jetzt ist nicht die Zeit der Verhandlungen, und ich sehe nur Fantasiezahlen, denen ich auch nicht unbedingt traue", schränkte sie ein.
Auf APA-Anfrage erklärte ein Sprecher Meinl-Reisingers, dass dies keine Änderung der Positionierung der Parteichefin darstelle. Auch in der Vergangenheit habe sie betont, dass die Steuerlast in Österreich zu hoch sei und sinken müsse. Wenn das passiert sei, könne man über die Verteilung innerhalb des Steuersystems reden. Doch bis dahin sei es ein weiter Weg. Eine Substanzbesteuerung schließen man bei den NEOS jedenfalls aus.
Scharfe Kritik der ÖVP
Die ÖVP wertete dies als Signal in Richtung einer künftigen Koalition von SPÖ, Grünen und NEOS. "Meinl-Reisinger verrät die eigenen Prinzipien, um eine österreichische Ampel-Koalition zu ermöglichen", so Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung: "Denn im 'ORF-Sommergespräch' wollte Beate Meinl-Reisinger noch keine neuen Steuern. Heute macht sie eine 180-Grad-Wendung und zeigt sich aus heiterem Himmel im Interview für eine Erbschaftssteuer gesprächsbereit. Wie in Wien sind die NEOS auch im Bund ein Fähnchen im Wind."
Zuvor hatte schon die FPÖ ablehnend reagiert. "In Zeiten der massiven Teuerung neue Steuern anzudenken, ist schon ein einziger Wahnsinn, aber das passt haargenau in die politische Linie von Meinl-Reisinger", kritisierte Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim sah Meinl-Reisinger auf Linie mit den Junos, ihrer Jugendorganisation, sowie mit NEOS-Sponsor Hans Peter Haselsteiner. Nach Meinl-Reisingers "Einlenken bei der Erbschaftssteuer" geht Seltenheim davon aus, dass sich "auch bei der Vermögenssteuer noch die Vernunft durchsetzen wird. Schließlich wird Österreich von internationalen Organisationen seit Jahren aufgefordert, große Vermögen endlich angemessen zu besteuern".