ÖVP-Strategen arbeiten bereits an Plänen für eine Nehammer-Nachfolge.
Wien. In der ÖVP liegen die Nerven blank: Am 25. September wählt Tirol. Und mittlerweile gibt es gleich drei aktuelle Umfragen, in denen die ÖVP in ihrem schwarzen Kernbundesland unter 30 % fällt. In zwei Umfragen liegen die Schwarzen in Tirol bei 29 %, in einer sogar nur noch bei 27 %. 2018 erreichte die ÖVP noch 44 %. Es droht also ein Minus von mehr als 15 Punkten. „Wenn das stimmt und wir in Tirol wirklich unter 30 % fallen, dann ist Nehammer weg“, meint ein hochrangiger ÖVP-Politiker.
Als Erstes würde wohl der Tiroler ÖVP-Chef Anton Mattle das Feuer auf den Kanzler eröffnen und ihm und der Bundesregierung die Schuld für das Wahl-Debakel zuschieben.
Schließlich würden die Niederösterreicher – die ihre Landtagswahl aufgrund des desaströsen Tirol-Ergebnisses auf März 2023 hinauszögern wollen – folgen und Nehammer die Gefolgschaft verweigern.
Hinter den Kulissen arbeiten schwarze Strategen bereits an einem Nachfolge-Plan, sollte Nehammer hinwerfen.
Vier Szenarien stehen derzeit im Raum:
- Edtstadler: »Eiserne Lady« könnte ÖVP in Wahl führen
➔ Verfassungsministerin Karoline Edtstadler wird als aussichtsreichste Nachfolge-Kandidatin ins Spiel gebracht. Das Nehammer-Team hat sie – genau deswegen – zuletzt „kaltgestellt“ und ihr eine Art Auftrittsverbot erteilt.
Hinter den Kulissen schmiedet Edstadler aber bereits eifrig Allianzen. Zuletzt hatte sie gleich mehrere gemeinsame Auftritte mit der mächtigen ÖVP-Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Vergangene Woche war sie beim „Salzburg Summit“ und führte dort Gespräche mit ÖVP-Wirtschaftsgrößen und dem Salzburger Landeschef Wilfried Haslauer. Hinter Edtstadler steht auch die „Kurz-Partie“, die sie bereits nach dem Kurz-Rücktritt als Nachfolgerin forciert hatte. Und: Edtstadler kommt aus dem ÖAAB, hätte also auch den Rückhalt des wichtigsten ÖVP-Bundes. „Edtstadler könnte Rendi in einem Wahl-Duell durchaus schlagen, mit einem Wahlkampf als „Eiserne Lady“ à la Maggie Thatcher“, so das Kalkül eines ÖVP-Strategen. Nach der Wahl könnte die beiden Damen dann eine Koalition bilden – zur Not auch mit Edtstadler als Vizekanzlerin, sollte die SPÖ Erster werden. „Zwei Frauen an der Spitze hätte Charme“, so der ÖVP-Stratege.
- Brunner: Krisenmanager als Kanzler – ohne Neuwahl
➔ Finanzminister Magnus Brunner wurde in den letzten Tagen immer wieder als möglicher Kanzler-Nachfolger genannt. Er soll vor allem aus der Wirtschaft Unterstützung haben.
Ein Szenario: Brunner könnte übernehmen, wenn Nehammer geht, es aber nicht zu Neuwahlen kommt. Das Argument der Wirtschaft: Mitten in einer Krise wäre es unverantwortlich zu wählen. Der Finanzminister würde als „farbloser, aber kompetenter Krisenmanager“ positioniert werden. Der Haken dieses Plans: Es ist kaum vorstellbar, dass die Grünen den dritten (!) Kanzlerwechsel mittragen würden, die Opposition würde jedenfalls toben.
- Mahrer: Große Koalition mit Sozialpartner-Chef
➔ Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer wäre laut einigen ÖVP-Insidern ebenfalls eine Denkvariante. Er wäre ein klares Zeichen Richtung Große Koalition, eine Renaissance der Sozialpartner. „In Krisenzeiten wäre ein Sozialpartner an der Spitze durchaus gut argumentierbar“, heißt es aus der ÖVP.
- Mikl-Leitner: Die Wunsch-Kandidatin der ÖVP-Basis
➔ Die niederösterreichische Landeshauptfrau wäre die absolute Wunschkandidatin der ÖVP-Basis. „Mit ihr könnten wir die Neuwahl gewinnen“, hört man unisono aus den ÖVP-Ländern. Aber: Mikl-Leitner soll zuletzt in ihrem engsten Umfeld immer wieder betont haben, dass sie in Niederösterreich bleiben will. Wenn die ganze Partei sie bekniet, ist es aber möglich, dass sie ihre Meinung doch noch ändert.
- Sebastian Kurz: Comeback erst in einigen Jahren
➔ Der Ex-Kanzler hat eine Rückkehr zuletzt mehrfach öffentlich ausgeschlossen. „Es ist noch zu früh für ein Comeback“, meint ein Vertrauter. In ein paar Jahren – wenn alle Verfahren abgeschlossen sind – könnte Kurz dann aber zurückkommen.