FPÖ-Asyl-Landesrat Gottfried Waldhäusl will jetzt auf einmal nicht für das "Stacheldraht-Quartier" verantwortlich sein.
Gottfried Waldhäusl und eine Landesbeamtin müssen sich seit Mittwoch in St. Pölten vor Gericht verantworten. Die Vorwürfe drehen sich um die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen im mit Stacheldraht umzäunten Asylquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) 2018.
Es drohen bis zu 5 Jahre Haft
Bei einer Verurteilung drohen sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Waldhäusl bestreitet die Anschuldigungen. Er habe zum Schutz der Bevölkerung gehandelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Das ist das Quartier, in dem die Jugendlichen eingesperrt wurden.
Am Donnerstag wurde Landesrat befragt - er schiebt alles auf Beamte
"Von mir hat es politische Wünsche und Vorgaben gegeben, aber keine Weisungen", betonte Waldhäusl am Donnerstag. Für die rechtliche Abklärung sei die Fachabteilung verantwortlich. Der Landesrat sei für die "politische Ausrichtung" zuständig, meinte der Freiheitliche in Richtung Staatsanwalt Michael Schön: "Wenn ich das alles wüsste, würde ich in der Fachabteilung arbeiten". Auf alle Fragen der Privatbeteiligtenvertreter, die sich für betroffene Flüchtlinge an dem Strafverfahren angeschlossen haben, erwiderte Waldhäusl: "Keine Angabe".
Waldhäusl (m.) auf dem Weg in den Verhandlungssaal.
Schmutziges Quartier mit Stacheldraht
Laut dem Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft vom 30. November 2018 gab es in dem Quartier Verschmutzungen, Stacheldraht sicherte die Einrichtung ab. Die Flüchtlinge konnten demnach die Unterkunft nur begrenzte Zeit in Begleitung von Securitys verlassen, der Kontakt mit außen wurde unterbunden. "Deckt sich das mit Ihrer Wahrnehmung?", wollte Richterin Silvia Pöchacker von Waldhäusl wissen. "In keiner Weise", erklärte der Erstangeklagte, der die Einrichtung zur Eröffnung am 26. November 2018 besucht hatte.
Auch angeklagte Beamtin verteidigt sich
Nach der Befragung des Landesrats war die 54-Jährige am Wort, die nach mehr als 15 Jahren als Betriebsrätin und Asylrechtsvertreterin bei einer NGO 2016 zum Land Niederösterreich gewechselt war. "Mich treffen diese Vorwürfe extrem", die Anschuldigungen seien falsch, betonte die Angeklagte in einer rund einstündigen zusammenhängenden Erklärung. Sie sei für NGOs zum "Feindbild" geworden, weil sie im Land eine eigene Asylrechtsvertretung aufgebaut habe, die zuvor an Organisationen ausgelagert gewesen sei.
"Habe nur Hilfsarbeiten geleistet"
An Arbeitsgruppen zur geplanten Einrichtung für Minderjährige nahm sie ihrer Aussage zufolge auf Anweisung ihres damaligen Chefs teil, obwohl die Themen nicht in ihrer Zuständigkeit lagen: "Ich hab mich nicht getraut, das abzulehnen." Bezüglich Grundversorgung habe sie nur "Hilfstätigkeiten" wie die Kontaktaufnahme mit einem möglichen Betreiber erledigt, berichtete die Frau, die sich selbst als "Workaholic" bezeichnete. Kommuniziert hatte die Stellvertreterin ihren Angaben zufolge mit dem Juristen im Kabinett des Landesrats, nie mit Waldhäusl selbst. Sie habe das Konzept für Drasenhofen bekommen, "aber nie gelesen". Ihr früherer Vorgesetzter sei als jahrzehntelanger Experte im Bereich Kinder- und Jugendhilfe für die Beurteilung zuständig gewesen.
Urteil erst im Frühjahr
Vorgesehen sind mehrere weitere Prozesstage, der nächste Termin soll der 7. März sein. Das Urteil wird erst im Frühjahr erwartet.