Die mit Spannung erwartete SPÖ-Mitgliederbefragung ist geschlagen, dennoch bleibt offen, wer künftig die österreichische Sozialdemokratie anführt.
Zwar setzte sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei der Basis durch, doch ist der Rückstand des Traiskirchener Bürgermeisters Andreas Babler so gering, dass dieser ein Antreten beim Parteitag kommende Woche erwägt. Fix scheint das Aus von Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner.
- Doskozil gewinnt SPÖ-Mitgliederbefragung vor Babler und Rendi-Wagner
- Nach Schlappe bei SPÖ-Befragung: Rendi-Wagner steht vor Rücktritt
- Trotz Zittersieg: Doskozil stellt SPÖ-Führungsanspruch
Unter strengster Geheimhaltung hatte die Wahlkommission fast sieben Stunden lang die Auswertung der 107.133 eingesandten Fragebögen kontrolliert. Erst wenige Minuten vor der offiziellen Verkündung durch Gremiumsleiterin Michaela Grubesa sickerten die Ergebnisse durch und die sahen folgendermaßen aus: Doskozil erhielt 33,7 Prozent der Stimmen. Babler holte 31,5 Prozent, Rendi-Wagner 31,4 Prozent. 3,5 Prozent waren gegen alle drei Optionen.
Das Ergebnis im Detail:
- Doskozil: 36.019 Stimmen
- Babler: 33.703 Stimmen
- Rendi-Wagner: 33.528 Stimmen
Entscheidung fällt jetzt am Parteitag
Streng formal ist das Votum, an dem sich immerhin gut 72 Prozent der Mitglieder beteiligten, nicht mehr als ein Stimmungsbild. Denn endgültig entschieden wird von einem Bundesparteitag, der Samstag kommender Woche in Linz in Szene geht.
Dennoch stellte Doskozil noch am Abend den Führungsanspruch. Zwar sei es das gute Recht Bablers, beim Bundesparteitag antreten zu wollen, die Vorsitzdiskussion sollte jetzt aber nicht noch prolongiert werden, forderte er bei einer Pressekonferenz Montagabend in Eisenstadt.
Nicht alle Landeschefs für Doskozil
Dem schlossen sich im Wesentlichen die meisten Landesparteichefs an. Salzburgs David Egger will bei seinen Delegierten für Doskozil werben, der Steirer Anton Lang kündigte an, für den Landeshauptmann zu stimmen. Für den oberösterreichischen Landesparteivorsitzenden Michael Lindner ist das Ergebnis der Mitgliederbefragung bindend, ungeachtet dessen wie knapp es ist. Ziemlich das selbe meinte der Niederösterreicher Sven Hergovich.
Freilich sind all die schon im Vorfeld Doskozils Lager zuzurechnen gewesen. Andere hielten sich am Montag deutlich mehr zurück. So meinte etwa der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser unbestimmt: "Ich war in der Vergangenheit und werde auch in Zukunft der neuen Parteiführung zu 100 Prozent loyal zur Seite stehen." Die Vorsitzende der zahlenmäßig allerdings unbedeutenden Vorarlberger Landespartei Gabriele Sprickler-Falschlunger kündigte gar an, Babler zu wählen.
Dabei hat der Bürgermeister, der wohl auch angesichts Tausender Neueintritte im Vorfeld einen überraschenden Achtungserfolg feierte, noch nicht einmal festgelegt, dass er sich in Linz den Delegierten stellt. Der Vertreter des linken Parteiflügels forderte bei einer Wahlparty in Wien eine Stichwahl, die freilich alleine schon angesichts des Fristenlaufs unrealistisch sein dürfte.
Doskozil hofft jetzt auf SPÖ-Gremien
Doskozil hätte gerne von den Parteigremien am Dienstag, dass er offiziell für den Parteivorsitz vorgeschlagen wird. Einen möglicherweise letzten politischen Auftritt hat davor Amtsinhaberin Rendi-Wagner. Sie hat vor dem Präsidium eine Erklärung angekündigt. Am Montag gab sie nur schriftlich kund, das Ergebnis der Befragung "zu respektieren", auch wenn es ein sehr knappes gewesen sei. Im Vorfeld hatte die seit 2019 amtierende und vom roten Establishment gestützte Parteichefin angekündigt, sich bei einer Niederlage aus der Politik zurückzuziehen.
Rendi-Unterstützer Ludwig hält sich bedeckt
Sehr ähnlich äußerte sich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der zwar als Unterstützer Rendi-Wagners am Montag keinen Feiertag hatte, an dessen Stadtpartei vorbei eine Mehrheit am Parteitag aber schwer zu erzielen sein wird. "Weitere konkrete Details werden morgen im Bundesparteivorstand diskutiert und festgelegt", hielt sich der Bürgermeister alle Optionen offen.
Der Opposition machte es sichtlich Freude, dass sich die SPÖ in drei annähernd gleich große Lager geteilt hat. Wortident sahen sowohl der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz als auch sein ÖVP-Pendant Christian Stocker eine Prolongierung der "Chaostage" bei den Sozialdemokraten.