Verteidigungsministerin spricht sich gegen Vorziehen des Urnengangs aus: "Gibt noch genug zu tun"
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) lässt Präferenzen für eine Zweierkoalition nach der Nationalratswahl erkennen. Dass es in einer Dreierkonstellation schwieriger sei, Kompromisse zu finden, könne man aktuell an der Ampelkoalition im Nachbarland Deutschland erkennen, sagte sie im Interview mit der APA. Jede Partei habe ihr eigenes Programm und ihre eigenen Zugänge, so Tanner: "Dass das bei drei Parteien herausfordernder ist, steht ja außer Frage."
Daher müsse das Ziel sein, dass die Volkspartei so stark wie möglich wird, um nicht nur den Kanzler zu stellen, sondern dass für eine stabile Regierung ein Partner reiche. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sei "selbstverständlich" die richtige Persönlichkeit an der Spitze der ÖVP und als Spitzenkandidat unumstritten, betonte Tanner.
Große Nehammer-Rede
Am 26. Jänner werde es zudem eine weitere "große Rede" Nehammers geben, bei der noch einmal die "Hauptthemen Sicherheit, Leistung und Familie" fixiert werden. Bereits nach der Rede "zur Zukunft der Nation" des Kanzlers im März des vergangenen Jahres habe es intensive Vorbereitungsarbeiten in unterschiedlichen Gruppen gegeben, so Tanner, die etwa mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) den Bereich Sicherheit bearbeitet habe.
Nicht viel abgewinnen könnte Tanner einem Vorziehen der regulär im Herbst stattfindenden Nationalratswahl. "Ich sehe überhaupt keinen Sinn darin", erklärte die Verteidigungsministerin: "Wir sind dafür gewählt, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode durcharbeiten." Es gebe genug zu tun, nicht zuletzt im Verteidigungsressort.
Dass sie ebenso wie Innenminister Gerhard Karner von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) als Spitzenkandidatin auf der niederösterreichischen Landesliste für die Nationalratswahl ins Spiel gebracht wurde, nimmt Tanner wohlwollend auf: "Selbstverständlich kandidiere ich gerne. Wie die Reihung aber dann letztlich sein wird, ist nicht das Wesentliche." Diese Entscheidung werde der Landesparteivorstand zeitgerecht treffen.
Dass die Nicht-Kandidatur von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der Niederösterreichs ÖVP 2017 und 2019 als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl geführt hatte, eine Konsequenz aus den jüngsten Affären sei, glaubt Tanner nicht: "Ich weiß auch nicht, welche Affären damit gemeint wären." Zudem verwies Tanner auf die diverse Einstellungen von Ermittlungen gegen den Nationalratspräsidenten. Und außerdem gebe es neben der Landesliste auch die Möglichkeit für Sobotka, im Regionalwahlkreis oder auf der Bundesliste zu kandidieren.
Schlechte Umfrage-Werte
Die derzeit nicht so rosigen Umfragewerte der Volkspartei beschäftigen Tanner nicht: "Es geht nicht darum, Umfragen zu gewinnen, sondern es geht darum, die Wahl zu gewinnen", argumentierte die Verteidigungsministerin: "Ich glaube daran, dass wir das tun werden." Am Ende des Tages werde man sehen, dass es wichtig ist, "dass die Mitte besetzt ist mit Vernunft, mit Hausverstand und nicht die Extreme auf der einen oder auf der anderen Seite".
Eine Koalition mit den Freiheitlichen mit Herbert Kickl an der Spitze schloss Tanner aus. Dieser sei in seiner Zeit als Innenminister ein Sicherheitsrisiko gewesen, so Tanner: "Und das sage ich in Verantwortung für zwei militärische Dienste (Abwehramt und Heeresnachrichtenamt, Anm.), was da an Folgen eingetreten ist." Auch die Haltung der FPÖ im Zusammenhang mit der geplanten Teilnahme Österreichs am europäischen Luftverteidigungssystem Sky Shield könne sie nicht nachvollziehen. In Sachen Sicherheit habe "Parteipolitik nichts zu suchen". Und dafür den Begriff der Neutralität vorzuschieben, entbehre jeder Grundlage. Schließlich verpflichte die Verfassung Österreich, diese "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen".
Für die EU-Wahl im Juni will Tanner keine Prognose abgeben. "Ich blicke überhaupt nicht gerne in die Glaskugel." Aber auch hier gelte: "Das eine ist, jetzt die Umfragen zu gewinnen, das andere ist es, die Wahl zu gewinnen." Jedenfalls solle man die EU-Wahl "sehr ernst nehmen". Auch in Europa müsse man sich auf die Mitte konzentrieren, statt die Ränder zu stärken. Die einen wollten nämlich die EU "überhaupt abschaffen", bei den anderen habe sie das Gefühl, dass sie die EU zu einer grünen NGO umbauen wollen, so Tanner: "Die Europäische Union soll sich auf das wirklich Wesentliche konzentrieren, das heißt Frieden, Freiheit und Sicherheit zu garantieren."
Der als möglicher Spitzenkandidat gehandelte außenpolitische Sprecher der ÖVP, Reinhold Lopatka, ist für Tanner "ein anerkannter Experte". Eine Lanze bricht Tanner auch für die aus Niederösterreich stammenden EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber und Lukas Mandl: "Das sind junge Stimmen, die Europa auch gestalten." Die ÖVP habe "großartige Kandidaten" und es werden noch weitere dazu kommen, zeigte sich die Verteidigungsministerin überzeugt.