Deutsches Vorbild
Parteispenden sollten offengelegt werden
25.06.2009
Der Politologe Sickinger fordert bei Verstößen Geldstrafen für die Partei und Haftstrafen für die Verantwortlichen - Für ihn der "einzige Weg gegen Korruption".
Der Politikwissenschafter Hubert Sickinger fordert angesichts der hohen staatlichen Parteienförderung in Österreich eine Offenlegung von Großspenden an die Parteien und Strafen bei Verstößen. Durch eine Reform nach deutschem Vorbild würden die Namen aller Spender veröffentlicht, die einer Partei mehr als 10.000 Euro pro Jahr zukommen lassen. Bei Verstößen sind in Deutschland sowohl Geldstrafen für die Partei als auch Haftstrafen für die Verantwortlichen vorgesehen.
"Einziger Weg gegen Korruption"
"Das ist im Grunde die
einzige Möglichkeit, politische Korruption sanktionierbar zu machen", betont
Sickinger. Dass einige "Wohltäter" im Fall der Veröffentlichung ihres Namens
vor Spenden an Parteien zurückschrecken könnten, lässt Sickinger nicht
gelten. Das wäre angesichts der hohen staatlichen Fördermittel für die
Parteien von 184,92 Mio. Euro (ohne Kammern) wohl "kein Argument", betont
der auf Parteienfinanzierung spezialisierte Politikwissenschafter.
Bilanzpflicht für Landesparteien
In Deutschland müssen die
Parteien Rechenschaftsberichte über ihre gesamte landesweite Organisation
vorlegen. In Österreich sind zwar Rechenschaftsberichte der Bundesparteien
vorgesehen, die Finanzen der Landesparteien sind darin aber nicht enthalten.
Außerdem sind die Teilorganisationen der Parteien von der
Rechenschaftspflicht nicht erfasst, womit finanzstarke ÖVP-Bünde
(Wirtschaft, Bauern, Arbeitnehmer) oder die Fraktion Sozialdemokratischer
Gewerkschafter (FSG) ausgeklammert bleiben.
Gigantische Geldstrafen bei Deutschen
Neben dieser umfassenden
Bilanzierungspflicht für Parteien fordert Sickinger auch die Offenlegung von
Großspenden. In Deutschland werden Parteispenden über 10.000 Euro jährlich
auf der Homepage des Bundestages veröffentlicht (Spenden über 50.000 Euro
müssen sofort veröffentlicht werden). Vorbildlich ist aus seiner Sicht auch
die Regelung, dass Versuche, Spenden an der Öffentlichkeit vorbei zu
schmuggeln, mit Strafen bis zum Dreifachen der Spendensumme geahndet werden.
Haftstrafen für Geheimniskrämerei
Seit der Affäre um
die "schwarzen Kassen" der CDU und die Annahme illegaler Spenden durch den
früheren Parteichef und Kanzler Helmuth Kohl drohen in Deutschland außerdem
Haftstrafen bis zu drei Jahren für den Versuch, Parteispenden zu
verheimlichen. Sickinger plädiert auch in Österreich für die Umsetzung
dieses Modells. Für ihn wäre das deutlich effektiver als beispielsweise ein
schärferes Korruptionsstrafrecht für Parteien: "Die Frage ist einfach: wurde
eine Spende deklariert. Wenn nicht, dann setzt es Sanktionen.
Förderung seit 1980 mehr als vervierfacht
Sickinger hat
errechnet, wie viel Geld die Parteien pro Jahr zur Verfügung haben.
Ergebnis: Über öffentliche Förderung, Kammern und Mitgliedsbeiträge fließen
jährlich mindestens 300 Mio. Euro. Außerdem haben die Parteien ihre
staatlichen Finanzquellen über die Jahre sorgfältig gepflegt: Seit 1980
haben Bund und Länder ihre Parteienförderung mehr als vervierfacht. Die
Löhne stiegen seither nur auf etwas mehr als das Zweieinhalbfache. Die
Parteienförderung des Bundes stieg in dieser Zeit um 469 Prozent und jene
der Länder um 412 Prozent, während die Löhne der Arbeiter und Angestellten
nur um 178 Prozent zulegten.
ÖVP nimmt das Meiste ein
Einnahmenstärkste Partei ist
weiterhin die ÖVP mit 114 Mio. Euro vor der SPÖ mit 109 Mio. Euro. FPÖ (32
Mio. Euro), Grüne (25) und BZÖ (14) müssen mit deutlich weniger Geld
auskommen. Das liegt - neben den höheren Mitgliedseinnahmen der beiden
früheren Massenparteien - unter anderem auch daran, dass die
Oppositionsparteien in den Kammern und in den Ländern weniger stark
verwurzelt sind: Über die Wirtschaftskammer fließen heuer nämlich 15,6 Mio.
Euro an die Parteien (davon 9,3 Mio. Euro an den ÖVP-Wirtschaftsbund), aus
der Arbeiterkammer fließen 8,2 Mio. Euro (davon 5,3 an die
SPÖ-Gewerkschafter).
185 Mio. Euro vom Staat
Insgesamt erhalten die Parteien aus
staatlichen Fördertöpfen heuer rund 184,92 Mio. Euro - davon 58,56 Mio. Euro
vom Bund und 126,36 Mio. Euro von den Ländern. Besonders fürstlich fällt
seit neuestem die Kärntner Parteienförderung aus: 30,4 Euro pro Stimmbürger
fließen dort an die Parteien, allen voran das BZÖ. Auf Platz zwei folgt Wien
mit 27,32 Euro, vor Oberösterreich mit 21,02 Euro pro Bürger. Dahinter
folgen die Steiermark (19,9), Salzburg (17,42), Tirol (16,34), das
Burgenland (14,75) und Vorarlberg (14,04). Auf Bundesebene beträgt die
Förderung dann noch einmal 9,25 Euro pro Stimmbürger, womit die
österreichischen Parteien in Summe beachtliche 29,2 Euro an Förderung pro
Wähler bekommen.
Weniger Geld führt zu Korruption
Die Kürzung der
Parteienförderung lehnt Sickinger ab, weil das die Korruptionsanfälligkeit
der Politik erhöhen würde, wie er nicht zuletzt unter Verweis auf den
"gewachsenen hohen Finanzbedarf" der Parteien schreibt. Allerdings fordert
der Politikwissenschafter mehr Transparenz bei den Parteispenden, die
derzeit weitgehend im Dunkel liegen: Klar ist laut Sickinger nur, dass die
Parteien insgesamt 32 Mio. Euro an Mitgliedsbeiträgen lukrieren (davon 18
die ÖVP und 13 die SPÖ). Die Einnahmen von Großspendern schätzt Sickinger
für beide Großparteien auf einen zweistelligen Millionenbetrag -
Quantifizieren kann er sie mangels Offenlegungspflicht aber nicht.