Gespräch gescheitert
SVA-Versicherte müssen Arzt bar bezahlen
31.05.2010
Die Ärztekammer lehnt das SVA-Angebot ab, somit ist der vertragslose Zustand fix.
Der vertragslose Zustand zwischen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) und der Ärztekammer ist nun endgültig fix. Die Ärztekammer lehnte am Montagnachmittag ein "finales Angebot" von SVA-Obmann und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl ab. Rund 410.000 direkt betroffene Selbstständige müssen damit ab morgen für die Behandlung beim niedergelassenen Arzt bar zahlen.
Letztes Angebot
Dorner habe das Angebot Leitls "definitiv
abgelehnt", es sei "nicht einmal die Rede wert" gewesen,
wurde in der Wiener Ärztekammer betont. Leitl hatte bis zur Einigung auf
einen neuen Vertrag die Fortführung der bisherigen Tarife sowie eine nicht
genau bezifferte Einmalzahlung in Millionenhöhe angeboten. Um wie viel Geld
es ging, wurde auch von der Ärztekammer nicht beziffert. Die Kammer wollte
mindestens vier Prozent mehr, wie im Vorjahr vereinbart und dann von der SVA
abgelehnt.
Der prinzipielle Einwand der Ärzte: Die nun von der SVA bzw. der Wirtschaftskammer gewünschte Systemumstellung Richtung "Managed Care" gefährde die Therapiefreiheit für den Arzt sowie die freie Arztwahl für die Patienten. Dies sei unsozial und werde von der Ärztekammer abgelehnt.
Ablehnung der SVA
Der Sprecher der Bundes-Ärztekammer, Martin
Stickler, begründete die Ablehnung des Angebots der SVA damit, dass eine
Einmalzahlung nicht angenommen werden könne, weil sie nicht der
Beschlusslage der Kurie der niedergelassenen Ärzte entspreche. Bezüglich
einer Neuordnung der Vertragspartnerschaft sei die Ärztekammer
gesprächsbereit. Dazu müsse aber die SVA ihre Vorstellungen konkretisieren
und schriftlich übermitteln.
Die Selbstständigen müssen nun aufgrund des vertragslosen Zustandes ab dem morgigen Dienstag für die Behandlung beim Arzt selbst zahlen. Erst nachträglich können die Rechnungen bei der SVA eingereicht werden, rückerstattet werden höchstens 80 Prozent der Rechnungssumme. De facto werden die Versicherten aber weniger zurückbekommen, denn die Ärztekammer hat ihre Tarifempfehlungen für den vertragslosen Zustand bereits um 20 Prozent heraufgeschraubt.
410.000 direkt Betroffene
Zahlen müssen die Gewerbetreibenen
für Behandlungen bei niedergelassenen Allgemeinmedizinern und Fachärzten,
nicht aber bei Zahnärzten, Physio-, Ergo- und Logotherapeuten, Instituten,
Bandagisten und Apotheken. Auch Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen sind nicht
betroffen. Sozial Bedürftige, etwa Personen mit Rezeptgebührenbefreiung,
bekommen immerhin 100 Prozent des alten SVA-Tarifs zurück. Wer sich das
Vorauszahlen beim Arzt nicht leisten kann, kann in ein Ambulatorium mit
SVA-Vertrag ausweichen, sich von der Versicherung einen direkt verrechnenden
Arzt nennen lassen oder aber einen Arztkostenvorschuss von 200 Euro pro
Quartal beantragen.
Demo angekündigt
Der vertragslose Zustand zwischen der
Gewerbe-Sozialversicherung SVA und der Ärztekammer lässt nun die
Versicherten protestieren. Im Internet-Netzwerk facebook wurde für Dienstag
zu einer Kundgebung vor der SVA in der Wiedner Hauptstraße in Wien
aufgerufen. Bis zur Mittagszeit hatten am Montag rund 200 Personen ihre
Teilnahme zugesagt.
Patienten schwer verärgert
Die "Kundgebung der
Selbstständigen" wurde für 14.00 bis 22.00 Uhr angekündigt. Die
Forderungen der SVA-Versicherten: Weitere Verhandlungen, gleiche Beiträge
für gleiche Leistung, nur noch eine Sozialversicherung für alle. Verlangt
wurde außerdem eine Stellungnahme und Positionierung von Regierung und
Opposition zum Thema Krankenversicherungen und Neue Selbstständigkeit.
Angesichts der von der facebook-Gruppe "Vertragsloser Zustand" initiierten Kundgebung wurde allerdings debattiert, dass die Ärztekammer ebenso schuld an der misslichen Lage sei. Einige User regten daher an, gleich in die Weihburggasse zu ziehen.