Unfall od. Attentat?

Petzner bricht sein Schweigen

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Jetzt spricht der Pressesprecher von Jörg Haider erstmals über den Tod des Landeshauptmanns. Stefan Petzner äußert massive Zweifel an der Unfallversion und fordert neue Ermittlungen.

Ein Buch feiert derzeit ungewöhnliche Verkaufserfolge in unserem Land: Der deutsche TV-Journalist Gerhard Wisnewski hat unter dem Titel „Unfall, Mord oder Attentat?“ den Tod Jörg Haiders neu recherchiert.

Auf 250 Seiten versucht der deutsche „Enthüller“ zu beweisen, dass die Fakten rund um Haiders Tod mit dem vom Staatsanwalt veröffentlichten Unfallhergang nicht übereinstimmen können. Laut Wisnewski stimmen die Reifenspuren am Unfallort nicht mit der von den Behörden genannten Unfallversion überein, das Wrack weise ganz andere Beschädigungen auf als behauptet, im Obduktionsbericht sei kein Alkohol im Magen festgestellt worden, am Unfallort sei keine „Zeugin“ – dafür aber zwei zwielichtige „Polizisten“ ohne Uniform – gewesen.

Deutscher Autor
Im Stil einer atemberaubenden „Verschwörungstheorie“ versucht der deutsche Autor zu behaupten, der Unfall sei in Wahrheit ein „Attentat“ gewesen. Nur: Ist es wirklich möglich, in Österreich ein politisches Attentat als einen Unfall mit 142 km/h zu tarnen? Kann man einem nüchternen Politiker 1,8 Promille ins Blut jubeln? Kann man so einen Unfall konstruieren?

Wisnewskis Buch ist in Kärnten vergriffen – aber der Gesprächsstoff.

Der Erste spricht
Hinter vorgehaltener Hand melden in Kärnten – vom neuen Landeshauptmann abwärts – immer mehr Politiker Zweifel an der Unfallversion des Staatsanwaltes an. Zwar halten alle den deutschen Buch-Autor für einen „Verrückten“ und einen „Verschwörungstheoretiker“.

Haiders Vertrauter
Richtig freilich ist: Die von Wisnewski aufgedeckten Fakten widersprechen wirklich der bisherigen Unfallversion. In ÖSTERREICH meldet sich der erste namhafte Kärntner Politiker mit seinen Zweifeln an der bisher veröffentlichten Unfallversion zu Wort. Es ist nicht irgendein Politiker – es ist der engste Vertraute von Jörg Haider, sein Pressesprecher und persönlicher Referent, Stefan Petzner. Petzner war Landesparteichef, BZÖ-Generalsekretär, ist Nationalrats-Abgeordneter – und einer der Kronzeugen in diesem Fall.

Er hat mit Haider die letzten Stunden vor dem Unfall verbracht, er weiß, was Haider vor dem Unfall gesprochen, getan und vielleicht getrunken hat.

Der Kronzeuge
Petzner wurde im ganzen Land bekannt, als er bei der Pressekonferenz zu Haiders Tod in Tränen ausbrach und anschließend in Ö  3 zu blumig über sein persönliches Verhältnis zu Haider sprach. Seither hat Petzner – den Haider immer als seinen Nachfolger sah – geschwiegen. Sowohl gegenüber dem Buchautor Wisnewski als auch gegenüber zahllosen Journalisten (vom Spiegel bis zur New York Times) hat Petzner zuletzt weitere Interviews verweigert.

Letzte Woche – nach Lektüre des Buches – hat sich Petzner entschlossen, in ÖSTERREICH sein Schweigen zu dieser Causa zu beenden.

Neue Ermittlungen
Die Aussagen von Petzner im heutigen und morgigen ÖSTERREICH sind politisch höchst brisant. Petzner legt erstmals offen, was in den Stunden vor dem Unfall hinter den Kulissen geschah: Dass sich Haider mit Strache (fast) auf eine Koalition mit der ÖVP geeinigt hatte, dass er – als einer der Ersten – brisante Informationen zur Finanzkrise und den Spekulationen der Banken hatte. Dass er diese Informationen selbst als „gefährlich“ bezeichnet hat. Dass er direkt vor seinem Tod alle Details über die atemberaubenden Spekulationsgeschäfte der AvW erfahren hat.

Petzner behauptet nicht, dass Haider ermordet wurde – aber er sagt klar, dass er die Ermittlungen des Kärntner Staatsanwaltes für politisch manipuliert hält, dass der veröffentlichte Unfallbericht nicht mit den heute bekannten Fakten übereinstimmt, dass weder die Unfall- noch die Lokal-Zeugen richtig befragt wurden.

Forderung
Petzner fordert deshalb heute in ÖSTERREICH von Justizministerin Bandion-Ortner eine neue Untersuchung des Todes von Jörg Haider. Er will, dass die Ermittlungen mit unabhängigen Experten neu durchgeführt werden.

AM MONTAG IN ÖSTERREICH: Stefan Petzner enthüllt, was bei den Ermittlungen hinter den Kulissen geschah – und wie der Staatsanwalt manipuliert hat. Und warum der Haider-Unfall ein Justiz-Skandal ist.

ÖSTERREICH: Herr Petzner, warum geben Sie jetzt – bald ein Jahr nach dem Tod von Jörg Haider – erstmals ein Interview zu den Hintergründen dieses Unfalls? Sie haben neun Monate in dieser Causa geschwiegen ...
STEFAN PETZNER: Ich habe mir dieses Interview lange, sehr lange überlegt – aber es gibt gegenüber den vielen Anhängern von Jörg Haider eine Verpflichtung, dass sich endlich wer vom BZÖ zu Wort meldet und klar sagt: So wie das bisher mit dem Unfall dargestellt wurde – so kann es nicht gewesen sein. Es muss neu ermittelt werden!

ÖSTERREICH: Warum haben Sie bisher geschwiegen?
PETZNER: Manchmal ist es notwendig, dass man die Dinge mit einem zeitlichen Abstand betrachtet, um sie ohne Emotion, rein nach den Tatsachen und Fakten beurteilen zu können. Und nach Prüfung dieser Tatsachen und Fakten geht es mir so wie vielen Kärntnern: Niemand mehr in Kärnten – und ich betone: NIEMAND – glaubt noch an die offizielle Version, dass das ein Unfall unter Alkoholeinfluss war. Es gibt zu viele offene Fragen und Zweifel, Dinge, die einfach nicht zusammenpassen und Fakten, die der offiziellen Unfallversion klar widersprechen. Ich habe auch das neue Buch dazu gelesen. Und deshalb sitze ich heute da vor Ihnen zu diesem Interview. Um öffentlich Druck zu machen, damit es Wahrheit und Gerechtigkeit gibt.

ÖSTERREICH: Sie wollen zum ersten Mal offen darüber reden, ob es ein Unfall oder ein Mordanschlag war?
PETZNER: Im neuen Buch von Gerhard Wisnewski lautet der Titel „Unfall, Mord oder Attentat?“ Und diesen Titel finde ich sehr treffend. Denn jeder, der die nüchternen Fakten betrachtet – ohne Emotion, ohne Vorurteil – der wird zur Überzeugung kommen, dass die Unfallversion, so wie sie vom Staatsanwalt präsentiert wurde, so nicht stimmen kann. So wie geschildert kann dieser Unfall nicht abgelaufen sein – das ist sicher. Und deshalb will ich mit diesem Gang an die Öffentlichkeit den nötigen Druck erzeugen, damit neu ermittelt wird. Es muss diese Causa neu aufgerollt werden, es muss ein unabhängiger Staatsanwalt außerhalb Kärntens die Ermittlungen neu durchführen, es müssen internationale Experten beigezogen werden. Es muss die Frau Justizminister Bandion-Ortner endlich für Wahrheit und Gerechtigkeit in diesem Fall sorgen. Das fordern alle Kärntner, das fordert wohl auch die Mehrheit der Österreicher.

ÖSTERREICH: Sie halten auch ein Attentat für möglich?
PETZNER: Ich behaupte das nicht, weil ich neuen Ermittlungen nicht vorgreifen will. Aber ich sage: Da stimmt so vieles nicht zusammen, dass alles möglich ist und nichts ausgeschlossen werden kann. Auch kein Attentat. Denn die Unfallversion, die derzeit vorliegt, ist sowas von unwahrscheinlich und widerspricht so sehr den Fakten, dass sie nicht haltbar ist. Das beginnt ja schon bei der einzigen Zeugin: Die einzige Zeugin, von der überhaupt nichts bekannt ist und die nie Rede und Antwort stehen musste, wird geschützt und ist seither untergetaucht. Das ist doch nicht normal.

ÖSTERREICH: Was würde für ein Attentat sprechen?
PETZNER: Vor allem die weltwirtschaftlichen Entwicklungen und innenpolitischen Hintergründe. Sie müssen die politischen Dimensionen begreifen: Jörg Haider hat zwei Wochen vor dem Unfall mit seinem Sieg für das BZÖ und 11 % die innenpolitische Landschaft völlig über den Haufen geworfen und die Karten ganz neu gemischt. Haider war plötzlich wieder ein entscheidender innenpolitischer Faktor und für die Mächtigen gefährlich. Er hätte es geschafft, die Große Koalition zu verhindern. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass mit einem Jörg Haider die politische Landschaft heute völlig anders aussehen würde. Denn: Genau einen Tag nach dem Tod Jörg Haiders ist von den Zirkeln der Mächtigen die Große Koalition besiegelt worden. Das heißt: Der Tod Jörg Haiders war die Geburtsstunde der Großen Koalition.

ÖSTERREICH: Wieso sind Sie sich sicher, dass ein lebender Jörg Haider die Große Koalition verhindert hätte?
PETZNER: Haider hat nach der Nationalratswahl Gespräche mit allen Parteien geführt, die alle mit demselben Ergebnis geendet haben: Jede Mehrheit, jede Koalitionsform von einer Minderheitsregierung bis hin zu Schwarz-Blau-Orange oder Schwarz-Grün-Orange war zumindest im Bereich des Möglichen. Das machte ja auch die Dimension und Bedeutung seines Wahlsieges aus. Es war plötzlich alles völlig offen, das Ende der Großen Koalition in Griffweite und eine echte politische Wende für Österreich möglich. Denken Sie nur an das Treffen Jörg Haiders mit HC Strache. Es ist zwar völlig falsch, wenn Strache heute behauptet, die beiden hätten sich bei dem Treffen versöhnt, aber es ist bei diesem Treffen die Tür ein kleines Stück aufgegangen für eine Dreier-Koalition ÖVP-FPÖ-BZÖ. Haider hatte also alle Optionen. Diese Chance war ihm bewusst und er wollte in der folgenden Woche Nägel mit Köpfen machen – er hätte definitiv eine Dreier-Koalition statt der Großen Koalition zustande gebracht.

ÖSTERREICH: Da hätte es aber wohl mächtige Interessengruppen aus der Wirtschaft gegeben, die das zu verhindern gewusst hätten.
PETZNER: Genau das ist der Punkt. Den mächtigen Großkoalitionären in dieser Republik war das natürlich ein Dorn im Auge. Und dazu muss man etwas Zweites wissen: Jörg Haider hat als erster und einziger Politiker Österreichs schon im September detaillierte Informationen über das Ausmaß der Banken- und Finanzkrise gehabt. Haider hat vor allen anderen gewusst, was da passieren wird. Und er hat gewusst, wie hochbrisant und explosiv diese Informationen sind. Das sind Informationen, die im Zusammenhang mit riesigen international vernetzten Banken- und Finanzsystemen stehen. Da geht es um viele Milliarden und die wahren Mächtigen in der Welt, die an der Ostküste und sonst wo sitzen. Er hat genau gewusst, welche nationalen und internationalen Banken betroffen sind, welche Manager, welche Bosse – und vor allem auch welche Politiker – und wie viele Milliarden Steuergeld die verspekuliert haben. Er kannte als einziger Politiker alle Details, die der Öffentlichkeit bis heute verschwiegen werden. Er wusste, welche Sprengkraft diese Informationen haben – das betrifft die mächtigsten Lobbies, die mächtigsten Finanzjongleure. Er hatte die Informationen aus Kreisen der Hochfinanz. Das hat er mir gesagt. Ich habe die Unterlagen auch gesehen. Er wusste: Das ist gefährlich, was er da besitzt ...

ÖSTERREICH: Also war es Ihrer Meinung nach ein Attentat, das entweder politisch motiviert war oder von mächtigen Finanz-Lobbies kam?
PETZNER: Ich bin vorsichtig - ich sage nicht: Es war ein Attentat. Ich sage vielmehr: Es gibt massive Anhaltspunkte dafür, dass die bisherige Unfallversion nicht stimmt und es ein politisch motiviertes Attentat gewesen sein kann. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker – ich orientiere mich als Politiker an den Fakten. Faktum ist, dass sich seine Informationen als richtig herausgestellt haben: Die Banken sind nacheinander zusammengekracht, die Börsenkurse abgestürzt und die Welt ist in die größte Wirtschaftskrise seit den Dreißigerjahren gestürzt. Haider kannte die Verantwortlichen dafür, ihre Machenschaften und die Hintergründe. Und Faktum ist, dass er kurz davor stand, die politische Landschaft in Österreich völlig über den Haufen zu werfen und die große Koalition zu verhindern. Dem allen steht eine offizielle Unfallversion der staatlichen Behörden gegenüber, wo nichts zusammenstimmt. Eine völlig unbekannte Zeugin, ein Staatsanwalt, der veröffentlicht, er hätte 1,8 Promille im Blut gehabt, obwohl laut Obduktionsbericht gar kein Alkohol in seinem Magen gefunden wurde, grobe Fehler bei den Ermittlungen, Berichte der Behörden über Ursache und Hergang des Unfalles, die später wieder revidiert und korrigiert wurden, Ermittlungsergebnisse, die – laut dem neu vorliegenden Buch – dem bisher geschilderten Unfallhergang diamentral widersprechen. Das schreit geradezu nach neuen Ermittlungen – und nur das fordere ich: Dass die Justizministerin Bandion-Ortner den Tod Jörg Haiders durch einen unabhängigen Staatsanwalt neu untersuchen lässt. Und unter Beiziehung von internationalen Experten.

ÖSTERREICH: Es stimmt also nicht, dass er eine Flasche Wodka getrunken und dann mit 1,8 Promille ins Auto gestiegen ist?
PETZNER: Das ist völlig lächerlich, ganz sicher falsch – und mit ein Grund, warum ich neue Ermittlungen in diesem Fall fordere. Ich kenne Jörg Haider viele Jahre – und ich garantiere: Er war in all diesen Jahren ganz sicher kein einziges Mal betrunken. Er nippt nur an alkoholischen Getränken. Der Mann hat niemals in seinem Leben einen Wodka oder einen Whiskey getrunken – der hat sich niemals betrunken. Das ist bei einem disziplinierten, sportlichen Menschen wie ihm ausgeschlossen. Und es bestätigen auch alle, die ihm an diesem Tag und am Abend begegnet sind, dass er nichts getrunken hat. Aber das wurde bei den Ermittlungen nie hinterfragt oder genau recherchiert.

ÖSTERREICH: Was ist dann Ihre Erklärung?
PETZNER: Ich habe keine – und deshalb fordere ich ja: Das muss neu untersucht werden. Alles was der Staatsanwalt bei diesem Unfall ermittelt hat, passt von vorne bis hinten nicht zusammen. Das riecht verdammt nach Manipulation. Und damit sind wir beim entscheidenden Punkt: War dieser Unfall ein Unfall – oder nicht?

ÖSTERREICH: Sie glauben an ein politisches Attentat?
PETZNER: Ich will keine Verschwörungstheorien, ich will wie viele andere die Wahrheit. Daher sage ich auch: Es muss neu ermittelt werden. Wir leben doch in einem Rechtsstaat. Die bisherigen Ermittlungen in dieser Causa gleichen den Zuständen einer Bananenrepublik! Und das kann es nicht sein!

ÖSTERREICH: Gerhard Wisnewski behauptet in seinem neuen Haider-Buch: Auf der Straße stand ein Fahrzeug, das Haiders Auto beschossen hat. Weiter hinten stand ein Baufahrzeug, das den Phaeton, nachdem er zum Stillstand kam, so demoliert hat, dass man den Beschuss nicht mehr sehen konnte. Wagen und Leiche wurden präpariert – es war ein Mord.
PETZNER: Das ist eine Verschwörungs-Theorie, die ich für Blödsinn halte. Das Buch stellt aber viele richtige Fragen, stellt klar, dass viele Fakten nicht stimmen, dass die Spuren beim Unfall nicht stimmen. Aber der Autor ist ein Verschwörungstheoretiker – das bin ich nicht. Ich bin jemand, der nur an Fakten glaubt. Und deshalb will ich, dass endlich so untersucht wird, wie das in einem Rechtsstaat notwendig ist. Denn eines ist auch klar: Der Staatsanwalt, der den Fall Haider untersucht hat, war befangen – er hat diese Causa als seine persönliche Rache an Jörg Haider betrachtet. Und das will ich offenlegen.

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