Nach Beben am Parteitag
Pfeifkonzert blieb Kern & Häupl erspart
29.04.2017
Ein Jahr nach dem Mega-Eklat am 1. Mai um Faymann, bangten heute die SP-Spitzen.
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"Nicht schon wieder ein Pfeifkonzert am 1. Mai", stöhnt einer der Rathaus-Granden: Nach dem gellenden Pfeifkonzert am 1. Mai 2016, das wenige Tage später zu Werner Faymanns Rücktritt als Kanzler führte, geht schon wieder das große Zittern in der Wiener SPÖ um. Aber die roten Spitzen konnten aufatmen. Böse Pfiffe blieben am diesjährigen 1. Mai aus. Zwar waren einzelne Buhrufe und Kritik an Häupl und Kern zu hören, doch im Großen und Ganzen waren die Genossen um Einigkeit bemüht.
Inwiefern sich diese Einigkeit auch bis in die Tiefen der Partei ziehen wird, bleibt abzuwarten. Kern zeigte sich von seinem ersten Antreten am Rathausplatz beeindruckt: "Ich bin unglaublich stolz, das erste Mal auf dieser Tribüne als Vorsitzender zu euch sprechen zu dürfen." Den Teilnehmern - die Abordnungen aus den Bezirken waren im Sternmarsch zum Rathaus gezogen - versicherte er: "Ihr schaut's wirklich großartig aus."
Zu schaffen machte dem Kanzler der frische Wind. Als er zum Pult schritt, wurde seine Redeunterlage von einer Böe erfasst. Zwar gelang es Kern, den Zettel vom Boden aufzuheben, bevor dieser endgültig weggeweht wurde - nötig wäre das aber nicht gewesen: "Ich weiß es eh auswendig, was ich euch sagen will."
"Wir haben diesen 1. Mai in besseren Tagen und in schlechteren Tagen gefeiert", erinnerte er an die mehr als hundertjährige Geschichte der Veranstaltung. Als Sozialdemokratie sei man immer dann erfolgreich gewesen, wenn man verstanden habe, dass man den Wandel nicht verhindern könne - sondern dass man sich an dessen Spitze stellen und dafür sorgen müsse, dass dabei "niemand unter die Räder kommt".
"Wenn wir relevant bleiben wollen, wenn wir das Leben der Menschen berühren wollen, dann werden wir nach vorne denken müssen", hielt Kern fest. Er warnte unter anderem davor, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse zur Norm würden. Auch die Anhebung des Mindestlohns wurde als vordringliches Ziel genannt. Gleichzeitig müssten Ältere die Chance erhalten, wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehren zu können. Der Kanzler versprach zudem Maßnahmen, um die "Steuervermeidung" großer Konzerne zu beenden.
Vorgezogenen Neuwahlen erteilte er einmal mehr eine Absage: "Ich muss sagen, die Arbeit in der Bundesregierung ist nicht immer ein Wellnessaufenthalt für uns alle." Österreich stehe aber vor jeder Parteitaktik. Eine vorzeitige Wahl würde kein Problem lösen. Als eine Verpflichtung bezeichnete Kern es auch, gegen den "rechten Mief" zu kämpfen, der wieder aus "allen Löchern" krieche: "Darum dürfen wir nie vergessen, der wahre politische Gegner ist nicht in unseren eigenen Reihen zu suchen."
Quelle: TZOE/Artner
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Häupl rief zu Unterstützung Kerns auf
Wiens SPÖ-Chef, Bürgermeister Michael Häupl, begrüßte zum Auftakt sozialdemokratische Abordnungen aus der Tschechischen Republik sowie aus Deutschland, wohin man vertrauensvoll schaue. Denn dass die Demokratie und sozialdemokratische Grundsätze in Europa umgesetzt würden, werde nicht unwesentlich von der Wahl in Deutschland abhängen, zeigte sich Häupl überzeugt.
Doch auch in Österreich habe man sich auf Wahlauseinandersetzungen vorzubereiten. Diese werden, so prophezeite er, hart ausfallen. "Nur wenn die Menschen wissen, wofür ganz klar die Sozialdemokratie steht und wofür sie eintritt, dann wird man uns auch das Vertrauen schenken und uns wählen." Darum werde man sich bemühen - und den Bundeskanzler unterstützen, wie er diesem versprach: "Deine Erwartungshaltungen versuchen wir in der Wiener SPÖ so gut als möglich zu erfüllen."
ÖGB-Präsident Erich Foglar machte sich in seiner Rede für faire Arbeitsbedingungen und Einkommen stark, von denen man leben könne. Wenn über den "12-Stunden-Tag" diskutiert werde, müsse auch klar gesagt werden: "Mehrarbeit zum Nulltarif - nicht mit uns." Mehr Flexibilität sei ok, dann müsse man aber auch über Arbeitszeitverkürzungen reden, forderte der Gewerkschaftschef. Denn, so hielt er fest: "Wir stehen für soziale Sicherheit und nicht für den Rückbau des Sozialstaates."
Brauner mit Brandrede für Frauen
Wiens Vizebürgermeisterin und SPÖ-Wien-Frauenchefin Renate Brauner warnte davor, die Sozialdemokraten angesichts der jüngsten Streitigkeiten zu unterschätzen: "Ja, niemand kann leugnen, dass wir leider in den vergangenen Wochen nicht nur mit unseren Werten und Inhalten in der Öffentlichkeit gestanden sind, sondern zu viel auch mit anderen, negativen Themen. Aber eines sage ich ganz klar: Wenn es darum geht, gegen den konservativen Backlash anzukämpfen, gegen Hetze und Hass, dann sind wir uns ganz einig, da braucht sich niemand täuschen." Manche Diskussionen, so gestand sie ein, hätte man aber besser führen können - und manche "am besten gar nicht".
Am Rande des Maiaufmarsches kam es zu kleineren Störaktionen. Einzelne Personen wurden von der Polizei aus den Publikum geholt. Vermutungen, dass es sich dabei um Vertreter der als rechtsextrem eingestuften Identitären handelte, die Proteste angekündigt hatten, wurden vorerst nicht bestätigt.
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