Kritiker sehen Unvereinbarkeit
Pharmalobbyistin soll Chefin der Medizinmarkt-Aufsicht werden
03.02.2022Anti-Korruptionsexperten sehen hier eine Unvereinbarkeit.
Wien. Für Aufregung sorgt seit dem vergangenen Wochenende die Bestellung einer bisherigen Pharmalobbyistin zur Chefin der Medizinmarktaufsicht. Während Anti-Korruptionsexperten hier eine Unvereinbarkeit sehen, wollen das Gesundheitsministerium und die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), bei der die Medizinmarktaufsicht angesiedelt ist, keinen Interessenskonflikt erkennen.
Die Medizinmarktaufsicht in der AGES hat mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist zuständig für Arzneimittelzulassungen, klinische Prüfungen und Überwachung der Arzneimittelsicherheit. Die bisherige Chefin Christa Wirthumer-Hoche geht im Sommer in Pension und ihre Nachfolgerin soll Helga Tieben werden, bisher Direktorin für Zulassungsbereich und Innovation im Verband der pharmazeutischen Industrie Pharmig.
Wild: "Diese Besetzung ist unglaublich"
Bei Transparency Österreich sieht die Gesundheitsexpertin Claudia Wild das äußerst kritisch "Diese Besetzung ist unglaublich, indem sich Österreich einfach über internationale Standards hinwegsetzt, indem eben die Interessenskonflikte, die sehr offensichtlich auf der Hand liegen, einfach ignoriert werden", sagte sie gegenüber Ö1. Auch Martin Kreutner, Mit-Initiator des Anti-Korruptions-Volksbegehrens, vermisst Sensibilität bei der Besetzung: "Wenn man einen Vergleich zieht und sagt, jemand aus der Tabakindustrie wird dann von einem Tag auf den anderen Aufsichtsorgan oder Chef einer Aufsichtsbehörde würde man auch eher sagen, das geht so eigentlich nicht." Auch SPÖ-Vize-Klubobmann Jörg Leichtfried und NEOS-Pandemiesprecher Gerald Loacker kritisierten die Personalentscheidung.
Das Gesundheitsministerium verwies hingegen darauf, dass die AGES beim Auswahlprozess mittels Ausschreibung und Hearingkommission den Vorgaben entsprochen habe. Und von der AGES selbst hieß es, Tieben habe durch ihre fachliche und persönliche Kompetenz etwa im Arzneimittelrecht im Auswahlverfahren am meisten überzeugt und sei als Expertin anerkannt.