100 m Freiheit

Pilotprojekt: Fuß-Fessel für Elsner

11.03.2010

Stimmt ein Richter zu, könnten bald U-Häftlinge und Haft-Freigänger Fußfesseln tragen – und daheim, statt in der Zelle, etwas freier leben.

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Der prominenteste der derzeit rund 2.000 Untersuchungshäftlinge des Landes könnte zu jenen gehören, die als Erste von einer Neuerung aus dem Hause Bandion-Ortner profitieren: Heute will die Justizministerin ihr Projekt einer elektronischen Fußfessel vorstellen. Claudia Bandion-Ortner, die als Richterin den Bawag-Prozess gegen Helmut Elsner geleitet hat, könnte nun als Justizministerin dafür sorgen, dass ihr einstiger Delinquent bald freigeht.

Richter könnte Elsner ein Stück Freiheit schenken
Wie ÖSTERREICH aus Regierungskreisen erfuhr, soll das Projekt „elektronische Fußfessel“ für mehrere Gruppen von Häftlingen gelten:

  • Ein Richter kann einem Untersuchungshäftling erlauben, die elektronische Fußfessel zu tragen, wenn der „Zweck der U-Haft, also die Verhinderung von Fluchtgefahr oder Tatbegehungsgefahr, gebannt scheint“.
  • Bei Altfällen, zu denen Elsner gehört, der schon seit drei Jahren in U-Haft sitzt, entscheidet nicht ein Gericht, sondern die zuständige Justizanstalt.
  • Ebenfalls mit der Fußfessel ausgestattet werden könnten künftig, so ein Justiz-Insider, „Strafgefangene für geringe Vergehen und Gefangene, die kurz vor Haftende schon im gelockerten Vollzug sind“.

Ab 100 Meter Entfernung gibt es Fluchtalarm
Aus Kostengründen hat sich Bandion-Ortner offenbar nicht für den mittlerweile globalen GPS-Standard entschieden, der laut einem der Verhandler des Projekts „noch immer zu teuer und zu ungenau ist, also sehr viele Fehlalarme auslösen würde“.

Stattdessen wird am Fußknöchel des Häftlings ein Sender montiert, der an einen Empfänger in der Wohnung elektronisch übermittelt, wie weit man gerade von der Wohnung entfernt ist. Vermutlich wird man sich nur rund 100 Meter Luftlinie von dieser Empfängerstation entfernen dürfen, die mit einem Server in der Strafvollzugsanstalt verbunden ist – wo bei Flucht automatisch ein Alarm ausgelöst wird.

Für Häftlinge kommt dieses System pro Einsatztag laut Bandion-Ortner deutlich billiger als ein Tag in der Zelle. Was in Zeiten der Budgetnot ein praktisch unschlagbares Argument ist.

ÖSTERREICH: Frau Elsner, heute wird Justizministerin Claudia Bandion-Ortner das Fußfessel-Modell vorstellen. Ihr Mann könnte dadurch im Sommer nach Hause kommen …
Ruth Elsner: Ich bin dagegen, dass mein Mann mit einer Fußfessel nach Hause kommt, weil es bei ihm keinen Grund für die U-Haft und auch keine Fluchtgefahr gibt. Er ist ohne Auflagen freizulassen.
ÖSTERREICH: Sind Sie auch dagegen, wenn Ihnen die Justiz nur diese Möglichkeit in Aussicht stellt?
Elsner: Dieses Modell ist im Fall meines Mannes nicht anwendbar. Denn mein Mann muss regelmäßig zu Untersuchungen ins Spital.
ÖSTERREICH: Die Krankenhausbesuche könnte man vorab anmelden …
Elsner: Und was mache ich, wenn er mitten in der Nacht ins Krankenhaus muss? Da werde ich sicher keinen Justizbeamten erreichen, der die Alarmfunktion ausschaltet. Außerdem lasse ich meinen Mann nicht wie einen Hund an die Leine binden. Bei 100 Meter Reichweite kann er nicht einmal einen Spaziergang vor dem Haus machen.

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