Wahlkampf brutal

Pilz hat 1.000 E-Mails gegen Strasser

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Mit dem Antreten von Ernst Strasser wird der EU-Wahlkampf brutal. Peter Pilz will Strasser als rücksichtslosen Postenschacherer entlarven.

Wenn Simmering gegen Kapfenberg Brutalität ist, was ist dann Peter Pilz gegen Ernst Strasser? Mehr als brutal? Das Duell zwischen dem Chefaufdecker der Grünen und dem Ex-Innenminister wird in diesem Wahlkampf eine Neuauflage erleben. Und was für eine: Pilz hat in seinem Archiv an die 1.000 E-Mails aus dem Kabinett des seinerzeitigen Innenministers, die beweisen sollen, dass Strasser eine beinharte Umfärbung betrieben hat. Der Grüne will das für Strasser kompromittierende Material in den nächsten Wochen an die ­Öffentlichkeit spielen.

Strasser schweigt
Strasser versucht dem Duell durch Schweigen zu entgehen. „Zu gestohlenen E-Mails befragen Sie bitte meinen Anwalt“, ließ er ÖSTERREICH ausrichten. Eine andere Rechtfertigung des Ex-Ministers, der für die ÖVP Josef Prölls am 7. Juni den 1. Platz holen soll: „Das Ministerium war bis zur Maus unter dem Dach rot eingefärbt, ich habe daraus ein rot-weiß-rotes Ministerium gemacht.“

Abendessen und Jagd bei Graf Ali
Was Pilz nur einen Lacher kostet. Und er hat abseits von Postenschacher-E-Mails einen weiteren Kracher parat: Gegenüber ÖSTERREICH präsentiert Pilz ein E-Mail vom 28.3.2002, das beweisen soll, dass Strasser selbst sowie sein Kabinett bei Alfons Mensdorff-Pouilly ein und aus gingen (siehe Faksimile oben): „graf mensdorff“, heißt es in dem – in Kleinbuchstaben verfassten – Mail eines Kabinettsmitarbeiters an Strasser, „hat uns wieder zu einem jagdwochen­ende eingeladen und folgenden programmvorschlag gemacht.“ Und der lautet: „teilnahme an der streckenlegung (mit fackeln etc.) der am samstag stattfindenden riegeljagd, danach abendessen im schloß (nur hbm plus kbm).“ Die Kürzel stehen für „Herr Bundesminister“ – also Strasser selbst – sowie für „Kabinett des Herrn Bundesministers“.

Mensdorff in U-Haft
Politischer Sprengstoff: Mensdorff-Pouilly wird von Strassers Mitarbeitern nicht nur mit dem an sich abgeschafften Adelstitel angesprochen – gegen „Graf Ali“ wird bekanntlich auch u. a. wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt, Mensdorff sitzt deshalb derzeit sogar in U-Haft. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Mails zeigen Dutzende Postenbestellungen auf, bei denen Strassers Mitarbeiter genau auf den politischen Hintergrund des Bewerbers schauen. So wird in einer Intervention des Musical-Stars Uwe Kröger zu einem Jobbewerber lapidar angemerkt: „Gilt zwar als Schwarzer, ist aber Idiot.“

Pilz will Strasser zwar keine strafrechtlichen Vorwürfe machen, sehr wohl aber politische: „Strasser hat seine Ranger-Ausbildung bei der niederösterreichischen VP gemacht“, sagt Pilz. Und freut sich unbändig: „Er wird unser bester Wahlhelfer."

Pilz: "Er ist unser bester Wahlhelfer"
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zur Rückkehr von Ex-Innenminister Ernst Strasser in die Politik?
Peter Pilz: Für die Grünen ist das sehr gut. Ernst Strasser wird unser bester Wahlhelfer werden. Er wurde vor allem aufgestellt, um Stimmen von der FPÖ und dem BZÖ für die ÖVP zu holen. Und das konterkariert die bisherige Pro-EU-Linie der ÖVP bis zu einem gewissen Maß. Auch die ÖVP ist in Sachen EU jetzt doppelbödig unterwegs. Die Grünen nicht.
ÖSTERREICH: Was werfen Sie dem früheren Innenminister denn vor?
Pilz: Ernst Strasser ist an sich kein Rechtspolitiker, er gilt eher als Liberaler. Aber: Er hat quasi seine Ranger-Ausbildung bei der niederösterreichischen ÖVP des Erwin Pröll gemacht. Und da geht es nur um Machtpolitik und Postenschacher.
ÖSTERREICH: Sie haben Strasser immer wieder mit E-Mails aus seinem Kabinett konfrontiert. Was ­haben Sie für Beweise auf Lager?
Pilz: Ich habe rund 1.000 ­ E-Mails aus dem Kabinett Strasser, die zeigen, wie brutal das Innenressort in seiner Amtszeit personell ungefärbt wurde.
ÖSTERREICH: Und dies wollen Sie im Wahlkampf thematisieren?
Pilz: Natürlich. Strassers Bilanz ist armselig. Eine halbherzige Polizeireform, die nur zum Ziel hatte, das Ministerium umzufärben. Er hat eine völlig demotivierte Kriminalpolizei hinterlassen. Und er hat eine menschenrechtsfeindliche Ausländerpolitik betrieben: Strassers Tätigkeit hat der organisierten Kriminalität genutzt – und natürlich der ÖVP.
ÖSTERREICH: Sehen Sie jenseits der politischen Vorwürfe auch strafrechtliche Aspekte?
Pilz: Derzeit nicht, wir werden uns aber den Akt Strasser ganz genau anschauen.

(gü)

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