Der engste Vertraute von ORF-Chef Wrabetz, Pius Strobl, verlässt den ORF.
Bis Donnerstagmitternacht saßen Alexander Wrabetz und Pius Strobl im Büro des Generaldirektors im sechsten Stock zusammen. Der ORF-Chef wollte seinen engsten Vertrauten – jenen Mann, der sein Macher bei der Wahl zum ORF-General war – nicht ziehen lassen. Aber Strobl, dem 54-jährigen Grünen mit dem Anpacker-Image, war es zu viel geworden: Seine Tochter sitze in London und weine. Das könne er "seiner Frau und seinen Kinder nicht mehr antun“, sagte er. Und „auch nicht meiner Reputation“. Drei Stunden lang verschickte Strobl dann SMS und E-Mails an Freunde und Bekannte. Lapidarer Satz: "Es ist vorbei.“
Stolperstein "Abhöraffäre"
Freitag um 12 Uhr trat ORF-Kommunikationschef Pius Strobl dann offiziell "mit sofortiger Wirkung“ zurück. Der "Mann fürs Grobe“, wie er im ORF genannt wurde, war über eine mutmaßliche "Abhöraffäre“ gestolpert. Weil eine Mitarbeiterin im Rahmen der ORF-Stiftungsratssitzung am 11. November Gespräche von ORF-Direktoren und Journalisten aufgenommen hatte, stellten sich zunächst die ORF-Direktoren, dann die Redakteure und die ORF-Landeschefs gegen Strobl. Im Hintergrund aber lief noch einiges mehr als die Abhör-Causa. Ganze Dossiers gegen den Wrabetz-Vertrauten wurden angelegt. Der ORF als Schlangengrube wurde seinem Ruf mehr als gerecht.
Direktoren legten Wrabetz "Sündenregister“ vor
In Zeitraffer: Donnerstag tagte die ORF-Geschäftsführung. Vier Stunden berieten Wrabetz, der kaufmännische Direktor Richard Grasl, Radiochef Karl Amon, Programm-Boss Wolfgang Lorenz und Online-Chef Thomas Prantner über den ORF im Allgemeinen und Strobl im Speziellen. Eineinhalb Stunden ging es allein um Strobl: Die Direktoren warfen dem ORF-Kommunikationschef "imageschädigendes Verhalten“ vor. Protokolle von ORF-Mitarbeitern wurden vorgelegt, die sich über Strobl beschwert hatten. Wrabetz hielt trotzdem zu seinem Vertrauten. Die Direktoren wollen Strobl in die Sitzung holen, drängen auf eine Aussprache. Dies sei, so Insider, aber nicht möglich gewesen. ÖSTERREICH-Recherchen ergeben, dass Wrabetz einen Auftritt Strobls in der Geschäftsführungssitzung abgelehnt hatte.
Stiftungsrat zeigt sich erfreut
Nach dem Abgang seines Wegbegleiters wirkt Wrabetz gezeichnet: Er "bedaure es, ich muss seine Entscheidung aber respektieren“. Strobls Agenden übernimmt derzeit nun der bisherige Büroleiter von Wrabetz: Martin Biedermann. Strobl selbst versichert Wrabetz seine "Verbundenheit“. Und sagt dazu, dass die "Kampagne gegen mich wohl nicht dem Generaldirektor nutzen sollte“. In Stiftungsratskreisen zeigt man sich erfreut über den Abschied Strobls. Vielleicht auch, weil er Wrabetz stets half, nicht über Fallstricke zu stolpern? Jetzt stürzte er selber ...