Rücktritt

Pius Strobl: "Meine bittere ORF-Bilanz"

27.11.2010

Der Ex-ORF-Kommunikator spricht über die 'grauen, alten Männer im ORF‘.
 

Zur Vollversion des Artikels
© TZ Österreich
Zur Vollversion des Artikels

Es gehe ihm trotz "Pensionsschocks“ hervorragend, sagt Pius Strobl. Nach vier Jahren als Kommunikationschef und rechte Hand von ORF-General Alexander Wrabetz hat er wegen einer "Abhör-Affäre“ das Handtuch geworfen. Und genießt seither jeden Tag, den ihm das Schicksal an der Seite seines 18 Monate alten Sohns Julius Xaver vergönnt. Zukunftsangst hat Strobl keine – er hat schon mehrere Angebote und weiß, dass er "dem ORF unheimlich viel verdankt. Dass ich nämlich gelernt habe, rund um die Uhr für ein Unternehmen da zu sein – und in jeder Krise zu funktionieren.“

Rückzug aus Loyalität
Ein wenig Angst spielt dennoch mit, wenn Strobl über "Racheakte“ an seiner Lebensgefährtin, der ORF-Lady Eva Pölzl, sinniert. Denn er hat auch bittere Lektionen am Küniglberg gelernt: "Von grauen, alten Männern, die in Seilschaften sitzen und ein erschreckendes Frauenbild haben.“ Bitter für Strobl: Diese ORF-Bosse wollten bleiben. Er ist – freiwillig und aus Loyalität zu Alexander Wrabetz – gegangen.
 

Der Ex-ORF-Kommunikator im ÖSTERREICH-Interview über die "grauen, alten Männer im ORF"

ÖSTERREICH: Ihr Rücktritt hatte damit zu tun, dass Sie einigen ORF-Direktoren misstrauen, oder?

Pius Strobl: Ich habe die Grundhaltung, dass es ein Mindestmaß an Loyalität und Respekt braucht, um zusammenzuarbeiten. Wenn das wie bei mir gegenüber manchen in der Führung nicht mehr gewährleistet ist, habe ich den Anstand zu gehen. Dem Generaldirektor war ich immer 100 Prozent loyal und bleibe ihm auch weiter verbunden.

ÖSTERREICH: Haben Sie den Eindruck, dass nicht alle Direktoren ORF-General Wrabetz loyal gegenüberstehen?

Strobl: Was Elmar Oberhauser in seiner berühmten E-Mail geschrieben hatte, trifft schon zu: Dass in manchen Situationen jeder anständige Mensch eigentlich gehen müsste. Er ist dann nur nicht gegangen. Das gilt auch für andere.

ÖSTERREICH: Aber Sie meinen nicht nur Oberhauser. Welche ORF-Direktoren sind illoyal gegenüber Wrabetz?

Strobl: Ich möchte hier keine Namen nennen. Aber ich kenne zwei Direktoren, die loyal und gut mit dem Generaldirektor zusammenarbeiten: Radiodirektor Karl Amon und der kaufmännische Direktor Richard Grasl.

ÖSTERREICH: ORF-Onlinechef Thomas Prantner meinte, dass er und Grasl maßgeblich am ORF-Gesetz gearbeitet hatten. Ist das so?

Strobl: Richard Grasl hat mit Wrabetz an dem neuen Gesetz gearbeitet. Ohne Wrabetz wäre kein neues Gesetz möglich gewesen. Den Rest kann ich nicht nachvollziehen. Es gibt ja das Phänomen des geistigen Prostata-Leidens, an dem schon viele gescheitert sind. Bei uns im Burgenland sagt man: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

ÖSTERREICH: Wie viel Anteil hat die Politik am Chaos im ORF? Da gibt es ja viele Personal-Wünsche, oder?

Strobl: Da muss man die Kirche im Dorf lassen. Ich kenne keine Entscheidung des Generaldirektors, die parteipolitisch motiviert war. Ganz im Gegenteil, es ist so, dass hervorragende Mitarbeiter aus dem Haus angeschwärzt und punziert wurden, um ihnen und dem Generaldirektor zu schaden. Wie Oberhauser mit Lisa Totzauer – einer ausgezeichneten Journalistin – umgegangen ist, war unfassbar. Wegen dieses Mobbings habe ich auch den Brief an die Gleichbehandlungsbeauftragte geschrieben. Erschreckend, welches Frauenbild manche älteren Männer haben. Ich habe das mit meiner Lebensgefährtin miterlebt. Da wurde von Direktoren erklärt: "Die Pölzl nur über meine Leiche. Die kriegt sicher nichts, die ist die Freundin vom Strobl.“ Bei Eva waren mir immer die Hände gebunden und ich konnte ihr nicht helfen. Ich mache mir Sorgen, dass sich manche nach meinem Abgang ihr Mütchen an ihr kühlen wollen.

ÖSTERREICH: Meinen Sie damit die Direktoren Oberhauser und Wolfgang Lorenz?

Strobl: Ja, diese Direktoren und manche ihrer Führungsebene. Die grauen alten Männer. Dafür gibt es auch Beweise.

ÖSTERREICH: Was planen Sie nun berufsmäßig?

Strobl: Ich überlege, mich wieder mit einer Agentur selbstständig zu machen und werde ab Jänner am Markt zur Verfügung stehen. Ich glaube und hoffe, dass Bedarf an meiner Medienerfahrung und meinen Fähigkeiten im strategischen Krisenmanagement besteht.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel