Gutachten wackelt

Plagiats-Skandal um EU-Kommissar Hahn

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Prüfer konnten nur Teile sehen. Hat er Gutachten selbst bezahlt?

Die Affäre rund um EU-Kommissar Johannes Hahn und seine Dissertation spitzt sich zu. ÖSTERREICH-Recherchen ergeben: Das Gutachten, das den jetzigen EU-Kommissar weißwaschen soll, ist lückenhaft. Den Prüfern in Zürich wurden offenbar nur Teile der Dissertation übermittelt.

Lesen Sie hier die Dissertation von Johannes Hahn!

Hahn wird (wie Guttenberg) vorgeworfen, Teile seiner Doktorarbeit ("Die Perspektiven der Philosophie heute") abgekupfert zu haben.

Der ÖVP-Politiker verweist stets auf ein Gutachten der Uni Zürich, das ihm Plagiats-Freiheit bescheinige. Der Wiener Philosophie-Professor Herbert Hrachovec und Grünen-Politiker Peter Pilz erheben nun aber schwere Vorwürfe. Beide hegen den Verdacht, dass Hahn als Wissenschaftsminister und damit als Aufsichtsbehörde der Uni Wien bei der Prüfung der Dissertation 2007 getrickst hat. Die Vorwürfe:

Vorwurf 1: Nur Teile geprüft
Hrachovec, der 2007 als Senatsmitglied des Uni-Rats genauen Einblick hatte, sagt: "Die Uni Wien hat nicht die gesamte Doktorarbeit von Hahn (282 Seiten) an die Uni Zürich zur Plagiatskontrolle weitergegeben, sondern nur ausgewählte Passagen."

Das sei keine Schlamperei, sondern eine gezielte Strategie, "die Sache abzudrehen", gewesen. "Hahn war als Wissenschaftsminister derjenige, der mit dem Rektor unter anderem über Finanzen verhandelt hat."

Vorwurf 2: Gutachten selbst finanziert
Peter Pilz hegt den Verdacht, dass Hahn das Züricher Gutachten selbst bezahlt hat, und stellt deshalb nächsten Montag dazu eine parlamentarische Anfrage.

Vorwurf 3: Nicht objektiv
Hrachovec: "Die Strategie des Rektorats war es, einen Gutachter zu finden, der auf die Schnelle sagt, es ist eh in Ordnung." Pilz: "Es besteht der Verdacht eines Gefälligkeitsgutachtens."

Seit Montag steht Hahns Arbeit auf der Internet-Seite PlagiPedia, einer deutschen Seite für Plagiatsjäger. Die "Initiative Transparente Wissenschaft" fordert von Ministerin Beatrix Karl die "lückenlose Aufklärung von Plagiatsfällen in Österreich".
 

Peter Pilz: "Gefälligkeits-Gutachten"

ÖSTERREICH: EU-Kommissar Hahn streitet die Plagiatsvorwürfe ab und verweist auf ein Gutachten. Was sagen Sie 
dazu?
Peter Pilz: Es besteht der dringende Verdacht, dass dieses Gutachten ein reines Gefälligkeitsgutachten ist, weil Hahn zu dieser Zeit Wissenschaftsminister gewesen ist.

ÖSTERREICH: Was kritisieren Sie noch?
Pilz: Ich werde Anfang nächster Woche eine parlamentarische Anfrage zur Finanzierung dieses Gutachtens einbringen. Ich will, dass untersucht wird, wer das Gutachten bezahlt hat und ob das zum Wissenschaftsminister zurückzuverfolgen ist.

ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass Hahn in seiner Dissertation abgeschrieben hat?
Pilz: Ich bin gegen eine Vorverurteilung. Ich habe den Medienwissenschaftler Stefan Weber beauftragt, das genau zu überprüfen. Ein Ergebnis liegt im April vor. Sollte dieses für Hahn negativ ausfallen, muss die Uni Wien prüfen.
 

Prof. Herbert Hrachovec "Uni prüfte nur Passagen"

ÖSTERREICH: Wie lautet Ihr Urteil zur Hahn-Arbeit?
Herbert Hrachovec: Ich habe die ersten 100 Seiten analysiert. Die Arbeit hätte wissenschaftlich nie akzeptiert werden dürfen, weil darin schwerste Zitierfehler vorkommen. Wenn man Plagiat so definiert, dass man Texte von einem anderen nimmt und den Anschein erweckt, das sei von einem selbst, dann gibt es in Hahns ersten 100 Seiten an zwei Stellen Plagiate.

ÖSTERREICH: Hahn verweist aber auf ein Gutachten, das ihn entlastet …
Hrachovec: Ich war damals Mitglied des Uni-Senats und habe die Prüfung der Uni Wien genau mitverfolgt. Das Problem: Nicht die gesamte Arbeit, sondern nur einzelne Passagen sind von der Uni Zürich geprüft worden. Die Strategie des Rektorats war, einen Gutachter zu finden, der auf die Schnelle sagt, es ist eh alles in Ordnung.

ÖSTERREICH: Schlamperei?
Hrachovec: Nein, das war eine gezielte Strategie, die Sache abzudrehen, weil Hahn Wissenschaftsminister war und derjenige, der mit dem Rektor der Uni um die Finanzen verhandelt. Dass seine Arbeit jetzt im Netz steht, könnte dazu führen, dass es so ausgeht wie bei Guttenberg.

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