Uni-Arbeiten
Plagiatsjäger will Hahn "erlegen"
22.02.2010
Nach einer VwGH-Entscheidung will der Medienwissenschafter Weber alte Verdachtsfälle neu aufrollen.
Der als "Plagiatsjäger" bekannt gewordene Medienwissenschafter Stefan Weber will nach einer in der Vorwoche bekannt gewordenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) demnächst rund 70 "alte" Fälle wieder neu aufrollen. Als ersten Schritt habe er in einem Plagiatsfall an der Uni Salzburg eine Anzeige an das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention (BAK) formuliert, so Weber zur APA. Als nächste Arbeiten könnten die Dissertation von Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn (V) und die Habil des Vizerektors der Montanuni Leoben, Hubert Biedermann, wieder in sein Visier geraten.
Das Thema sei bis zu der VwGH-Entscheidung für ihn bereits "archiviert" gewesen, so Weber. Da die betroffene Dissertation aber "nicht so eindeutig plagiiert war wie andere Fälle, sehe ich das jetzt in einem anderem Licht". Er wolle "nicht mit jedem Fall zum VwGH, aber Gerechtigkeit in jenen Fällen, wo ungerechtfertigt ein Auge zugedrückt wurde".
Kopie aus dem Internet
Der VwGH hatte die Beschwerde einer
Absolventin der Uni Klagenfurt verworfen, die gegen die Aberkennung ihres
Titels wegen eines von Weber aufgezeigten Plagiats vorgegangen war. Dabei
habe das Höchstgericht unter anderem auch zur Frage Stellung genommen, ab
wann ein Plagiat wesentlich für die Arbeit sei. Im Fall der Klagenfurter
Absolventin sei etwa ein Drittel der Arbeit unzitiert übernommen worden, so
Weber. In einem ähnlichen Fall an der Uni Salzburg wurden aber etwa gleich
die ersten 47 Seiten einer Diplomarbeit aus dem Internet kopiert, ohne dass
der Verfasser seinen Titel verloren hätte. "Hier muss mit dem selben Maß
gemessen werden", meinte Weber.
"Fall stinkt"
Er habe mit dem Salzburger Fall begonnen,
weil er "auf jeden Fall stinkt". Deshalb hat Weber eine Anzeige an das BAK
formuliert, das ihn erst vor wenigen Wochen zu einem anderen Fall
einvernommen habe. Diesen Schritt habe er gewählt, weil er den Universitäten
und der neu gegründeten Agentur für wissenschaftliche Integrität nicht
traue. "Die Gutachternetzwerke halten zusammen", so Weber. "Man wird immer
einen finden, der sagt, dass die Arbeit kein Plagiat ist. Deshalb muss ich
einen anderen Weg finden, um das aufzuzeigen."
Schneeballeffekt?
Er will "sich jetzt einmal anschauen, was
passiert. Vielleicht gibt es ja einen Schneeballeffekt". Wenn dieser Fall
neu aufgerollt werde, könne er sich vorstellen, sich auch die Dissertation
Hahns komplett vorzunehmen, in der bereits in den ersten Kapiteln
seitenweise unzitiert abgeschrieben worden sei. Allerdings könne er nicht
einfach so anfangen, sich 40 Bücher zu Hahns Dissertation auszuleihen: "Das
wäre etwas für ein eigenes Forschungssemester." Zu diesem Zweck müsste es
eine Instanz geben, die dafür Aufträge vergebe - "nicht an mich bitte" -, um
den Vorwürfen nachzugehen.
Im Fall Hahns hatte die Universität Wien nach Einholung einer Stellungnahme der Universität Zürich auf die Einleitung eines Plagiatprüfungsverfahren verzichtet. Bei Biedermann war ein "Uni-Weisenrat" zum Schluss gekommen, dass dieser nur den "akademischen Anstand, aber keine urheberrechtlichen Normen verletzt" habe. Er ist nach wie vor im Amt.