Türkei-Skandal

Plassnik abgelehnt weil sie eine Frau ist

05.06.2011

Die türkische Regierung schoss Ursula Plassnik als OSZE-Generalsekretärin ab.

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© Reuters
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Dieses Veto erregt Österreich. Wie berichtet, verhinderte die Türkei die Kür der früheren Außenministerin Ursula Plassnik zur OSZE-Generalsekretärin. Das Protokoll des Diplomaten-Krimis zeigt, wie brutal die Türken dabei vorgingen.

Billige Retourkutsche und die Ablehnung einer Frau
Vizekanzler Spindelegger reagiert in ÖSTERREICH scharf: Es handle sich um eine Retourkutsche, weil Plassnik die EU-Beitrittsbestrebungen kritisch sah. Aber: Inoffiziell ist auch davon die Rede, dass die Türken Probleme mit einer Frau an der OSZE-Spitze haben.

Unter Diplomaten lautet jetzt die Devise: Wir schlagen zurück. Türkische Kandidaturen werden ebenfalls blockiert. Außenminister Spindelegger wollte das nicht bestätigen, macht aber klar: Österreich stehe einem EU-Beitritt der Türkei jetzt noch kritischer gegenüber. Sprich: So wird die Türkei nie EU-Mitglied. Der Vizekanzler verlangt sofort eine Sondersitzung der OSZE.

Außenminister Ahmet Davutoglu kontert: Das Hayir (Nein) aus Ankara richte sich nicht gegen Österreich – sondern gegen die Türkei-kritische Plassnik. Hier das Protokoll des türkischen Eklats:

● Gül in Wien – alles paletti. Seit Monaten pushen Spindelegger und Kanzler Werner Faymann Plassnik. Mit Erfolg: USA, Russland, Großbritannien – alle wollen die 1,90-m-Kärntnerin. Der türkische Präsident Gül lenkt ein: Bei seinem Wien-Besuch am 2. Mai sagt er zu Spindelegger: Wien und Ankara werden einander nicht blockieren.

● OSZE-Vorsitz will Plassnik. Der litauische OSZE-Vorsitz sagt letzte Woche informell: „Wir wollen Plassnik.“ Die Folge: hektische Telefonate. Davutoglu teilt Spindelegger mit, dass er sein Veto einlegen werde. Spindelegger telefoniert dreimal mit Davutoglu, versucht ihn umzustimmen – vergeblich.

● Aus per Brief. Am Freitag langt ein Brief Davutoglus beim litauischen Außenminister Audronius Ažubalis ein; Er erklärt informell sein Nein zu Plassnik.

● Fischer ruft Gül an. Bundespräsident Heinz Fischer greift am Samstag zum Telefon und erinnert Gül an dessen Ankündigung. Und blitzt ab: Gül stellt sich hinter seine Regierung.

● OSZE-Kür auf Eis. Am Sonntag der letzte Akt. OSZE-Sprecherin Virginie Coulloudon bestätigt gegenüber ÖSTERREICH: Die Nominierung Plassniks ist gestoppt. Coulloudon sagt zwar, dass Plassnik neben dem Italiener Lamberto Zannier, den Lissabonner Ex-Bürgermeister Joao Soares und dem Türken Ersin Ercin weiter Kandidatin sei. Doch das ist nur mehr Theorie.

 

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ÖSTERREICH: Was macht Österreich gegen das türkische Veto?
Michael Spindelegger: Das ist eine völlig unverständliche Reaktion der Türkei. Unverständlich vor allem deshalb, weil ich mit Präsident Gül übereingekommen bin, dass wir uns nicht gegenseitig blockieren. Es handelt sich offenbar um eine billige Retourkutsche gegen Ursula Plassnik, die ja 2005 beim Start der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eine kritische Haltung eingenommen hat. Dabei wurde Ursula Plassnik von allen großen OSZE-Ländern – allen voran von den USA und von Russland – unterstützt.

ÖSTERREICH: Gibt es noch eine Chance für Plassnik?
Spindelegger: Ich habe dreimal mit dem türkischen Außenminister Davutoglu telefoniert, Ich glaube nicht, dass es sich die Türkei anders überlegt.

ÖSTERREICH: Überlegen Sie jetzt Gegenmaßnahmen?
Spindelegger: Ich glaube, wir sollten uns nicht auf diese Ebene begeben. Klar ist aber, dass uns die Vorgangsweise Ankaras in unserer kritischen Haltung gegen einen EU-Beitritt der Türkei bestärkt. Wir werden uns sehr genau überlegen, wie wir hier künftig vorgehen.

ÖSTERREICH: Ist das eine Krise der Beziehungen Österreich-Türkei?
Spindelegger: Eine Krise? Man kann nur von einer Krise sprechen, wenn man eine solche auslöst. Das haben wir nicht getan. Das türkische Veto wirft aber eine deutlichen Schatten auf unsere Beziehungen. Keine Frage.

Interview: (gü)

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