Im Interview mit ÖSTERREICH zieht Außenministerin Plassnik Bilanz über den Schwenk der SPÖ, den sie als "Nein zu Europa" bezeichnet.
ÖSTERREICH: Wie überrascht waren Sie tatsächlich vom SP-Vorstoß?
Ursula Plassnik: Ich war komplett verblüfft. Was die Grundhaltung von Werner Faymann zu Europa ist, war in den vergangenen eineinhalb Jahren extrem wenig erkennbar. Ich habe geglaubt, die Grundhaltung von Alfred Gusenbauer zu kennen, aber auch da gibt es offenbar überraschende negative Entwicklungsmöglichkeiten.
ÖSTERREICH: Man hatte den Eindruck, Sie zogen mit Bundeskanzler Gusenbauer europapolitisch am gleichen Strang.
Plassnik: Ich kann nur trocken feststellen: Das ist der Verrat an den bisherigen gemeinsamen Positionen der Regierungspartner zur EU. Es war offenbar nicht einmal in der SPÖ abgestimmt, sondern alleine eine Entscheidung von Gusenbauer und Faymann. Das ist zumindest mein Eindruck, denn mit mir und mit uns hat niemand über diesen staatspolitischen Kurswechsel der SPÖ geredet.
ÖSTERREICH: Können Sie die SP-Pläne einer Volksabstimmung zum EU-Vertrag mittragen?
Plassnik: Die neue Haltung der SPÖ-Spitze ist ja in Wahrheit ein Nein zu Europa. Es geht nicht um das Thema Volksabstimmung oder darum, Dialog zuzulassen. „Ich bin für Europa, aber…“ In diesem „aber“ versteckt sich die neue latente Europafeindlichkeit. Die ÖVP hat das größte Interesse, das Vertrauen der Bürger in Europa zu festigen. Aber der Ruf nach Volksabstimmungen löst kein einziges Problem, schafft nur Verunsicherung statt Vertrauen. Dadurch sinken nicht die Preise, dadurch entstehen keine Arbeitsplätze und dadurch wird die Position Österreichs nicht gestärkt.
ÖSTERREICH: Kann man mit der SPÖ noch zusammenarbeiten?
Plassnik: Das ist ein radikaler Kurswechsel der SPÖ und die Selbstaufgabe des Regierungschefs. Ein Novum in der österreichischen Politik. Und wir werden innerhalb der ÖVP über Konsequenzen diskutieren.