EU-Info schlecht
Plassnik in eigener Partei unter Beschuss
09.04.2008
Ursula Plassnik erstmals in der Defensive – und zwar in der eigenen Partei. Der Vorwurf: Sie habe nichts getan, um den Österreichern den EU-Vertrag zu verkaufen.
Ursula Plassnik galt bisher eindeutig als Trumpf-Ass unter den ÖVP-Ministern: Ihre Umfragewerte waren bestens, im ÖSTERREICH-Politikerbarometer lag sie zuletzt mit plus 18 Punkten hinter Josef Pröll an zweiter Stelle der gesamten Ministerriege. Kein Wunder: Meistens gelang es der engsten Vertrauten von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel, sich aus dem Parteienhickhack herauszuhalten. Das diplomatische Parkett gibt der Außenministerin an sich jede Gelegenheit, zu glänzen.
Protest der Mandatare
Das hat sich nun geändert: In der
Klubsitzung der schwarzen Abgeordneten am Dienstagnachmittag wehte der
erfolgsverwöhnten Ministerin erstmals ein scharfer Wind entgegen. Statt zwei
dauerte die normalerweise als Routine geltende Diskussion drei Stunden. Der
Grund: Die Abgeordneten, die an der Basis unterwegs sind, bekommen den Unmut
der Bevölkerung gegen den EU-Vertrag unmittelbar zu spüren. Mehrere schwarze
Abgeordnete beschwerten sich bei der Außenministerin bitter: Sie habe es
versäumt, eine Kampagne zu starten, in der der EU-Vertrag der Bevölkerung
nahegebracht werde. Ein Abgeordneter aus Oberösterreich berichtete etwa,
dass in seiner Heimatgemeinde praktisch alle gegen den EU-Vertrag seien –
die ÖVP am Stammtisch schwer unter die Räder komme. Plassniks Glück: eine
heftige Auseinandersetzung über das Gesundheitspaket verdeckte den
Konflikt etwas.
Es brodelt
Öffentlich will zwar kein Schwarzer etwas gegen den
erklärten Liebling des immer noch mächtigen Wolfgang Schüssel sagen. Hinter
den Kulissen brodelt es aber ordentlich: „Es ist unerträglich, dass in den
letzten Wochen und Monaten den EU-Gegnern derart das Feld überlassen wurde“,
so ein hochrangiger ÖVP-Politiker zu ÖSTERREICH. Ein anderer wird noch
deutlicher: Plassnik sei der harten Diskussion nicht gewachsen, sie
versuche gewohnt abgehoben über die Gegenargumente hinwegzugehen. Und
EU-Balkan-Beauftragter Erhard Busek macht Plassnik zwar nicht direkt für die
negative EU-Stimmung verantwortlich, stellt aber im ÖSTERREICH-Interview
fest: „Es geschieht entschieden zu wenig“ in Sachen EU.
Verunsichert
Tatsächlich wirkte die Außenministerin gestern im
Parlament unsicher, als Scharfmacher wie FPÖ-Chef HC Strache und BZÖ-Chef
Peter Westenthaler den Ton angeben. Zu allem Überfluss warf sie den Bürgern
noch vor, sich in Sachen EU nicht selbst zu informieren: „Wir leben in einer
freien Welt, wo man zumutbar zum Telefon greifen kann, einen Brief schreiben
kann, eine Homepage anklicken kann.“ Sie werde jedenfalls „der Stimme des
Zorns die Stimme der Zuversicht“ entgegenhalten.
Keine Personalreserve
Ob das reicht? Plassnik wurde stets als
heißer Tipp für höhere Weihen, ja sogar als mögliche Kanzlerkandidatin
gehandelt. Die Feuerprobe dazu hat die Außenministerin bisher jedenfalls
nicht bestanden.
(gü)