Sollte die Republik einspringen müssen, könnte das eine halbe Milliarde kosten. Aufsichtsrat Fritz findet: "Die ÖIAG hat es verschissen."
Im Fall eines Scheiterns des Verkaufs der Austrian Airlines an einen starken Partner wird der Staat mit "viel Geld" einspringen müssen. Das hat am Mittwoch SPÖ-Chef Verkehrsminister Werner Faymann bestätigt. Noch ist aber der Verkaufsprozess im Gang, der Zeitplan ist aufrecht, heißt es aus der ÖIAG.
Lufthansa will AUA gratis
Will die Staatsholding den
Privatisierungsauftrag erfüllen, muss bis 28. Oktober - also nächsten
Dienstag - der Verkauf durch sein. Als einziger Bieter übrig ist die
Lufthansa. Offen ist, wieviel sie bietet und ob sie sich - nach Eskalation
der internationalen Finanzkrise, rauerem Wind in der Airlinebranche und
wachsenden AUA-Verlusten - überhaupt an die Bedingungen gebunden fühlt. Aus
Insider-Kreisen ist zu erfahren, dass die Deutschen die AUA nahezu gratis
oder nur um einen symbolischen Euro haben wollen.
Aktie stürzt ins Bodenlose
Dass am Dienstag mit Air France
und S7 zwei Bieter die Offertfrist verstreichen ließen und zudem über die
Einstufung des verbleibenden Lufthansa-Angebots Zweifel herschten, hat die
Anleger in Wien Mittwoch Früh offenbar in Schrecken versetzt. So stürzte die
AUA-Aktie knapp nach Handelsbeginn um fast 40 Prozent ab. Was
SPÖ-Finanzstaatssekrtär Christoph Matznetter "extrem
beunruhigend" fand und ihn bewog, die österreichische Airline in Schutz
zu nehmen: "Die AUA ist nicht die Alitalia".
Schweige-Vizekanzler Molterer
Der für die ÖIAG und damit für den
AUA-Verkauf ressortzuständige ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer äußerte
sich nicht. Sein Sprecher wollte sich nicht zur Angebotslage äußen. Die
Staatsholding ist mit 41,6 Prozent derzeit Hauptaktionärin der AUA. Ihr
Anteil wurde zum Verkauf gestellt. Von erst 12 Interessenten für die AUA
blieben 3 über, seit Dienstag nur mehr einer.
Mehr Klarheit am Dienstag
Verkehrsminister Faymann hat nun
eingeräumt, dass eine Kapitalerhöhung durch den Staat nötig werden könnte,
wenn der Verkauf platzt. Ob die AUA staatliche Hilfe braucht, wird man am
Dienstag wissen. Am Sonntag tagt der Privatisierungsausschuss, am Montag der
ÖIAG-Aufsichtrat.
Allenfalls nachverhandeln
Rechtlich verbindlich ist für den
Verkehrsminister ein Angebot nur, wenn "die Vorgaben" erfüllt
sind. Sollte das bis Anfang nächster Woche nicht klar sein, gebe es mehrere
Möglichkeiten: nämlich "nachverhandeln" oder neu zu
verhandeln oder "ein anderer Zeitraum". Nicht wegstreichbar sind
für Faymann die "österreichischischen Interessen",
darunter auch, dass ein Sperrminoritätspaket in heimischer Hand bleiben
müsse.
Könnte halbe Milliarde kosten
Wenn alle Stricke reißen,
dann wäre staatliche Hilfe für die AUA nötig. Und: "Das
kostet dann viel Geld", bestätigte Faymann. Auf Summen ließ er sich
nicht ein. In Branchenkreisen war die Rede von 300 bis 500 Mio. Euro oder
noch mehr.
"Die ÖIAG hat es verschissen"
Säbelrasseln kam
von ÖIAG-Arbeitnehmer-Aufsichtsratsseite. Sollte die Staatsholding einen
Beschlussantrag für einen Zuschlag wieder nur als Tischvorlage
durchpeitschen wollen, ist mit Widerstand der Arbeitnehmer-Aufsichtsräte zu
rechnen. Der Postgewerkschaftschef und ÖIAG-Aufsichtsrat Gerhard Fritz droht
sogar mit Staatsanwalt und Rechnungshof, weil ein Zuschlag "grob
fahrlässig" wäre. "Die ÖIAG hat es verschissen",
findet Fritz.
Köpferollen droht
Das Verkaufsdesaster könnte ein
Köpferollen nach sich ziehen. Der Stern von ÖIAG-Chef Peter Michaelis und
der von AUA-Boss Alfred Ötsch ist jedenfalls im Sinken begrifffen.
Verkaufsstopp und Rücktrittsforderungen
Auch von den
Oppositionsparteien hagelte es Kritik. Die FPÖ will einen sofortigen
Verkaufsstopp, warnt vor einer Verscherbelung der AUA. Das BZÖ will, dass
bei einem AUA-Gipfel die Lage neu bewertet wird. Und die Grünen verlangten
den Rücktritt der Spitzen von AUA und ÖIAG, sie fürchten, dass jetzt der
Steuerzahler zum Handkuss kommt.