Wer mit Wem?
Poker um die neue Koalition
29.09.2013SPÖ kann derzeit nur mit der ÖVP regieren. Jetzt blühen ihr harte Verhandlungen.
VP-Vizekanzler Michael Spindelegger hat SPÖ-Kanzler Werner Faymann noch am Wahlabend angerufen. Die Botschaft des VP-Chef war eindeutig: So wie bisher könnte die große Koalition nicht weitermachen.
SPÖ und ÖVP haben gestern das schlechteste Ergebnis aller Zeiten eingefahren. Trotzdem haben sie aber zu zweit noch eine klare Mehrheit. SPÖ-Kanzler Faymann präferiert jedenfalls ganz klar eine Neuauflage von Rot und Schwarz.
Auch die Mehrheit seiner Landeshauptleute möchte wieder die kleiner gewordene große Koalition.
Die ÖVP bockt aber noch. Sie wollen offensichtlich, dass auch die SPÖ einbekennt „eine schwere Niederlage erlebt“ zu haben, wie es ein VP-Stratege nennt.
VP: Koalition nur mit neuen Köpfen und Ressorts
Die ÖVP fordert jedenfalls einen neuen Regierungsstil und offenbar auch neue Ressortaufteilungen. Teile der Schwarzen – allerdings nicht VP-Chef Michael Spindelegger – wollen nach dem Wahldebakel aber auch eine andere Koalition versuchen. Die Grünen als Dritte in die Koalition holen, wollen aber weder SPÖ, noch ÖVP.
VP-Poker um den Kanzler mit Blau
VP-Vizekanzler Michael Spindelegger und der große Wahlgewinner des gestrigen Tages – Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll – gelten beide eigentlich als Freunde der großen Koalition – freilich nicht um jeden Preis.
Und, so könnte der Poker um die nächste Regierung für die SPÖ schwieriger werden als erwartet. Denn, im Unterschied zur SPÖ – die eine Zusammenarbeit mit der FPÖ klar ausschließt – hat die ÖVP andere Koalitionsoptionen.
Die ÖVP könnte etwa einen politischen Seitensprung ins Blaue wagen und gemeinsam mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und den Neos – die derzeit eine Koalition mit der FPÖ ausschließen – probieren. Der Vorteil für die ÖVP: Sie würden dann den Kanzler stellen – obwohl sie zweiter geworden sind.
ÖVP hat im Poker die
besseren Karten
Politikberaterin und Ex-Sprecherin von Kanzler Schüssel, Heidi Glück, meint: „Es wird letztlich auf eine große Koalition hinauslaufen, aber die ÖVP kann den Preis in den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ so hinauftreiben.“
SPÖ: 27,1%, ÖVP: 23,8 %:
Diese Konstellation wurde vor dem gestrigen Wahlsonntag eigentlich von allen erwartet – doch sowohl SPÖ, als auch ÖVP haben das schlechteste Ergebnis aller Zeiten abgelegt und das wird intern noch für einige Personaldebatten sorgen. Die SPÖ muss sich überlegen, wie sie mit dem blauen Auge in den Koalitionsgesprächen umgeht, in der ÖVP mehren sich die Stimmen, man wolle nicht mehr mit Faymann als Kanzler koalieren. Fazit: Gespräche mit Sprengstoff.
SPÖ: 27,1%, ÖVP: 23,8 %, Grüne: 11,4 %:
Ein interessantes Farbenspiel, aber für die ÖVP eine Bombe, denn hier hätte man in einer Regierung gleich zwei Gegner im Boot. Etwa bei der Bildungsfrage oder den Steuern fahren Rot/Grün einen ganz anderen Kurs wie die ÖVP. Charmant: Diese Konstellation würde ein Gegengewicht zu FPÖ und Strache bieten, die immerhin nun im Parlament eine starke rechte Kraft stellen. Allerdings: SP/VP kann auch ohne Grüne regieren, warum also verhandeln?
27,1 % SPÖ, 23,8 % ÖVP, 4,8 % NEOS:
Sind die Neos überhaupt kompatibel mit SPÖ und ÖVP? Fraglich, aber nach dem Debakel für die beiden großen Parteien, wäre es eine Auffrischung für SPÖ/ÖVP, die auch Erneuerung signalisieren könnte. Und bei Themen, die Bildung, Pensionen oder auch Steuerpolitk, könnte die Truppe um Hans-Peter Haselsteiner schon für neuen Wind sorgen.
Pfiffig und neu, aber trotzdem in dieser Konstellation wenig wahrscheinlich.
VP: 24 % FP: 20,7%, Stronach 5,8 %:
Ganz klar ein politisches Projekt mit Explosionskraft. Und einmal eine sichere Karte, europaweit für Aufregung zu sorgen – fahren doch sowohl Straches FPÖ, als auch Frank Stronach einen ganz klaren Anti-Europa-Kurs. Bei vielen anderen Themen sind sich Strache und Stronach aber auch einig. Bleibt die Frage: Wie sehr drängt es die ÖVP an die Spitze? Maßgeblich für diese Entscheidung wird ein Mann sein: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, der der ÖVP gestern das ganz große Wahldebakel erspart hat. Und Prölls Sympathie für Stronach hält sich – freundlich formuliert - in sehr engen Grenzen.
24 % VP, 20,7 % FP, 5,2 Neos:
Charmant dabei wäre: Neue Gesichter, enormer Gestaltungswille sowohl von Strache, als auch von Hans-Peter-Haselsteiners Truppe, doch inhaltlich sperrt es sich. Größter Brocken: Der Europakurs – hier trennen die Neos und die FPÖ Lichtjahre. Allerdings: Vielleicht könnte die ÖVP als „Dank“ für den Kanzler als Mediator einspringen. Fazit: Ein politisch riskantes Projekt, aber nicht ganz ohne Chancen.