In Wien
Polit-Streit über Che Guevaras Nase
05.05.2009
Am Dienstag haben sich zahlreiche Vertreter lateinamerikanischer Staaten wegen der abgesägten Nase Che Guevaras in der kubanischen Botschaft in Wien zusammengefunden. Auch Wiens ÖVP stinkt das "Attentat auf den revolutionären Riechkolben."
Der im vergangenen Oktober enthüllten ersten Büste des Revolutionärs auf europäischem Boden war Ende April von bisher Unbekannten die Nase abgesägt worden. Die Sympathisanten des Guerillakämpfers fanden sich nun zusammen, um gegen den "faschistoiden Akt" Einigkeit zu demonstrieren.
Nasenoperation
Die Bronzebüste werde in jedem Falle restauriert,
versicherte Hans Mikosch, Chef der österreichisch-kubanischen Gesellschaft,
die das Werk mit Hilfe eines Prominentenkomitees unter Beteiligung von
Elfriede Jelinek initiiert hatte. Dabei beruhigte er: "Die Nase existiert."
Sie sei nach dem Attentat im Park gefunden worden und werde nun in
Regensburg wieder angelötet. Für den Transport des Kopfes und die folgende
"Nasenoperation" dürfte die Stadt die Kosten übernehmen. Che Guevara sei als
linker Revolutionär nach wie vor von großer Bedeutung: "Das ist leider
offenbar auch ein Grund für den Hass gegen ihn."
Politischer Schaden
SP-Pensionistenchef Karl Blecha rief dazu
auf, den Anfängen zu wehren: "Che Guevara ist eben genau das
nicht, was die Rechtsterroristen behaupten - er war kein Massenmörder."
Er sei ein Mensch gewesen, der nicht nur geredet, sondern auch gehandelt
habe und jedes Wochenende mit der Machete in den Zuckerrohrplantagen
gestanden sei. Der Schaden an der Büste könne schnell behoben werden - für
den politischen Schaden müsse man nun einig zusammenstehen.
ÖVP will Entfernung
Nicht nur Vertretern
lateinamerikanischer Staaten und SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha, auch der
ÖVP stinkt das "feige, hinterhältige, perfide und absolut skrupellose
Attentat auf eine völlig wehrlose Nase im Wiener Donaupark nach dem Muster
des Obelix-Attentats auf die Sphinx". Dies sei als Vandalismus zu
verurteilen. Grundsätzlich habe Wien jedoch andere Probleme als das
Riechorgan von Che Guevara, weshalb VP-Landesgeschäftsführer Norbert Walter
erneut die ersatzlose Entfernung der Büste forderte.
Provokation
Bei dieser handle es sich um eine Provokation und um
einen Schlag ins Gesicht für alle Exilkubaner, ließ Walter via Aussendung
kein gutes Haar am Revolutionsführer. Auch vom sozialdemokratischen
Pensionistenchef könne man in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise anderes
erwarten, als sich mit "revolutionären Riechkolben" zu beschäftigen -
wiewohl Walter durchaus Zugeständnisse machte: "Es ist Blecha unbenommen, in
Che Guevara-Bettwäsche zu schlafen. Das ist seine Privatsache."
Schande
Auch Kubas Botschafterin Norma Goicochea Estenoz
unterstrich, dass es sich um einen politischen Akt gegen eine Symbolfigur
gehandelt habe, die alles unternommen habe, um die Menschheit zu retten:
"Dieser Akt erhöht unsere Bereitschaft zu kämpfen." Es sei nicht
entschieden, ob es eine offizielle kubanische Protestnote an die Regierung
geben werde, aber jedenfalls sei ein solcher Akt eine Schande in einem
Kulturland wie Österreich.
Bereitschaft zu kämpfen
Horacio Bazoberry Otero, Botschafter
Boliviens, bezichtigte faschistische Gruppen der Tat: "Ich verurteile im
Namen der Regierung und des Volkes von Bolivien diese Schändung."
Unterstützungserklärungen kamen auch von weiteren Vertretern aus Argentinien
und Kolumbien. Und am 14. Juni, dem 81. Geburtstag Che Guevaras, werde man
sich vor dem Denkmalssockel einfinden, versprach Goicochea Estenoz - ob die
Büste dann schon wieder ihre Nase trage oder nicht.