Politik-Insider

Das Protokoll: Wilde Abrechnung im SPÖ-Präsidium

15.03.2023

Liste der „Verfehlungen“ und „Verletzungen“ in hitziger SP-Sitzung.

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Lager. Freund, Feind, Todfeind, Parteifreund – so in etwa kann man die gestrige Sitzung des SPÖ-Präsidiums zusammenfassen. Nachdem Hans Peter Doskozil am Vorabend der Sitzung bereits seinen Brief veröffentlicht hatte, in dem er deklarierte, dass er als Parteichef kandidieren wolle – per „Mitgliederentscheid“, aber nicht via Parteitag –, fühlten sich mehrere Präsidiumsmitglieder überrollt.

Die Sitzung wird jedenfalls von SPÖ-Nationalratspräsidentin Doris Bures – die sichtlich verärgert scheint – geleitet. Pamela Rendi-Wagner versucht nochmals für einen vorgezogenen Parteitag mit einer Kandidatur von ihr und Hans Peter Doskozil zu werben. Dann startet sie eine halbe Stunde lang eine Abrechnung über „Mobbing seit 2018“, „miese Methoden“, den Versuch, „mich mürbe zu machen“, gegen Doskozil. Mehrere Augenzeugen bezeichneten ihre Wortmeldung als „extrem gut vorbereitet, sehr detailliert, mit fast 70 Beispielen“.

© APA/SCHLAGER

Doskozil rechnet 30 Minuten mit Rendi ab

Konter. Ebenfalls 30 Minuten lang dauert dann die Abrechnung Hans Peter Doskozils mit Rendi-Wagner. Der Burgenländer habe ihr wiederum „allerlei Verletzungen seit 2016“ vorgeworfen. Er trägt eine lange Liste vor, wie sie – und andere SPÖler – ihn „angegriffen“ hätten.

Zu Beginn seines Statements meint er, sie sei „so emotional“, woraufhin Rendi einwendet: „Ich war überhaupt nicht emotional“ – und er kontert „Unterbrich mich nicht.“

Ein Vorwurf von Doskozil: Am Tiroler Landesparteitag 2018 hätte jemand ein Schild Richtung ihn gehabt mit „rot-blaue Sau“ und Rendi hätte das nicht unterbunden. Zudem listete er auf, dass es immer schon Streit um die SPÖ-Spitze gegeben habe und nannte Gusenbauer, Faymann und Kern.
Kritik. Michael Ludwig wiederum kritisierte Inhalte von Doskozil und fragte diesen: „Wen meinst du eigentlich mit ,Du und dein Team‘ treten an. Wer ist das?“ Das konnte Doskozil nicht beanworten.

Eindeutig auch der Chef der roten Gewerkschafter Wolfgang Katzian, der Doskozil klar machte, dass jeder, der glaubt gegen die Gewerkschaft vorgehen zu können, ein Problem mit ihm kriege.

Stundenlange Debatte über das rote Statut

Prozedere. Nach den persönlichen Abrechnungen und der inhaltlichen Debatte geht es dann weiter über die ­zukünftige Vorgangsweise:
Doskozil beharrt auf einem Mitgliederentscheid. Ein Konflikt über das Parteistatut entsteht. Mehrere Präsidiumsmitglieder wenden ein, dass das aktuelle Statut derzeit explizit Mitgliederentscheide über Vorsitzende ausschließe.

Den meisten im Raum des Parlaments ist klar, dass sie aber eine Befragung zulassen müssen. Rendi-Wagner sagt, dass sie sich dem stellen ­werde. Nach knapp drei Stunden ist zumindest eines klar: Es sollen eine Mitgliederbefragung und ein Parteitag kommen.

© APA/ROLAND SCHLAGER

Befragung und ein Parteitag kommen

Einigung. Beides soll „rasch“ – Mai/Juni – über die Bühne gehen. Auch die Kandidatur weiterer möglicher Kandidaten solle ermöglicht werden. Das genaue Prozedere solle erst von Präsidium, Vorstand und Wahlkommission erstellt werden.

„Keinen von beiden“. In der darauffolgenden SPÖ-Vorstandssitzung meldete sich ein Vorstandsmitglied vor Rendi und Doskozil zu Wort und erklärte: „Bei uns in der Landesgruppe gibt es die Stimmung, dass die Leute keinen von euch wollen.“

Tatsächlich: In den meisten SPÖ-Ländern hält man „sowohl Doskozil als auch Rendi-Wagner für zu beschädigt“.

In den Sitzungen gelobten aber alle handelnden Akteure, dass sie zumindest in den nächsten Wochen den öffentlichen Streit einstellen würden. Fragt sich nur, ob die Streitparteien das auch durchhalten.

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