Verhandlungen werden zum Überlebenskampf für ÖVP & SPÖ
Pinke Überraschung. Am Donnerstag drehten zunächst Neos dann SPÖ den Spieß um. In den zehn Tagen davor hatten Hardliner aus Wirtschaft und Industrie aus der ÖVP stets betont, dass die „Verhandlungen am seidenen Faden hängen würden“. Selbst Maßnahmen wie Steuern auf Übergewinne von Energiekonzernen und Banken – etwas das selbst Teile der ÖVP forderten – lehnten sie ab.
Am Donnerstag überraschten dann pinke Verhandler sowohl ÖVP als auch SPÖ mit ihren Forderungen nach einer Pensionsreform und lösten eine Eigendynamik aus.
Bereiten Neos Erzählung für Neuwahl vor?
Anti-Ampel. Vor allem in der roten Welt fürchtet man, dass die Neos – vor allem das Lager rund um Schellhorn – diese Dreier–Koalition ohnehin nicht wollen und bereits Neuwahlen vorbereiten in denen sie dann erzählen „wollen, dass sie aufgestanden sind, weil die anderen zu reformunwillig“ seien, sagen Rote wie Schwarze.
Aber: In Sachen Wirtschafts– und Steuerpolitik machen ÖVP und Neos gemeinsam die Mauer gegen die SPÖ.
Rote Angst vor neuem Sparpaket
Das bereitet wiederum den Roten um Andreas Babler Sorgen. Diese pochen nun ihrerseits auf Vermögens– und Erbschaftssteuern – im Wissen, dass das ÖVP und Neos niemals absegnen werden. Die SPÖ dürfte – und das seit Anfang an – Angst vor zu harten Sparpaketen haben, die ihnen dann umgehängt würden. „Wenn wir keine einnahmenseitigen Maßnahmen kriegen, müssen wir aufstehen“, sagen Rote. Da seien sich nicht nur rote Hardliner, sondern auch „Pragmatiker wie Doris Bures und Peter Hanke einig“, berichten Sozialdemokraten. Wie auch immer.
Eskalation. Die ÖVP dürfte jedenfalls von der Dynamik am Donnerstag – aus Kreisen von SPÖ und Neos wurde da bereits gestreut, dass die Verhandlungen kurz vor dem Kippen stehen würden – überrascht. Kanzler Karl Nehammer war da gerade in EU–Verhandlungen und hatte eigentlich angenommen, dass jetzt eine gewisse Weihnachtsruhe einkehren werde.
Auch in jenen VP–Kreisen, die noch vergangene Woche gezündelt hatten, schien man eher überrascht über die Eskalation.
Für rote Hardliner, wie etwa Burgenlands SPö–Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der offen gegen eine Koalition von ÖVP, SPÖ und Neos ankämpft, entwickelte sich die Lage hingegen gut.
"Bei Neuwahlen wären sonst ÖVP und SPÖ hin"
„Von der Rationalität her müssten sich sowohl ÖVP als auch SPÖ jetzt zusammenreißen. Bei Neuwahlen wären sonst beide hin“, sagen Strategen aus beiden Parteien.
Teile der Steuerungsgruppe, die den ganzen Freitag verhandelte – zu Redaktionsschluss war die Sitzung noch im Gang – sollten das genauso sehen und wollten daher durch verhandeln.
Weihnachts-Urlaub. Aber: Anderen Teilen ist „ihr Urlaub wichtiger. Sie wollen nach dem 26.12 nicht verhandeln wenn es eh keinen Sinn macht“, so ein Parteifreund. Übersetzt: Teile des Verhandlungsteams wollen Urlaub.
In allen drei Parteien gibt es „größer werdende Kreise, die diese Dreier–Koalition verhindern wollen“. Und jene, die die Koalition eigentlich wollen, machen es ihnen einfach. Es bleibt spannend.