Niederösterreichs ÖVP zieht die Fäden. Wie Krise der Partei beruhigt werden soll.
Rochaden. ÖSTERREICH-Leser wussten bereits am vergangenen Samstag durch die Insider-Kolumne, dass VP-Mandatar Christian Stocker neuer ÖVP-General werden solle. Seit Freitag ist es nun fix. Der 62-jährige Vizebürgermeister von Wiener Neustadt soll Karl Nehammers neuer Feuerlöscher werden.
Dass der „Neue“ nun älter und aus den Reihen der ÖVP Niederösterreich kommt, ist freilich alles andere als Zufall. Nach Laura Sachslehner – diese trat bekanntlich aus Protest gegen die inhaltliche Linie der Bundes-ÖVP in Sachen Klimabonus für Asylwerber zurück – verlangten die wahlkämpfenden Länderorganisationen „einen erfahrenen und gestandenen ÖVPler“.
Mit dieser Personalentscheidung versucht sich ÖVP-Chef Karl Nehammer etwas Luft inmitten der ÖVP-Krise zu erschaffen. Immerhin erwartet die Partei heute bei der Landtagswahl in Tirol – freundlich ausgedrückt – ein Debakel. Die Frage des heutigen Tages ist nur noch, wie hoch die ÖVP in ihrem einstigen Kernland verlieren wird. Und ob sich eine Mehrheit gegen die ÖVP ausgehen wird.
Mikl-Leitner wird jetzt nervös – und was sie will
Nervosität. Dass wiederum macht Niederösterreichs VP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner nervös, die als Nächstes – allerspätestens im März – eine Landtagswahl schlagen muss. Sie soll, berichten VP-Strategen, jetzt eine „völlige Professionalisierung der Bundes-ÖVP und endlich Ruhe von bundespolitischen Turbulenzen fordern“.
Nehammer sagt denn auch über Stocker, dass dieser „die Partei und ihre Strukturen in- und auswendig kennt und in unseren Landes- und Teilorganisationen bestens vernetzt“ sei. Er solle jetzt die „starke, besonnene und kompetente Stimme der Volkspartei“ sein.
Eine weitere öffentliche Eskalation werde „Hanni (Mikl-Leitner, Anm. d. Red.) schließlich nicht mehr dulden“, so ein VP-Spitzenmann.
Der Kanzler selbst versuche auch, sich selbst neu zu erfinden und den großen Krisenmanager zu geben. Das Ziel der Aktion: Nehammer soll als jener dastehen, der die „multiplen gleichzeitigen Krisen löse“ und sich nicht „in das Klein-Klein der Innenpolitik begibt“.
Stärker in den Mittelpunkt rücken soll neben Stocker auch VP-Klubchef August Wöginger. Auch er genieße den Respekt der angeschlagenen Partei. Doch wie stabil ist diese Strategie? Nehammer habe „das Glück, dass niemand in der Partei seinen Job will. Wenn die ÖVP in Tirol aber den Landeshauptmann-Sessel verliert, dann kann es trotzdem sehr eng für ihn werden“, sagt ein VP-Stratege. Die VP-Länder seien schließlich sich selbst „am nächsten und haben den Eindruck, dass Bund und türkis-grüne Regierung ihnen schaden“, so der Schwarz-Türkise.
Befreiungsschlag. Dann könnten die Länder einen „Befreiungsschlag“, also das Ende der Koalition, fordern. Sollte die ÖVP in Tirol freilich das für sie schlimmste Szenario abwenden, könnte Nehammer mit seinem Neustart-Plan durchkommen.