Politik-Insider

ÖVP-Machtkampf auf offener Bühne

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„Sie hat ausgesprochen was eh die meisten von uns denken“, sagen die einen. „So etwas illoyales habe ich ja noch nie erlebt“, die anderen.

Keine Frage, der Rücktritt von Laura Sachslehner als ÖVP–Generalsekretärin hinterlässt die krisengeschüttelte Partei einmal mehr verwirrt und irritiert. Kam sie „Rauschmiss zuvor“? „Ich bin der Meinung, dass wir mit diesen Maßnahmen den Weg verlassen, für den die Volkspartei steht. Meiner Meinung nach geben wir damit unsere Werte auf“, rechnete Sachslehner Samstag Vormittag bei ihrem Rücktritt ungewohnt scharf mit der eigenen Partei ab. Ein Schritt, der gleichzeitig überraschend kam und doch schon länger in der Luft lag. Und der einen ÖVP-Machtkampf auf offener Bühne demonstriert.

Über die Hintergründe dieses Abgangs – Sachslehner bleibt allerdings Wiener ÖVP-Gemeinderätin – kursieren in der gespaltenen türkis–schwarzen Welt ebenfalls gleich zwei Versionen:

Nehammer von Rücktritt überrollt. Die Vertrauten von Bundeskanzler Karl Nehammer kolportieren, dass sie ihrem „Rausschmiss zuvorkam“. Glaubwürdig ist das freilich nur bedingt. Immerhin installiert die ÖVP mit Alexander Pröll – eigentlich Bundesgeschäftsführer und Stratege im Hintergrund – nur „interimistisch“ einen neuen Generalsekretär. Der Sohn des beliebten EX-VP-Chefs Josef Pröll, sei alles andere als begeistert künftig den Generalsekretär zu geben, behaupten Vertraute. Er agiere lieber „im Hintergrund“, berichten sie.

Tatsächlich werde noch ein Mandatar gesucht, der Schnittstelle zwischen Partei und Nationalratsklub werden solle. Genannt werden VP-Mandatar Kurt Egger oder sein Kollege Andreas Hanger. Egger, einst Generalsekretär der JVP genieße das Vertrauen von Karl Nehammer.

Etwas, das Sachslehner – freilich Nehammers einstige Personalentscheidung – wohl bereits seit Monaten fehlte.

Kanzler: „Gesetz von Kurz geerbt“. Gesichert ist, dass Nehammer Sachslehner am Freitag – nachdem sie angesichts des Klimabonus für Asylwerber als „rote Linie“ bezeichnet hatte, und eine scharfe Drohung der Grünen Klubobfrau Sigrid Maurer via Twitter einkassiert hatte, hat sich zurückzunehmen. Und, dass VP-Klubchef August Wöginger – ein enger Vertrauter Nehammers – sich von ihr öffentlich distanziert hatte.

Aber: Hatte Nehammer ihr auch bereits Donnerstag gesagt, dass sie „nicht weiter eskalieren“ solle? Das dementieren Vertraute Sachslehners, während Strategen Nehammers genau das behaupten.

„Die haben totale Angst, dass die Koalition platzt“, sagt ein VP-Mann, der die Sachslehner-Linie unterstützt, verbittert. Diese Gruppe in der ÖVP wird angesichts der katastrophalen Umfragewerte der ÖVP immer nervöser. Sie wollen ihr Heil in der einstigen Linie von Ex-VP-Chef Sebastian Kurz suchen, und einen scharfen Law and Order Kurs in der Asylpolitik fahren. Sie sehen die Koalition mit den Grünen „zunehmend als Belastung an“.

Zwei Lager in der ÖVP. Die anderen – Teile des VP-Regierungsteams und des Klubs – wollen die Grünen nicht reizen und lieber auf Zeit setzen. Sie glauben, dass sie mit Entlastungspaketen gegen die VP-Krise ebenso ankämpfen könnten wie gegen die Teuerung.

Karl Nehammer hat Sachslehner, die ihm von der „Stimmung“ in den VP–Ländern gegen den Klimabonus für Asylwerbern in den letzten Tagen berichtet hatte, offenbar gesagt, dass er das „eh wisse“, aber dieses Gesetz eben von „Sebastian Kurz geerbt“ habe. Dieser habe den „Fehler“ begangen, den er nun nicht mehr korrigieren könne.

Der Kampf geht weiter. Die „Impfpflicht hatten auch wir beschlossen und wieder abgesagt“, soll sie gekontert haben.

Wie auch immer. Ist sie nun ihrem „Rauswurf“ zuvorgekommen? Als sie ihm Samstag gegen 8.30 Früh Bescheid gegeben hatte, schien er eher überrascht und not amused, berichten ÖVPler. Er sei zwar „nicht mehr zufrieden gewesen mit ihr, aber der Zeitpunkt ist natürlich nicht gut“.

Einige in der ÖVP glauben, dass Sachslehner in den vergangenen Wochen „bewusst eskaliert“ habe, weil sie einen „guten way out“ gesucht habe. Vieles spricht für diese Hypothese.

Denn, auch ihr E–Mail über die Wien–Energie an VP–Funktionäre sei nicht mit Nehammer abgesprochen gewesen.

Sie habe viel „Unterstützung“ von ÖVPlern erhalten, berichtete Sachslehner nach ihrem Rücktritt im kleinen Kreis. Wiens VP–Klubchef Wölbitsch gab ihr diese sogar öffentlich: „Ich bin stolz, dass sie als Gemeinderätin weiterhin jene Mitte Rechts Politik vertritt, für die wir in Wien 2020 gewählt wurden“.

Der Machtkampf geht in die nächste Runde.

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