Wahl-Insider
Schwarz-Rot-Pink: Das ist die erste Minister-Liste
06.10.2024Meinl-Reisinger bis Hanke, Plakolm bis Badelt: Wer in der nächsten Regierung sitzen könnte.
Offiziell will man weder bei der ÖVP noch bei der SPÖ über eine mögliche Dreier-Koalition mit den NEOS sprechen. Der Ball liege jetzt einmal bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen und FPÖ-Chef Herbert Kickl, so der Tenor. Umso verärgerter war man insbesondere im Umfeld von Kanzler Karl Nehammer, dass der „Kennenlern-Termin“ mit SPÖ-Chef Andreas Babler von der SPÖ als „Geheim-Gipfel“ rausgespielt wurde.
Dennoch gibt es mächtige Kreise bei ÖVP und SPÖ, die bereits für den „Tag X“ - wenn feststeht, dass Herbert Kickl keine Koalition zustande bringt - planen. Vor allem auf Seiten der Sozialpartner, aber auch in einigen mächtigen Landesparteien und in der Wirtschaft überlegt man daher bereits ein schwarz-rot-pinkes Regierungs-Szenario. Und dort kursieren auch bereits die ersten möglichen Ressort-Zuteilungen und Minister-Kandidaten.
Nehammer Kanzler, Babler oder Bures Vize?
Bundeskanzler: Fest steht, dass Karl Nehammer in einer Dreier-Koalition Kanzler würde.
Vizekanzler: Der Vizekanzler-Posten müsste an die SPÖ gehen. „Logisch“ wäre, dass Andreas Babler Vizekanzler wird. Allerdings gibt es gewichtige Stimmen in der SPÖ, die befürchten, dass Babler ein „Dealbreaker“ für die ÖVP sein könnte. Möglicher Exit: Babler könnte Klubobmann im Parlament werden und sich als Parteichef um die SPÖ-Parteireform kümmern. In diesem Fall könnte Doris Bures als Vizekanzlerin übernehmen und auch gleich die Regierungskoordination auf roter Seite bekommen. Bures will zwar nicht in die Regierung, im Gegenzug sollen ihr ÖVP und SPÖ aber eine gemeinsame Unterstützung bei der nächsten Präsidentschaftswahl anbieten.
Unabhängiger Finanzminister, Hanke Mr. Wirtschaft 2.0
Finanzen: Auf den nächsten Finanzminister kommt mit der Budgetsanierung eine Mammut-Aufgabe zu. Aus der Wirtschaft wird daher ein „unabhängiger Profi“ favorisiert. Genannt werden Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats und WIFO-Chef Gabriel Felbermayr. Eine junge Lösung wäre WU-Professor Ewald Aschauer. So einem Experten würden sowohl SPÖ als auch NEOS zustimmen.
Infrastruktur/Standort: Einig sind sich alle, dass die nächste Regierung einen Hauptschwerpunkt auf die Ankurbelung des Wirtschaftsstandortes legen muss. Hierzu will die SPÖ ein Infrastruktur-Ministerium, in dem ein milliardenschwerer Transformationsfonds für die österreichische Wirtschaft angesiedelt werden soll (eine Babler-Idee, der auch ÖVP und NEOS einiges abgewinnen können). Top-Kandidat als Infrastruktur- und Wirtschaftsstandorts-Minister ist der Wiener Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke, der über die Parteigrenzen und in der Wirtschaft geschätzt wird und auch persönlich gut mit Kanzler Nehammer kann.
Arbeit und Soziales: Im Sozialministerium (mit den Arbeitsagenden) wäre ein Gewerkschafter Fixstarter. Genannt werden FSG-Chef Josef Muchitsch und GPA-Chefin Barbara Teiber. Möglich wäre auch eine Teilung: Das Arbeitsministerium geht an einen Gewerkschafter, Babler könnte das Sozial- und Gesundheitsministerium übernehmen, wenn er nicht ins Parlament wechselt. Ein potenzieller Gesundheitsminister wäre auch der jetzige SPÖ-Klubobmann Philip Kucher.
Frauen & Umwelt: Neue Frauenministerin wird in einer Dreier-Koalition die SPÖ-Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner. Umweltministerin könnte Julia Herr werden.
Die ÖVP will einen Großteil ihres jetzigen Regierungsteams behalten:
Innen: Gerhard Karner soll Innenminister bleiben. Er habe die Asylzahlen deutlich reduzieren können und das Ressort bestens im Griff, heißt es aus der ÖVP. Eine Alternative wäre der ehemalige OÖ-Landesrat und jetzige WKO-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer, der auch als möglicher Wirtschaftsminister genannt wird.
Justiz: Spannend wird der Poker ums Justizministerium. Karoline Edtstadler wäre fachlich die logische Kandidatin, allerdings ist das Verhältnis zwischen Nehammer und ihr, spätestens nachdem sie am Wahltag als mögliche Juniorpartnerin in einer blau-schwarzen Koalition ins Spiel gebracht wurde, angespannt. Außerdem ist fraglich, ob SPÖ und NEOS eine ÖVP-Justizministerin überhaupt akzeptieren. Auch hier könnte es auf eine unabhängige Lösung hinauslaufen, etwa Finanzprokuratur-Chef Wolfgang Peschorn, den „Anwalt der Republik“.
Außen: Wenn das Außenministerium bei der ÖVP bleibt, wäre der amtierende Außenminister Alexander Schallenberg Favorit. Auch die NEOS sollen aber Interesse am Außenministerium haben (wahrscheinlicher ist aber, dass sie die Europa-Agenden bekommen. Potenzielle Kandidaten für ein Europaministerium oder Staatssekretariat: Helmut Brandstätter und Claudia Gamon).
Bildung: Fix ist jedenfalls, dass die NEOS das Bildungsministerium bekommen mit Beate Meinl-Reisinger als Bildungsministerin.
Tourismus: Die ÖVP (und vor allem die Wirtschaftskammer) will die Tourismus-Agenden am liebsten zu einem eigenen Ministerium aufwerten. Geht das Ressort an die NEOS, steht Sepp Schellhorn als Minister in den Startlöchern. Geht es an die ÖVP, wäre der Kitzbühler Parade-Hotelier Christian Harisch eine spannende Lösung, die zugleich die westlichen Bundesländer befrieden würde.
Plakolm oder Wrabetz als Medienminister
Medien/Digitalisierung/Kultur: Eine Überraschung könnte es im Medien-Ministerium geben. Wenn die ÖVP die nächste Medienministerin stellt, läuft vieles auf Claudia Plakolm hinaus, die als größte ÖVP-Zukunftshoffnung gilt und zugleich die Digital-Agenden (inklusive dem wichtigen Breitbandausbau) übernehmen könnte. In der SPÖ liebäugelt man freilich auch mit dem Medien- und Kulturressort und bringt Ex-ORF-General Alexander Wrabetz als möglichen Kandidaten ins Spiel. In diesem Fall würde Plakolm wohl Kanzleramtsministerin werden - und könnte als „rechte Hand des Kanzlers“ auch die Koordinierung übernehmen.