Politik-Insider
Türkis–grüner Machtkampf um Karas als EU–Kommissar und Justiz
12.07.2024Die ÖVP will Brunner als EU-Kommissar, Grüne schlagen Karas vor. Türkise fürchten „umfangreichen Kreutner–Bericht“.
Dass die Stimmung zwischen ÖVP und Grünen alles andere als gut ist, wissen wir spätestens seit dem Ja zum Renaturierungsgesetz von Klimaministerin Leonore Gewessler und der Anzeige der ÖVP gegen die Grüne.
Im Hintergrund dürfte der Machtkampf um Top–Jobs noch brutaler ablaufen als gedacht. Zur Erinnerung: 2019 unterschrieben der damalige ÖVP–Kanzler Sebastian Kurz und Grün-Vizekanzler Werner Kogler einen Sideletter wonach die ÖVP das Nominierungsrecht für den EU–Kommissar hätte, dafür bekämen die Grünen den EuGH–Richter.
Dieses Papier nennt Kogler nun hinfällig und blockiert damit auch längst fertig ausgemachte Personalpakete für die Nationalbank sowie auch für die Finanzmarktaufsicht.
Kogler schlug Nehammer Othmar Karas vor
Kürzlich schlug Kogler dann der ÖVP Othmar Karas vor. Formal gehört der langjährige ÖVP–EU–Mandatar weiter der ÖVP an. Für Kanzler Karl Nehammer und viele ÖVPler ist der mittige Karas freilich ein Problem. Die ÖVP will Karas – den auch SPÖ und Neos als gute Wahl ansehen – keinesfalls als EU–Kommissar sehen.
„Dann können wir gleich einen Sozi nehmen“
„Dann können wir gleich einen Sozi nominieren“, echauffiert sich ein Türkiser inoffiziell. Dass jetzt auch noch Bankenmanager Andreas Treichl Karas öffentlich als gute Wahl bezeichnet hatte, irritiert die ÖVP zusätzlich. Sie sehen sich als „Opfer grüner Intrigen“ und wollen weiter Finanzministet Magnus Brunner als EU–Kommissar vorschlagen. Dieser soll zunehmend über das Gezerre irritiert werden. ÖVP–Angebote an die Grünen doch dafür Justizministerin Alma Zadic als EuGH–Richterin zu erhalten, wurden von ihr und den Grünen abgelehnt.
So will die ÖVP Karas doch noch verhindern
Eigentlich hätten alle diese Jobs – inklusive Martin Kocher als Nationalbank–Gouverneur – im letzten Ministerrat vor der Sommerpause beschlossen werden sollen. Die Grünen erklären, dass man all das noch per Umlaufbeschluss im Sommer fixieren könne.
Wofür die ÖVP wenig Verständnis hat. Mittlerweile überlegen die Türkisen eine Expertin/Beamtin vorzuschlagen, um den Grünen den Wind aus den Segeln zu nehmen und um Karas zu verhindern.
Türkise Sorge vor Justiz–Bericht
Aber nicht nur wegen des Kommissars ist der Türkise Ärger über die Grünen groß. „Die versuchen mit der Justiz Wahlkampf zu machen“, behauptet ein ÖVP–Funktionär. Gemeint: Der „Interventionsbericht von Korruptionsermittler Martin Kreutner – der die von Alma Zadic eingesetzte U–Kommission zur Causa des verstorbenen Justizministeriums–Sektionschef Pilnacek, leitete – der am Montag präsentiert werden sollen.
„Umfangreicher Bericht mit Interventionen“
Dabei hat Kreutner offenbar 50.000 Daten von Pilnaceks Laptop gesichtet und etliche Zeugen zur Fragestellung, ob es politische Interventionen bei Pilnacek gab, wie dieser in einem geheim aufgenommen Audio–Mitschnitt erzählt hatte. Laut Insidern werde der Bericht „sehr umfangreich sein und einige Interventionen aufdecken“. Die ÖVP befürchtet, dass sie damit wieder ins Visier kommt. Tatsächlich dürfte das Naheverhältnis zwischen Teilen der ÖVP und Pilnacek in den Dateien „offenkundig sein“, wie Eingeweihte erklären.
Die Grünen wollen erst danach eine Einigung über die Personalpakete erzielen. Die Laune ihrer Verhandlungspartner wird das eher nicht bessern.