Laurenz Ennser-Jedenastik sprach in der ZIB2 über über die anstehende Nationalratswahl und die "neuen" Parteien.
Laurenz Ennser-Jedenastik, Professor für Österreichische Politik im europäischen Kontex an der Universität Wien, war am Freitag als Gast in der ZIB2. Dabei sprach er mit Armin Wolf über die anstehende Nationalratswahl.
Ennser-Jedenastik sehe derzeit ganz deutlich, dass sich die traditionellen Parteienbindungen in Österreich auflösen. Die sei ein Trend, der sich in den letzten Jahren verstärkt habe. So würde nun mehr Wählerpotenzial frei, um neue Parteien ins Parlament einziehen zu lassen.
Die neuen Parteien im Überblick
Wlazny von der Bierpartei etwa weise hohe Sympathiewerte auf und polarisiere wenig, was den Wählern zu gefallen scheint. Das sind hohe Werte, mit denen sich punkten lässt. Ob er damit bis zur Wahl durchhält, sei jedoch fraglich.
Auch die KPÖ habe eine reale Chance, in den Nationalrat einzuziehen. Ihr Programm unterscheide sich nicht allzu sehr von dem andere Linksaußen-Parteien in Europa und Ennser-Jedenastik sie die Wählerstruktur hierzulande so, dass nichts dagegenspreche, dass eine solche Partei ins Parlament einziehen könnte.
Bei Petrovic sieht er das Potenzial vor allem an der impfkritischen Wählerschaft schon von der FPÖ abgeholt, ebenso wie vom MFG-Lager. Denn könnten Wähler, die sich sonst nicht mit dem Programm der FPÖ anfreunden wollen, zu Petrovic wechseln. So wäre gar die Vier-Prozent-Hürde drin. Für die Liste KEINE sei das Potenzial hingegen begrenzt, so Ennser-Jedenastik.
Was bringen die kleinen Parteien?
Am meisten „schaden“ die kleinen – eher linksstehenden - Parteien, allen voran KPÖ und Bierpartei, den Grünen der SPÖ und zum Teil den NEOS, von denen sie Wähler abziehen könnten. Dabei komme eine paradoxe Situation zustande: Tendenziell schaden sie zwar den Mitte-Links-Parteien, sollten sie aber auch Stimmen von ÖVP und FPÖ gewinnen, würden sie so das Mitte-Links-Lager aber stärken – und so etwa mit SPÖ und/oder Grünen koalieren.
Scheitern die neuen Parteien allerdings an der Vier-Prozent-Hürde und somit am Einzug ins Parlament, gingen bis zu 15 Prozent der Wählerstimmen verloren. „Das bedeutet, dass sich ganz klar eine Mehrheit von FPÖ und ÖVP ausginge“, sogar eine türkis-rote Mehrheit wäre möglich, so Ennser-Jedenastik. „Jedenfalls wäre die Mehrheitsfindung dann einfacher.“ Wenn hingegen mehr Parteien ins Parlament einziehen, würde es komplizierter bei den Koalitionsverhandlungen werden.
Ob die Zahl der Abgeordneten erhöht werden solle? Dazu kam von Ennser-Jedenastik ein klares „Ja“. Die Zahl der Wahlberichtigten sei in letzten 50 Jahren gestiegen, die Zahl der Abgeordneten von 183 im Parlament jedoch nicht. „Da könnte es sinnvoll sein, gerade wenn es mehrere kleine Parteien gibt, im Nationalrat etwas aufzustocken.“ So könnte die Arbeit auf die einzelnen Abgeordneten besser verteilt werden. Auch würde sich eine Kritische Masse an mehr Abgeordneten positiv auf die Politik im Land auswirken. Ein Problem auf Dauer allerdings könnte sein, dass es zwar immer mehr Menschen in Österreich gibt, die hier leben und geboren werden, die Zahl der Wahlberichtigten hingegen weiter nach unten gehe, und das stetig.