Der U-Ausschuss wird immer brisanter: Terrorbekämpfer dienen Parteien als „Sachreferenten“ und ermitteln gegen sie – ohne deren Wissen.
Für Empörung im Spitzel-Ausschuss sorgte gestern die Anhörung von Christian Steiner, Abteilungsleiter im Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Bei seiner Befragung gab er zu, dass jeder Parlamentspartei ein LVT-Beamter als „Sachreferent“ zugeteilt ist. Offenbar wusste zumindest keine der Oppositionsparteien über die Existenz dieser Agenten. Ewald Stadler (BZÖ): "Ich höre heute zum allerersten Mal, dass es einen LVT-Zuständigen für uns gibt.“
Stadler will deshalb Innenministerin Maria Fekter vor den Ausschuss laden und spricht von „einer schwarzen Stasi.“ Auch Grüne und FPÖ fordern Aufklärung, ÖVP und SPÖ bremsen.
„BZÖ-Sachreferent“ ermittelt für Staatsanwalt
Steiner
ist als „Sachreferent“ dem BZÖ zugeteilt, für „Serviceleistungen, etwa
Personenschutz“ - von denen niemand wusste. Doch der Agent tat noch viel,
viel mehr: Der „Kontaktbeamte“ des BZÖ leitete auch die Ermittlungen gegen
BZÖ-Mann Peter Westenthaler - und wollte via Austria Presse Agentur mit
knallhartem Druck die Namen von BZÖ-Mitarbeitern herausfinden, die eine
bestimmte Presseaussendung verfasst hatten. Anlass war eine Nationalratsrede
Westenthalers im März 2008, in der er BIA-Chef Martin Kreutner der illegalen
Datenweitergabe beschuldigt hatte.
Akten dokumentieren Verfassungsbruch
Ein Aktenvermerk der
Oberstaatsanwaltschaft an den leitenden Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter
belegt, dass den Juristen die Verfassungswidrigkeit ihrer Ermittlungen
vollkommen klar gewesen sein muss. Denn darin steht, dass ein Antrag auf
Aufhebung von Westenthalers Immunität spätestens im September 2008 erfolgen
hätte müssen (s. Faksimile). Und weiter: „Die Verspätung der Einholung der
Zustimmung des Nationalrates kann nicht mehr wettgemacht werden ...“ Datiert
ist das Schreiben mit 19. Mai 2009. Staatsanwalt Kronawetter und Wiens
Polizeichef Gerhard Pürstl weisen jede böse Absicht weit von sich.