Umstrittener Vorschlag
Polizei will jetzt Privat-Videos
15.05.2013
Bürger sollen mithelfen und Videos auf Polizei-Server laden.
Die Bevölkerung soll sich künftig stärker an der Aufklärungsarbeit von Straftaten beteiligen. Möglich werden soll dies etwa, indem sie der Polizei auf freiwilliger Basis privates Videomaterial zur Verfügung stellt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) informiert sich derzeit über Bürgerbeteiligungsprojekte in den USA, erste Station war dabei das New York Police Departement (NYPD) mit der „Crime Stopper Initiative“, am Donnerstag besucht sie ein weiteres Projekt in der Nähe von Washington. Umgesetzt werden könnte die verstärkte Bürgerbeteiligung Ende 2014, so die Ministerin.
Innenministerium informiert sich in den USA
„Wir wollen Bürger mehr ins Boot holen und hierfür neue Instrumente finden“, erklärte Mikl-Leitner gegenüber Journalisten. Ziel sei es, die Bevölkerung mehr in die Ermittlungsarbeit der Polizei einzubeziehen und die Interaktion zwischen diesen beiden zu verstärken. Zunächst informiert sich das Innenministerium nun in den USA, in Kanada und Großbritannien über derartige Projekte. Es sei klar, dass nicht alles eins zu eins übernommen und in Österreich angewendet werden könne. Einen Unterschied, den Mikl-Leitner etwa ausmacht: Österreich investiere im Vergleich zu den USA „wesentlich mehr“ in die Prävention von Verbrechen.
Suche nach Servern
Peter Gridling, Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, und Franz Lang, Direktor des Bundeskriminalamts, verwiesen auf den Anschlag beim Boston-Marathon, wo die mutmaßlichen Täter mithilfe auch von privatem Videomaterial ausgeforscht werden konnten. Ausgehend von diesem Beispiel sollen auch in Österreich Bürger aufgerufen werden, der Polizei für die Aufklärungsarbeit einer Straftat ihre Videos zur Verfügung zu stellen. Zu klären sind etwa technische Fragen wie die notwendige Serverkapazität.
Streit um Kameras
Priorität bleibe die Kriminalitätsprävention, erst im zweiten Schritt gehe es um die Ermittlungen, erklärte Mikl-Leitner: „Nicht alles, das technisch möglich ist, möchte ich in Österreich umgesetzt wissen.“ Die Ministerin ortet auch in den USA mittlerweile eine Diskussion darüber, „was der richtige Weg ist: mehr oder weniger Kameras“. Klar sei, dass eine Straftat durch Videoüberwachung nicht verhindert werde, aber der Ermittlungsarbeit diene. Sie räumt aber ein, dass in den Vereinigten Staaten eine andere Bedrohungslage als in Österreich herrscht.
Laut Gridling gehören 65 Prozent der Kameras in Lower Manhatten Privatpersonen. Das NYPD sei berechtigt, dieses Material zu nutzen. Nun jedoch prophylaktisch massig Daten zu sammeln, „macht keinen Sinn“, so der Direktor des Verfassungsschutzes. Das Programm Crime Stoppers bietet für anonyme Infos bis zu 2.000 Dollar (1.540 Euro) an. In Österreich werden Hinweise aus der Bevölkerung, die zur Ausforschung von Tätern führen, bereits jetzt „belohnt“. Dies sei ein „ausreichendes System“, so Lang. Grundsätzlich dürfe es nicht dazu kommen, dass Hinweise nur gegen Bezahlung genannt werden, meinte auch Gridling. Laut Innenministerium setzt die Polizei in Österreich 18 mobile Kameras zur Aufklärung von Straftaten ein.
Zusammenarbeit mit den ÖBB
In technischer Umsetzung befindet sich bereits eine Kooperation mit den ÖBB. Hierfür werden Daten aus ÖBB-Kameras auf einen Server geladen, auf den die Polizei nach Zustimmung eines Richters innerhalb kürzester Zeit zugreifen kann. Konrad Kogler, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, erklärte, es handle sich dabei um „keine neue Möglichkeit, sondern um eine Beschleunigung“. „Wir werden schneller und schlagkräftiger“, so Mikl-Leitner.