Die Sensation ist perfekt: In einem unfassbaren Finish gewann der Grüne Van der Bellen mit 31.026 Stimmen Vorsprung und „arschknappen“ 50,3 % die Hofburg.Alexander Van der Bellen gelingt die hauchdünne Sensation: erstmals ein Grüner in der Hofburg.
Die erste Inszenierung war bereits Weltklasse: Vor der Kulisse des noblen Palais Schönburg, dem Weißen Haus in Washington zum Verwechseln ähnlich, trat „Sascha“ Van der Bellen um 18.00 Uhr vor mehr als 150 Journalisten und Kamerateams aus der ganzen Welt: „Ich will ein Präsident der Versöhnung werden“, sagte er, „ein Brückenbauer.“
Vorangegangen war dem versöhnlichen Ende ein Wahltag, den dieses Land wohl nie vergessen wird:
Mit 51,9 % und 144.006 Stimmen Vorsprung hatte der FP-Kandidat Norbert Hofer am Sonntag den eigentlichen „Urnengang“ gewonnen – und sich von seinen Blauen schon als Sieger feiern lassen. Doch Hofer hatte seine Rechnung ohne die 746.110 Wahlkarten gemacht – die das Land von rechts auf links drehten.
Gestern Punkt 9 Uhr starteten die Bezirkswahlbehörden mit der Auszählung der Briefwahlstimmen – damit begann die unglaublich spannende Aufholjagd von „Sascha“ Van der Bellen, die in der Geschichte ohne Beispiel ist.
Um 12 Uhr fand oe24 einen Link der Salzburger Landesregierung, auf dem die gesamte Briefwahl-Auszählung des Innenministeriums öffentlich gemacht wurde.
Ab 12.15 Uhr tickerte oe24.at die Auszählung – ab da erlebte das ganze Land den Politthriller um die Präsidentenwahl live mit.
Um 12.22 Uhr vermeldete oe24, dass Van der Bellen bei der Auszählung mit 64,2 % in Führung liegt – und damit gewinnen wird. Binnen Sekunden verbreitete sich der Jubel der Grünen in den sozialen Netzwerken. Im Minutentakt klickten nun bis zu 1 Million (!) Besucher auf die oe24-Seite.
Doch für Van der Bellen wurde es zunehmend dramatisch:
Um 13.58 Uhr schmolz der Vorsprung bei den Briefwählern auf genau jene 60,4 %, die er für einen Minimal-Sieg gegen Hofer gebraucht hätte. Ein Zehntel weniger – und der Wahlsieg wäre doch noch verloren gewesen.
Um 14.45 Uhr drehte zuerst das Innenministerium das Salzburger Daten-Portal ab, dann krachte der oe24-Server sowie fast alle Nachrichten-Portale (von Standard bis Kurier) unter dem Ansturm der aufgeregten Wähler zusammen.
Um 15.31 Uhr meldete oe24 als Erster: „Van der Bellen ist Präsident!“ – da führte der Grüne bereits uneinholbar mit 16.000 Stimmen – und hatte das Unglaubliche geschafft: die 144.000 Stimmen Vorsprung von Hofer waren eingeholt.
Um 16.21 Uhr gestand Norbert Hofer auf Facebook offiziell seine Niederlage ein.Wien. Sicher war es erst am Montag um 16.50 Uhr. Innenminister Wolfgang Sobotka verkündete im Festsaal des Innenministeriums vor Dutzenden Kameras und hundert Journalisten das historische Endergebnis: Alexander Van der Bellen, 72, hat es geschafft. Die Zitterpartie um die Wahlkartenwähler ging an ihn: 50,3 Prozent zu 49,7 Prozent. Letztlich lag Alexander Van der Bellen 31.026 Stimmen vorne – ein Bangen bis zuletzt.
Doch die offizielle Bekanntgabe verzögerte sich noch um eine Stunde. Weil Innsbruck sich verzählte, musste ganz Österreich warten.
Erst um 16.44 Uhr verkündete Innenminister Sobotka die Sensation: „Hofer 2.223.458 Stimmen, 49,7 % – Van der Bellen 2.254.484 Stimmen.
Nach 34 Stunden Wahlkrimi war letztlich „weißer Rauch“ aufgestiegen. Der Kettenraucher Van der Bellen zündete sich seine 24. Zigarette an diesem Montag an, blies den Rauch genüsslich aus der Nase und seufzte: „Es ist geschafft!“
Mit exakt 31.026 Stimmen
Endergebnis der Hofburg-Wahl
So wählte Ihre Gemeinde
V. d. Bellen. Präsident der „zwei Hälften“
In der ersten Rede des neuen Bundespräsidenten ging es um Versöhnung.
- Van der Bellen über das gespaltene Land: „Es wurde viel über aufgerissene Gräben in unserem Land gesprochen. Ich möchte das nicht dramatisieren. Die Gräben haben schon länger bestanden. Vielleicht haben wir nicht genau hingeschaut.“
- ... über das Wahlergebnis: „Ich finde, man kann den Gleichstand auch so sehen: Wir sind eben gleich. Es sind zwei Hälften, die Österreich ausmachen. Die eine ist so wichtig wie die andere.“
- ... über seine Amtszeit: „Mein Ziel ist es, ein konstruktives Gegenüber zu Regierung und Parlament zu sein. In sechs Jahre sollen möglichst alle Menschen sagen können: Ja, mir geht es gut oder sogar besser.“
- ... über seine Partei: „Ich werde ein überparteilicher Bundespräsident sein, für alle Menschen in diesem Land. Das erfordert, dass ich ab heute meine Mitgliedschaft bei den Grünen ruhend stelle.“
- ... über Österreich: „Ich glaube, dass Österreich ein großes Land ist und viel geleistet hat und noch viel leisten wird. Ich glaube auch an die Zusammenarbeit der Menschen in diesem Land.“