Europa trifft Entscheidung

Präsident reist zum Rapport nach Brüssel

23.03.2013

In Nikosia wurde Samstag über den Sparplan gefeilscht. Heute wollen die Euro-Finanzminister entscheiden.

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Bis Samstagnachmittag beriet die Geldgeber-Troika – EU, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds – mit Zyperns Regierung. Hauptknackpunkt: Die umstrittene Zwangsabgabe auf Sparkonten. Die Regierung schlägt vor, Geldeinlagen über 100.000 Euro des größtes zypriotischen Geldinstituts „Cyprus Bank“ mit 22 bis 25 Prozent zu belasten. Dort sollen die meisten russischen Oligarchen ihr Geld geparkt haben.

Fekter und Euro-Minister entscheiden in Brüssel
Es liegen aber auch Überlegungen vor, alle Bankeinlagen ab einer bestimmten - bisher nicht genannten Höhe - mit zehn Prozent zu belasten. Gibt es in diesem Punkt eine positive Abstimmung im Parlament, will Zyperns Präsident Nikos Anastasiades nach Brüssel fliegen.

Dort tagen heute Abend die Finanzminister der Euro-Zone, Österreichs Ministerin Maria Fekter sitzt mit am Tisch (siehe Kasten). Was Anastasiades präsentieren wird, könnte so aussehen:

  • Zypern schafft einen Solidaritätsfonds zur Rekapitalisierung der Banken. Daran wird sich auch Zyperns Kirche beteiligen. Ein Belasten der Renten wird es aber nicht geben (bereits Freitag beschlossen) .
  • Strengste Kapitalverkehrskontrollen werden eingeführt. Ein massiver Geldabfluss aus Zypern muss unter allen Umständen verhindert werden.
  • Den größten Finanzbrocken könnte schließlich die Sonderabgabe auf Bankkonten bringen. Ein erstes Paket mit einer Zwangsabgabe auch für Kleinsparer war allerdings am vergangenen Dienstag im Parlament gescheitert.

11 Milliarden Notkredite stehen für Zypern bereit
Um ein Rettungspaket von EU und IWF von elf Milliarden Euro zu erhalten, muss Zypern selbst 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen. Die EU hat dem Land dafür eine Frist bis Montagabend gesetzt

Akzeptieren die Euro-Finanzminister die Sparvorschläge aus Nikosia, könnten schon rasch die Notkredite fließen. Der erste Crash eines Landes der Euro-Zone wäre damit (vorerst) vom Tisch. Alls hängt aber davon ab, ob das Parlament der Urlaubs-Insel die bittere Sparpille schluckt.

EU: "Wir rechnen das nach"

Gestern Nachmittag tagte im Kanzleramt in Berlin eine Krisensitzung. Dass Zyperns Regierung erst am Samstag mit schriftlichen Unterlagen zu ihrem Sparprogramm ausrückten, echauffierte nicht nur Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel.

Berlins Finanzminister, Wolfgang Schäuble, ärgerte sich – wie zuvor bereits Frankreichs Pierre Moscovici – dass „wir die Nachrichten zu Zypern nur aus den Medien erfahren“. Auch die Troika ist pikiert, dass erst Zyperns Präsident Anastasiades ihnen die Unterlagen der Regierungsbeschlüsse zu den geforderten Sparmaßnahmen überreichte.

Hinter den Kulissen hat die Troika jedenfalls bereits klar gemacht, dass sie die „Beschlüsse ganz genau kontrollieren“ werden. Das Misstrauen sitzt tief.

Eurogruppenchef nun im Visier der Finanzminister
Heute Abend soll jedenfalls Zyperns Präsident zur Sitzung der Euro-Finanzminister dazustoßen. Auch vergangene Woche war Anastasiades bereits im Kommissionsgebäude in Brüssel und wollte den Finanzminister die Lage seines Landes selbst erklären.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem lehnte ab: „Das machen wir dann im kleinen Kreis aus“, erklärte er den Finanzministern aus den kleineren Ländern.
Sein Vorgänger Jean-Claude Juncker ätzt bereits über Dijsselbloem: „Ich hätte die Zypern-Krise anders gehandhabt“.

Nur Cash zählt noch
Ö-Reporterin Martina Stranzl ist in Zypern

Wie lebe ich in einem Land, in dem nur Cash zählt? Onlinebanking geht nicht. Überweisen ist auch nicht möglich. Nur an Bankomaten darf abgehoben werden, ein Spießrutenlauf

Meist lange Schlangen genervter Sparer, dazwischen Russen, die hektisch von Bankomat zu Bankomat eilen, um ihr Erspartes rauszudrücken. Zwischen 260 und 800 Euro sind pro Maschine und Karte pro Tag möglich.

ÖSTERREICH-Report aus Zypern
Die Geldlaster der Banken sind permanent unterwegs um regelmäßig nachzufüllen. Trotzdem kommen oft keine Hunderter mehr raus. Meist nur noch Zehner und Zwanziger. Dafür haben sich die Proteste wieder beruhigt. Freitag brannten noch deutsche Flaggen, Wutreden wurden gehalten. Samstag war Nikosia fast menschenleer.

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