Burschenschafter
Prammer unglücklich mit Grafs Olympia-Banden
10.10.2008
Die Nominierung des Freiheitlichen Burschenschafters fürs Amt des Dritten Nationalratspräsidenten bereitet einigen Politikern Unbehagen.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer von der SPÖ hat sich am Freitag mit dem von der FPÖ als Dritten Nationalratspräsidenten nominierten Burschenschafter Martin Graf getroffen. Danach bekräftigte Prammer zwar grundsätzlich das Vorschlagsrecht der FPÖ für das dritte Präsidentenamt, kritisierte aber die Mitgliedschaft Grafs in der deutschnationalen Burschenschaft "Olympia". Graf selbst wollte sich nicht äußern und will erst kommende Woche an die Öffentlichkeit treten.
NR-Präsident heikler Job
Graf war zwar von SPÖ und Grünen
zum Vorsitzenden des Banken-Untersuchungsausschusses gewählt worden, gegen
seine Kür zum Dritten Nationalratspräsidenten gibt es aber Widerstände.
Grund: Der FPÖ-Mandatar ist Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft
"Olympia", die vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes
als rechtsextrem eingestuft wird. Außerdem soll Graf als Ordner beim
Auftritt des deutschen Rechtsextremisten Reinhold Oberlercher am Wiener
Juridicum im November 1987 fungiert haben.
Juden als "bakterielle Krankheitserreger"
Oberlercher
vertrat damals die Ansicht, dass sich "der Jude auf Gedeih und Verderb
anpassen" müsse, um "nicht als bakterieller Krankheitserreger ausgeschieden"
zu werden. Moderiert wurde die Veranstaltung laut "profil" vom nunmehrigen
FPÖ-Abgeordneten Harald Stefan. Graf hat sich dazu bisher nicht geäußert.
Auch am Freitag wollte er keine Stellung nehmen. Er will erst kommende Woche
nach Gesprächen mit allen Parlamentsparteien an die Öffentlichkeit treten.
Prammer nicht glücklich
Prammer verteidigte das
Vorschlagsrecht der FPÖ "für den oder die dritte Präsidentin des
Nationalrates". "Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass der drittstärksten
Partei dieses Amt zukommt", so die Sozialdemokratin. Die Mitgliedschaft von
Graf in der "Olympia" missfalle ihr aber weiterhin. "Für mich ist ganz
besonders wichtig, dass das Selbstverständnis der österreichischen Republik
was ihre Vergangenheit betrifft, nicht in Frage gestellt wird", so Prammer.
Fonds für NS-Opfer
Außerdem verwies sie darauf, dass das
gesamte Präsidium des Nationalrates im Kuratorium des Nationalfonds und des
Entschädigungsfonds für NS-Opfer vertreten ist: "Diese Arbeit ist äußerst
sensibel und für die Reputation der Republik wichtig und notwendig." Auch
Graf wäre in diesen Gremien vertreten.
Gewählt wird das neue Nationalratspräsidium bei der konstituierenden Sitzung am 28. Oktober. Die Grünen lehnen die Kür Grafs ab, auch einige SPÖ-Abgeordnete haben bereits angekündigt, gegen den Freiheitlichen zu stimmen. Allerdings würden bei der geheimen Abstimmung auch die Stimmen von ÖVP, FPÖ und BZÖ zur Wahl Grafs ausreichen.
Mauthausen-Komitee warnt
Das Mauthausen Komitee Österreich und
die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen warnen vor Grafs Wahl zum
Dritten Nationalratspräsidenten. Er habe ein "fragwürdiges Verhältnis zum
Nationalsozialismus", finden die beiden Organisationen. Das mache ihn "für
eines der höchsten Staatsämter völlig ungeeignet".
Die Olympia habe eine "mehr als hundertjährige deutsch nationale und antisemitische Tradition", so MKÖ und ÖLM. Sie bezweifeln, dass Graf über eine "unzweifelhaft demokratische Gesinnung" verfüge.
Olympia auf Tauchstation
Der Olympia ist der Medienrummel um ihr
Mitglied Graf mittlerweile offenbar zu viel geworden: Die Burschenschaft hat
ihre Homepage vom Netz genommen. Im Internet geblieben ist nur noch eine
kurze Begrüßung und der Hinweis, dass die zahlreichen Nennungen der
Burschenschaft in den Medien zu einem rasanten Anstieg der Zugriffe geführt
habe, für die der Server nicht ausgelegt gewesen sei. Die Homepage, auf der
bis vor kurzem u.a. noch das Bekenntnis der Olympia "zur deutschen Volks-
und Kulturgemeinschaft" nachzulesen war, soll nun neu gestaltet werden, "da
wir mit einer weiteren Bewerbung unserer Burschenschaft durch den Rundfunk
rechnen".