ÖSTERREICH-Interview

Pröll: "Lebensplanung sieht anders aus"

06.09.2014

Der ÖVP-Landesfürst im Sommer-Gespräch über 
Hofburg, Schule, Steuerreform.

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© TZ ÖSTERREICH/Singer
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„Meine Lebensplanung sieht anders aus.“ Teil eins des ÖSTERREICH-Interviews mit Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hatte am Donnerstag wie eine Bombe eingeschlagen. Erstmals hatte Pröll dezidiert eine Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl 2016 ausgeschlossen.

Heute, Freitag, lesen Sie das ganze Sommergespräch mit dem mächtigen ÖVP-Landesfürsten:

ÖSTERREICH: Herr Landeshauptmann, man sagt, Sie wären über die neue Regierungsspitze mit Mitterlehner und Schelling nicht wirklich glücklich.
PRÖLL: Wer sagt so einen Schwachsinn?

ÖSTERREICH: Eigentlich alle Zeitungen.
PRÖLL: Das können Sie vergessen. Eine Besetzung einer derartig wichtigen Position ist ja keine Brautschau nach regionalen Kriterien. Da muss der Beste ran, den wir haben.

ÖSTERREICH: Und Mitterlehner ist der Beste?
PRÖLL: Keine Frage! Mitterlehner ist eindeutig die beste Wahl. Und das hat sich in den ersten Tagen ja schon gezeigt. Das Echo bei den Menschen ist enorm positiv.

ÖSTERREICH: Und Sie waren auch nicht gegen Schelling als Finanzminister?
PRÖLL: Keine Rede! Ich wurde ausführlich gefragt und war definitiv für ihn. Ich kenne ihn sehr lange als einen sehr kompetenten und politischen Mann, der von der Privatwirtschaft bis in die Politik perfekte Arbeit geleistet hat. Auch er ist der beste Mann für diesen Job. Wir hatten schon ein ganz ausgezeichnetes Gespräch. Er gibt ordentlich Gas.

ÖSTERREICH: Aber es hat früher gekracht zwischen Ihnen beiden?
PRÖLL: Ganz ehrlich: Wir hatten Auseinandersetzungen zur Spitalsstruktur in Niederösterreich. Aber harte Auseinandersetzungen in Finanzfragen sind das Natürlichste der Welt. Wir haben das korrekt und vernünftig gelöst. Da ist nicht die Spur von einem Bad Feeling.

ÖSTERREICH: Sie haben als wichtigster VP-Politiker zum Thema Steuersenkung lange geschwiegen.
PRÖLL: Es hat mich niemand aus den Medien gefragt. Meine Meinung war offenbar nicht wichtig.

ÖSTERREICH: Na dann: Sind Sie für eine Steuersenkung 2015?
PRÖLL: Eine Steuerreform ist wichtig. Dass wir den Eingangssteuersatz so schnell wie möglich senken müssen, damit die Bürger wieder mehr Netto haben, ist gar keine Frage. Die Frage ist nur: Wann ist das möglich, ohne dem Staat und den Menschen Schaden zuzufügen? Und da wäre eine Möglichkeit, die Steuerreform in Etappen durchzuführen.

ÖSTERREICH: Das heißt?
PRÖLL: Möglichst schnell beginnen – aber mit Maßen. Und mittelfristig eine wirklich große Steuerreform schaffen, die man in zwei bis drei Etappen bis 2016 oder 2017 ohne Weiteres umsetzen kann. Es muss endlich Schluss mit dem Geplapper sein. Die Steuerdebatte hat dem Wirtschaftsstandort Österreich mit Sicherheit nicht gutgetan.

ÖSTERREICH: Sie meinen die Diskussion um die Millionärssteuer?
PRÖLL: Mit solchen Plattitüden fange ich nichts an. So ein populistischer Unsinn, der nichts bringt und nur dem Wirtschaftsstandort schadet, darf auch nicht kommen. Der Herr Bundeskanzler sollte sich schön langsam fragen, welchen Anteil er am Rücktritt des Finanzministers Spindelegger hat.

ÖSTERREICH: Faymann ist an Spindeleggers Rücktritt schuld?
PRÖLL: Ich meine, sehr entscheidend für diesen Rücktritt war schon auch, dass der abgetretene Finanzminister sehr den Eindruck hatte, sein Regierungspartner lässt ihn im Regen stehen und tätigt nur von der Loge aus populistische Zwischenrufe.

ÖSTERREICH: Mit dem Neustart der Regierung sind Sie zufrieden?
PRÖLL: Sehr. Mitterlehner und Schelling waren in den ersten Tagen sehr dynamisch, sehr konstruktiv.

ÖSTERREICH: Wäre jetzt nicht auch ein Neustart in der Bildungsreform fällig?
PRÖLL: Unbedingt. Das Wichtigste wäre, die Schulen endlich von der bürokratischen Last zu befreien. Ich bleibe dabei: Die gesamte Schulverwaltung sollte so rasch wie möglich auf Länderebene abgewickelt werden, der Bund soll sich auf Bildungsziele und Inhalte konzentrieren. Das würde das bringen, was wir brauchen: weniger Bürokratie, mehr Schulautonomie und bis zu 35 Millionen Einsparung im Jahr.

ÖSTERREICH: Sind Sie für eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen wie Platter?
PRÖLL: Ich bin zunächst für eine Verlängerung der Volksschule auf sechs Jahre, damit die Entscheidung nicht so frühzeitig fällt. Und dann bin ich für eine offene, nicht verkrampfte Diskussion. Die AHS als Eliteschule hat schon weiter ihren Sinn. Aber die Neue Mittelschule soll offen diskutiert werden. Es geht beides.

ÖSTERREICH: 2016 steht die Bundespräsidentenwahl an. Werden Sie für die ÖVP kandidieren?
PRÖLL: Meine Lebensplanung ist eine andere.

ÖSTERREICH: Dezidiertes Nein?
PRÖLL: Bitte zuhören: Meine Lebensplanung sieht anders aus.

ÖSTERREICH: Man hat aber den Eindruck, Politik macht Ihnen nach wie vor Freude.
PRÖLL: Das freut mich, wenn das Ihr Eindruck ist.

Interview: Wolfgang Fellner

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