Kehrtwende
Pröll nennt Fischer "nicht unabhängig"
24.07.2009
Am Donnerstag hat es noch dickes Lob vom ÖVP-Chef für den Bundespräsidenten gegeben - Am Freitag sitzt ihm schon die eigene Partei im Nacken.
ÖVP-Chef Josef Pröll relativiert nun seine als Lob interpretierten Aussagen über Bundespräsident Heinz Fischer, attestiert ihm eine SPÖ-Schlagseite und sendet deutliche Signale für einen ÖVP-Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen. "Um das ein für alle Mal klarzustellen: In der ÖVP ist die Option für einen eigenen Kandidaten oder eine Kandidatin für dieses wichtige Amt absolut aufrecht", so Pröll. Konkrete Entscheidungen sollen "möglichst spät im Herbst" fallen, um "den Wahlkampf sehr kurz zu halten".
"Nichts auszusetzen"
Pröll hatte dem amtierenden
Präsidenten davor eine "sehr bürgernahe Politik" bescheinigt und gemeint,
"in puncto Gleichbehandlung der Parteien" gebe es "nichts auszusetzen".
Prompt wurde ihm das in Medien als Lob für Fischer und ein Hinweis, dass
dieser als gemeinsamer Kandidat in die Wahl im April 2010 geschickt werden
könnte, ausgelegt.
"Parteipolitische Sager"
Also trat der Vizekanzler und
Finanzminister umgehend an, um festzuhalten: Gar so zufrieden sei man mit
Fischer auch wieder nicht. "Heinz Fischer kommt aus dem Zentrum der SPÖ. Es
hat auch in seiner Amtsführung parteipolitische Stellungnahmen abgegeben,
die manchen in der ÖVP und auch mir durchaus aufgestoßen sind. Etwa zum
Schulsystem, zur Vermögensbesteuerung, zuletzt beim Gewerkschaftstag."
"Nicht unabhängig"
Dass Fischer sich im Falle
einer Wiederkandidatur als unabhängiger Kandidat positionieren will, nimmt
ihm Pröll nicht ab. "Wenn er aus dem Herzen der SPÖ kommt, kann man durch
fünf Jahre Tätigkeit als Bundespräsident diese jahrzehntelange Vergangenheit
nicht einfach wegwischen."
"Absolute Option"
Für Pröll liegt auf der Hand, "dass
eine große Volkspartei wie die ÖVP natürlich in Betracht ziehen muss, dass
dieses wichtige Amt - das in der Vergangenheit auch von vielen von der ÖVP
nominierten Kandidaten eingenommen wurde - eine absolute Option sein muss".
Hinweise darauf, wen man ins Rennen schicken könnte, gibt er weiterhin nicht
preis. Zu seinem Onkel, dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin
Pröll, hält der Parteichef einmal mehr fest: "Er ist sicher einer, der diese
Funktion jederzeit bravourös und für Österreich bestmöglich ausfüllen kann.
Programmierte Niederlage?
Dass ein ÖVP-Kandidat - oder eine
Kandidatin, das Geschlecht spielt laut Pröll "keine vordergründige Rolle" -
durch den Amtsbonus Fischers von vornherein als Verlierer antreten würde,
glaubt er nicht: "Das ist kein geschriebenes Naturgesetz. Wenn man bessere
Leute hat, können sie auch gewinnen."