ÖSTERREICH-Interview
Pröll: Warum ich nicht kandidiere
13.10.2009
Erwin Pröll sagt in ÖSTERREICH, warum er nicht Kandidat für die Präsidentenwahl wird. Und warum er einen „bürgerlichen Kandidaten“ will.
ÖSTERREICH: Fast alle in der Politik hatten damit gerechnet, dass Sie
als Bundespräsidentschaftskandidat antreten werden. Warum treten Sie jetzt
doch nicht an?
Erwin Pröll: Diese Spekulationen wurden ja durch
die Nicht-Entscheidung des amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer vor
dem Sommer ausgelöst. Es ist während des gesamten Sommers eine Spekulation
gewesen, und daraus wurde in den letzten Wochen eine breite Diskussion. In
Niederösterreich habe ich gespürt, dass es eine immer größere Verunsicherung
gibt. Und da ich es gewohnt bin, Klartext zu reden und die Bevölkerung nicht
im Unklaren zu lassen, habe ich mich jetzt erklärt.
Weil Sie gespürt hatten, dass man will, dass Sie im Land bleiben?
In
den vergangenen Monaten sind alle Parteien bis auf die Grünen an mich
herangetreten, um mir zu sagen, dass es sinnvoll wäre, wenn ich als
Gegenkandidat von Heinz Fischer für die Hofburg antrete. Ich betone: auch
Vertreter der SPÖ. Viele haben mir gesagt, dass ich große Chancen hätte, den
amtierenden Präsidenten abzulösen. Da hat das Nachdenken begonnen. Natürlich
wäre es reizvoll gewesen, das Amt mit neuen Impulsen auszufüllen. Aber auch
in Niederösterreich geht die internationale Wirtschaftssituation nicht
spurlos an uns vorbei. Und in einer derartigen Situation verlässt man sein
Land nicht.
Aber wünschen Sie sich weiter einen „aktiveren Präsidenten“?
Ja. Das ist auch der Grund, warum ich überzeugt bin, dass es gut wäre, wenn
die ÖVP eine Alternative zu Fischer aufstellt.
Das heißt, Sie wollen, dass die ÖVP einen eigenen Kandidaten aufstellt?
Ja,
die ÖVP soll einen eigenen Kandidaten aufstellen. Fischer wird in der
breiten Bevölkerung als Parteikandidat wahrgenommen. Und eine staatstragende
Partei, die sich anschickt, in absehbarer Zeit den Kanzler zu stellen, darf
bei einer bundesweiten Wahl nicht absent sein.
Wie hätten Sie das Amt des Bundespräsidenten geführt?
Mutiger,
dynamischer. Eine offene Hofburg, in die jeder kommen kann, wo der Präsident
aber auch hinausgeht zu den Menschen und in kritischen Situationen offen
sagt, wo es langgeht. So wie Kirchschläger auch mal mutige Worte findet. Ich
fürchte, dieses Amt erstickt mehr und mehr im Protokollarischen – und wenn
Heinz Fischer dieses Amt sechs Jahre weiter so führt, dann werden viele
Leute zu Recht die Frage stellen, wofür es einen Bundespräsidenten in diesem
Land überhaupt noch braucht.
Das heißt: Die ÖVP muss unbedingt einen eigenen Kandidaten aufstellen!
Das
würde ich sehr empfehlen. Ein Präsident, der nach sechs Jahren Amtszeit nur
52 Prozent Zustimmung hat, ist abwahlreif. Jeder Landeshauptmann hat
Zustimmungswerte jenseits der 80 Prozent.
Es gibt verstärkt das Gerücht, dass ÖVP und FPÖ einen gemeinsamen
Kandidaten aufstellen könnten …
Ich halte es bei einer
entsprechenden Persönlichkeit für absolut überlegenswert, einen gemeinsamen
Kandidaten von ÖVP und FPÖ, also einen gemeinsamen bürgerlichen Kandidaten
aufzustellen.
Und könnte dieser gemeinsame Kandidat Fiedler heißen?
Franz Fiedler ist eine Persönlichkeit. Er hat in seiner Amtszeit als
Rechnungshofpräsident gezeigt, dass er absolut überparteilich agiert, mutig
ist – natürlich wäre er ein hervorragender Kandidat. Aber ich kenne noch
weitere, die ich dem ÖVP-Chef nennen werde.
Und Sie kandidieren dann 2016?
Mein Lieber, keiner kann
heute sagen, wo er 2016 sein wird. Ich bin dann 69 und in einem Alter, wo
man in Pension geht. Das Kapitel Hofburg ist für mich mit der heutigen
Entscheidung abgehakt. Ganz ehrlich.
War es eine emotionale Entscheidung?
Es war eine
Herzensentscheidung für mein Land, in dem mich 550.000 Menschen gewählt
haben. Emotional fiel die Entscheidung letzten Sonntag in der Kirche bei der
Geburtstagsfeier für den evangelischen Superintendenten, der sagte: „Lieber
Erwin, ich habe nur einen Geburtstagswunsch: Bleib in Niederösterreich!“ Als
dann Hunderte Menschen aufgestanden sind und applaudiert haben, da hab ich
gewusst: Ich muss mit dem Herzen entscheiden – für das Land …
Und auch für die Familie?
Meine Tochter hat mir gerade
ein SMS gesandt: „Lieber Paps! Danke, dass du dich so entschieden hast, wir
lieben dich!“ Das sind die Dinge, die wirklich zählen im Leben...