Rede zum "Projekt Ö"

Pröll will schnelles Aus für "Hackler"

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Der Finanzminister will statt neuer Steuern lieber sparen und dabei auch den Koalitionspfad verlassen.

ÖVP-Finanzminister Josef Pröll will die Hacklerregelung vorzeitig auslaufen lassen und stellt damit die im Regierungsprogramm vereinbarte Frist bis 2013 infrage. Bei seiner Rede am Mittwoch, in der er seine "Agenda für ein neues Wachstum" präsentierte, verwies er auf hohe Kosten durch die Langzeitversichertenregelung, die "ich nicht vertreten kann": "Wir müssen hier unverzüglich handeln." Vom Koalitionspartner SPÖ kommt eine Absage: Werner Faymann will nicht an der Hacklerregelung rütteln. Auch ÖAAB und FCG sind gegen ein früheres Hackler-Aus, allerdings räumt man beim ÖAAG Handlungsbedarf ein.

In der "ZiB2" wollte Pröll dieses Nein angesichts der Budgetnöte nicht hinnehmen und rief den Koalitionspartner zu Verhandlungen auf.

Neugierige konnten schon am Dienstag aufgrund einer ÖVP-Panne Teile der Pröll-Rede im Internet sehen.

"Heilige Kühe" schlachten
Für die Budgetkonsolidierung, die ab 2011 greifen soll, werde man wohl auch "Heilige Kühe" schlachten müssen, kündigte Pröll an. Er wünscht sich etwa ein einheitliches Dienstrecht für alle öffentlichen Bediensteten in Gemeinden, Ländern und Bund. Kommendes Jahr soll ein "Konklave" zur Verwaltungsreform so lange tagen, "bis weißer Rauch aufsteigt".

Hacklerregel kostet Milliarden
Die Verlängerung der Hacklerregelung bis 2013 verursache "über zwei Milliarden Mehrkosten, das sind bereits jetzt 700 Millionen Euro mehr als ursprünglich vorgesehen. Diese Kostenexplosion ist nicht vertretbar." Generell müsse das Zusammenspiel der diversen Modelle für den vorzeitigen Ruhestand mit regulärer Pension "neu geordnet werden", so Pröll weiter, man müsse die Pensionsreform von 2003 "wirken lassen". Denn das System werde "durch eine Reihe von Ausnahmeregelungen völlig aus dem Gleichgewicht gebracht", so Pröll vor rund 400 Gästen im Finanzministerium. Ziel müsse sein, "dass mehr Menschen das Regelpensionsalter auch tatsächlich erreichen". In Bezug auf die anstehende Pensionserhöhung rief Pröll in Richtung der Pensionisten nach "generationenübergreifender Solidarität", die genügend Spielraum für die Zukunft lassen müsse.

Gigantische Schulden
Pröll legte zum Einstieg seiner Rede einige Zahlen vor: "190 Milliarden Schulden, drei Milliarden Neuverschuldung in einem Jahr, acht Milliarden Euro nur für Zinszahlungen im Jahr 2009". Der "Weg zurück zu gesunden Staatsfinanzen" sei "ohne Alternative". Konkrete Zahlen, wann und wie der Schuldenberg abgebaut werden soll, kamen indes nicht. Zum Zeitplan meinte der Finanzminister, dass es 2010 darum gehe, den "Aufschwung zu stabilisieren", ab 2011 müsse dann "die Konsolidierung wirksam werden". Dafür müsse man nun mit den Vorarbeiten "energisch" beginnen, die Ausgaben "überdenken" und dabei wohl auch "die eine oder andere Heilige Kuh schlachten".

"Keine neuen Steuern" ...
Weiterhin nämlich gilt für Pröll das Credo "keine neuen Steuern" und setzt er große Hoffnungen in die Verwaltungsreform als Kostendämpfer. Diese müsse "Chefsache" werden, und damit auch wirklich etwas daraus wird, wünscht er sich kommendes Jahr "auf Basis der Expertenergebnisse" eine "Art Konklave": Bundeskanzler, Finanzminister, Landeshauptleute und Gemeinde- sowie Städtebund sollen "verhandeln, bis weißer Rauch aufsteigt", sprich, ein Ergebnis vorliegt.

... sondern Verwaltungsreform
Pröll will unter anderem in Richtung eines "gemeinsamen öffentlichen Diensts für Österreich", und zwar für alle Körperschaften, gehen: Darüber sollen Bund, Länder, Gemeinden und Gewerkschaften verhandeln. Weiteres Prinzip: "Entscheidungs- und Finanzierungsverantwortung müssen in einer Hand liegen." Im Klartext: Zahlt der Bund für eine Leistung im Land, muss er auch das Sagen haben - oder umgekehrt.

Geld für Ganztagsschulen
Der Finanzminister sprach sich auch für den Ausbau von Ganztagsschulen aus, er werde dafür auch zusätzliches Geld in die Hand nehmen. Unter die Lupe nehmen will er das seiner Ansicht nach intransparente System von Sozialbeihilfen.

"Transferkonto" pro Haushalt
Unter dem Schlagwort "solidarische Leistungsbereitschaft" stößt sich Pröll daran, dass viele Nicht-Steuerzahler Anspruch auf diverse Transferleistungen hätten, Steuerzahlende dagegen nicht. Um hier "mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit" zu schaffen, schlägt er ein "Transferkonto" vor, auf dem "alle staatlichen Beihilfen pro Haushalt zusammengeführt" werden. Derzeit gebe es keinerlei Überblick darüber, wer was von Bund oder Land beziehe, argumentiert man im Finanzministerium.

Die internationale Finanzwirtschaft hat nach Ansicht Prölls kaum Lehren aus der Krise gezogen, die "Motivation zu einer Reform" halte sich "in Grenzen", bedauerte er. Kritik übte er an den G-20, die nicht "eine Art Weltwirtschaftsregierung" werden dürften. Weiterhin will er sich für eine europaweite Finanztransaktionssteuer einsetzen, ebenfalls auf europäischer Ebene müsse man über "neue Wege zum Schutz von Kundengeldern" bei Banken nachdenken, um bei Häusern mit kritischer Größe zwangsläufige staatliche Übernahmen zu verhindern.

Für die nächsten Wochen stellte er ein "Aufsichts- und Vertrauenspaket" für den Finanzsektor in Aussicht: Das Risiko von Anlageprodukten müsse für Endkunden "klar erkennbar gemacht werden". Die Finanzmarktaufsicht soll erweiterte Ermittlungsbefugnisse erhalten, unter anderem mit Bilanzaufsicht für an der Wiener Börse notierten Unternehmen sowie Hausdurchsuchungen auch ohne Staatsanwaltschaft. Als "temporäre Maßnahme" kündigte er staatliche Rückgarantien für private Kreditversicherer an, um die Exportwirtschaft zu stärken.

Nobelpreis für Österreich
Auch das Dauerbrenner-Thema Gesundheit streifte Pröll in seiner Rede, er will die vielbeschworene Finanzierung aus einer Hand: "Alle Finanzierungsquellen werden in einem Topf zusammengeführt und von dort aus nach einem einheitlichen Maßstab verrechnet." Im Bereich Forschung und Entwicklung tritt er für ein Forschungsfinanzierungsgesetz ein und will in den kommenden zwei Jahren 70 Millionen Euro für "verbesserte Rahmenbedingungen" für Risikokapital in Forschung und Entwicklung sowie "kapitalstärkende Instrumente" zur Verfügung stellen. Er wünscht sich nämlich bald einmal einen Nobelpreis für österreichische Wissenschafter.

Rede ohne SPÖ-Gäste
Rund 400 Gäste vornehmlich aus Regierung und Politik, Wirtschaft, aber auch Vertreter der Glaubensgemeinschaften hatten sich im Finanzministerium eingefunden, um Prölls groß angekündigter Rede zu lauschen. Naturgemäß nicht vertreten war die SPÖ-Regierungsriege, da zeitgleich das SPÖ-Präsidium stattfand. Pröll bedauerte in einem kleinen Seitenhieb, dass "nicht alle, die eingeladen wurden, gekommen sind". Grundsätzlich betonte er, zum Regierungspartner zu stehen, denn: "Weil es keine Alternative zu dieser Koalition gibt, gibt es für mich auch keine Alternative zu einer ordentlichen Zusammenarbeit in dieser Koalition."

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