Eine neue Prognose, ein neuer Schock. Laut EU wird die Wirtschaft in Österreich heuer um vier Prozent schrumpfen. Prölls Budget wurde aufgrund viel besserer Zahlen erstellt.
In ganz Europa schlägt die Krise viel härter zu als bisher angenommen. Die EU-Kommission veröffentlichte am Dienstag neues Zahlenmaterial, das die bisher pessimistischsten Prognosen übertrifft. Demnach wird es noch heuer in Österreich einen Wachstumseinbruch von vier Prozent geben –das ist genau der Durchschnitt aller anderen EU-Länder.
Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf den Staatshaushalt. In Österreich wird das Defizit laut EU heuer auf 4,2 Prozent steigen, 2010 sogar auf 5,3 Prozent. Damit scheint klar: Das heimische Doppelbudget für 2009 und 2010 wurde aufgrund viel zu optimistischer Zahlen berechnet.
Zu optimistisch
Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) ging bei seinen
Kalkulationen noch von der WIFO-Prognose (Österreichisches Institut für
Wirtschaftsforschung) von März aus, wonach der BIP-Rückgang heuer nur 2,2
Prozent und nächstes Jahr 2,7 Prozent betragen würde. Folglich sind die
Zahlen für das Defizit im Budget ebenfalls noch (nach heutigem Stand)
unrealistisch gering: nur 3,5 Prozent für heuer und 4,7 Prozent für 2009. In
Prölls Budget wird das Defizit mit 9,8 Milliarden Euro beziffert. Aufgrund
der neuen EU-Daten könnte es aber fast 12 Milliarden betragen – Prölls
Rechnung wäre also um rund zwei Milliarden Euro zu optimistisch ausgefallen.
Noch keine Konsequenzen
Trotz der neuen Entwicklungen soll der
Haushalt aber in seiner jetzigen Form am 29. Mai beschlossen werden. „Das
Budget wird aufgrund von WIFO-Daten erstellt. Die nächste Prognose des WIFO
gibt es erst im Juni, also nehmen wir die Zahlen der letzten Berechnungen“,
heißt es aus dem Finanzressort. WIFO-Experte Ewald Walterskirchen warnt
freilich schon vor möglichen Horrorzahlen. „Die Regierung sollte sich schon
darauf einstellen, dass die Budgetdefizite spürbar höher ausfallen werden.“
„Krise wirkt wie ein weltweites Erdbeben“
Das
Budget wird in der jetzigen Form also aller Voraussicht nach nicht halten,
die Zahlen sind schlimmer als angenommen. Welche Folgen wird das aber auf
die Bürger haben?
Ulrich Schuh vom Institut für Höhere Studien (IHS) analysiert für ÖSTERREICH: „Konkret wird sich das vor allem auf den Arbeitsmarkt auswirken. Es wird jene besonders treffen, die jetzt ihren Job verlieren und dann nur schwer etwas finden – das wird viele junge Menschen treffen. Es wird wieder mehr Kurzarbeit geben, das Thema Lohnverzicht wird größer werden“, so der Experte. Nachsatz: „Es wird im Laufe des Jahres noch viele persönliche Schicksale geben, weil die Krise in Österreich nachhinkt und jetzt erst voll zuschlägt.“ Überraschend sei vor allem, wie lange die Flaute bereits andauert. „Derzeit ist kein richtiger Aufschwung in Sicht. Diese Krise ist wie ein Erdbeben auf weltweiter Ebene. Vor kurzem waren solche Wachstumseinbrüche ja noch völlig unvorstellbar“, betont der IHS-Fachmann.
Gemeinsam mit seinen EU-Kollegen traf sich Finanzminister Pröll noch gestern, um Auswege aus der Finanzkrise zu beraten. Doch die Krise wird schwierig zu bewältigen sein. Schuh: „Aus heutiger Sicht wird dieses Jahr ganz schlimm – und das nächste kein gutes.“
ÖSTERREICH-Interview: WIFO-Experte Ewald Walterskirchen warnt: ÖSTERREICH: Wie ist die neue Prognose einzuschätzen? Ewald Walterskirchen: Derzeit ist jede Prognose noch schlimmer als die vorherige. Wenn es so kommt, hat das natürlich Auswirkungen aufs Budget: Das wird sich in niedrigeren Steuereinnahmen und geringeren Sozialversicherungsbeiträgen niederschlagen. Es werden aber auch höhere Arbeitslosengelder zu bezahlen sein. ÖSTERREICH: Was muss die Politik jetzt machen? Walterskirchen: Jetzt muss die Politik entscheiden, ob die bisherigen Konjunkturpakete reichen. Und die Regierung sollte sich schon darauf einstellen, dass die Budgetdefizite spürbar höher werden könnten. ÖSTERREICH: War die letzte WIFO-Prognose, aufgrund der das Budget entstanden ist, zu optimistisch? Walterskirchen: Damals war die Lage noch nicht so schlecht. Und man muss nicht immer vom Schlimmsten ausgehen. Denn je schlimmer die Erwartungen, desto schlechter ist auch die Stimmung, was sich wiederum negativ auswirkt. Im Juni gibt es die nächste Prognose. Das Risiko ist schon sehr groß, dass unsere letzte, optimistischere Prognose jetzt nicht mehr hält. |