Nächster Landesvater trägt die Linie von Niederösterreichs Erwin Pröll mit.
Seiner Ansicht nach sollen die Länder die Kompetenzen übernehmen.
Es war offenbar eine perfekte geplante Offensive der ÖVP-Landeskaiser.
Zeitgleich gaben Erwin Pröll und Josef Pühringer – die Landeschefs von
Nieder- und Oberösterreich vorgestern Abend Interviews. Pröll dem ORF,
Pühringer ÖSTERREICH.
Abgestimmt
Zeitgleich gingen beide in die Offensive: "Die
Schulverwaltung soll künftig Sache der Länder werden.“ Während Pröll seinen
Interview-Schwerpunkt auf die Beschäftigung der Lehrer legte ("Alle
Lehrer sollen in die Kompetenz der Länder wandern, auch die Bundeslehrer
sollen in Organisation, Besoldung und Anstellung von den Ländern übernommen
werden.“), ging Pühringer im Interview mit ÖSTERREICH noch einen Schritt
weiter.
Komplette Schul-Verantwortung
Pühringer fordert, dass die Länder
künftig die gesamte Schulverwaltung übernehmen. Er sagt im Interview
(unten): "Wir als Länder sind bereit, die komplette organisatorische
Verantwortung im Schulbereich zu übernehmen – wenn möglich bis zur Matura.
Der Bund soll nur noch für die bundesweit einheitlichen Lehrpläne zuständig
sein. Schulbauten, Schulverwaltung, Lehrer sollen in die Kompetenz der
Länder fallen.
Der Vorstoß von Pühringer und Pröll geht auf ein
Geheimgespräch zurück, das NÖ-Chef Pröll und Kanzler Faymann bereits Ende
Mai geführt haben. Dort einigten sich Pröll und Faymann auf einen "Schulgipfel“
im Herbst, der die Schulreform in Bewegung bringen soll.
Im Gespräch
zwischen Pröll und Faymann deutete sich folgender Kompromiss an: Die Länder
erhalten in Zukunft mehr Kompetenzen in der Schulverwaltung – vor allem bei
den Lehrern – die ÖVP stimmt im Gegenzug dazu der gemeinsamen Neuen
Mittelschule zu.
"Reform-Pakt“
Pröll übernahm es, bis zum "„Schulgipfel“
im Herbst eine gemeinsame Position der Länder zu koordinieren. Er hat diese
gemeinsame Position offenbar mit den vier Landes-Granden Niessl, Häupl und
Pühringer – seinen "best buddies“ – bereits abgestimmt. Die
Landeschefs Voves, Burgstaller und Dörfler sind offenbar noch nicht
eingebunden. Faymann umgekehrt hat seinen Kompromiss offenbar noch nicht mit
Bildungsministerin Claudia Schmied abgestimmt, die gestern aus allen Wolken
fiel und mit Rücktritt drohte.
Pröll und Pühringer haben Dynamik in die Schul- Diskussion gebracht.
Das Interview:
ÖSTERREICH: Stimmt es, dass die Landeshauptleute der ÖVP
die Verantwortung für Schule und Lehrer übernehmen wollen. JOSEF
PÜHRINGER: Das stimmt – und es ist höchste Zeit dafür. Wir
sind derzeit in einer Situation, wo die Schulreform seit Jahren
festgefahren ist – das ist nicht länger tragbar. Wir als Länder sind
bereit, die komplette organisatorische Verantwortung im Schulbereich
zu übernehmen – und zwar entweder, wie es unser Wunsch wäre, bis zur
Matura oder zumindest in einem erweiterten Pflichtschulbereich bis
zum 14. Lebensjahr. ÖSTERREICH: Das heißt im Detail
was – wo soll die Schule Bundes- und wo in Zukunft Ländersache sein? PÜHRINGER:
Der Bund soll nur noch regeln, was bundesweit einheitlich sein soll:
das Lehrerdienstrecht, die Lehrpläne und die Festsetzung der
Schulzeit. ÖSTERREICH: Und die Länder übernehmen dann
was? PÜHRINGER: Nach meiner Vorstellung würden die
Länder die komplette Schulorganisation übernehmen. Wie die Schule
läuft, wie sie organisiert ist, das Management aller Schulbauten und
vor allem die gesamte Kompetenz für die Lehrer. ÖSTERREICH:
Jedes Bundesland wäre dann für alle seine Schulen verantwortlich? PÜHRINGER:
Das ist mein Ziel. Der Bund macht die Lehrpläne, die bundesweit
einheitlich sein müssen – die Länder machen die Schulorganisation,
die Schulbauten und sind für alle Lehrer zuständig und zwar bis zur
Matura. Der Bund hat nur mehr die Zuständigkeit für die Hochschulen
und Unis – alle Schulkompetenzen wandern zu den Ländern. ÖSTERREICH:
Ist dieser Vorschlag mit den anderen Ländern koordiniert? PÜHRINGER:
Das ist die Position von Oberösterreich – aber ich bin mit Erwin
Pröll komplett auf einer Linie. Niederösterreich und Oberösterreich
sind beide einer Meinung, dass die Schulverwaltung und die Lehrer in
Zukunft Ländersache sein sollen. Erwin Pröll hat jetzt den Vorsitz
der Landeshauptleute-Konferenz, ich im nächsten Halbjahr 2011. Und
ich bin optimistisch, das wir die in Österreich so dringend nötige
Schulreform bis zum ersten Halbjahr 2011 als Einigung auf dem Tisch
haben. ÖSTERREICH: Wie soll eine Schulreform Ihrer
Meinung nach aussehen? PÜHRINGER: Ich bin dafür,
dass wir ein differenziertes Schulsystem beibehalten – das heißt das
Gymnasium soll bleiben, aber es soll dazu auch die Möglichkeit einer
Neuen Mittelschule für die 10- bis 14-Jährigen geben. Und zwar für
alle Schulstandorte, die das wünschen. Wichtig ist mir aber ein
neuer Grundsatz: Wir müssen in Zukunft die Stärken der Schüler
betonen und nicht so wie bisher auf den Schwächen der Kinder
herumreiten. Wir müssen anfangen, Talente zu fördern. Das muss das
Ziel der Schulreform und einer Neuen Mittelschule sein.
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