Elefantenrunde

Punktsieg für Hofer und Griss

21.04.2016

In der letzten TV-Schlacht um die Hofburg ging es heiß her.

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© APA/ Hochmuth
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Es war die entscheidende Schlacht vor der spannendsten Präsidenten-Wahl der Zweiten Republik.

Bei der ORF-Elefantenrunde saßen erstmalig alle sechs Kandidaten an einem Tisch. Inklusive Richard Lugner, der bei den ORF-Duellen nicht eingeladen war.

Richard Lugner war es auch, der als Erster Pfeffer in die Runde brachte. Nach etwas langsamem Beginn – jeder Bewerber durfte den eigenen Wahlkampf loben – entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch, als der Baumeister Favoriten Alexander Van der Bellen wegen dessen "Unabhängigkeit" angriff.

Irmgard Griss begann defensiv, musst sich am Anfang gegen Nazi-Vorwürfe wehren. Im Laufe der Diskussion konnte sie sich steigern: Inhaltlich stark, ließ sie sich nie aus der Ruhe bringen.

Andreas Khol, in den Umfragen weit abgeschlagener ÖVP-Kandidat, attackierte Griss im Kampf um die bürgerlichen Wähler – gar nicht „Sir“ – frontal: „Sie überholen ja Van der Bellen links...“

Khol zeigte sich sehr aggressiv, ließ auch ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher, die manchmal bei der Diskussion ins Schwimmen kam, nicht ungeschoren: „Lernen Sie Verfassung!“

Norbert Hofer gab sich freundlicher als bei den ORF-Duellen und fuhr, siehe oe24-Votings, offensichtlich gut damit. Das schärfste Duell lieferte er Van der Bellen, der ihm vorwarf :“Herr Hofer, Sie wollen sofort Strache zum Kanzler machen.“

Rudolf Hundstorfer lieferte eine souveräne Vorstellung, erntet nur einmal Hohn: Als er beteuert, noch nie einen Posten nach Parteibuch besetzt zu haben.

Alexander Van Der Bellen wirkt angriffslustiger als bisher, aber immer noch zu professoral.

Fazit: Hofer und Griss hinterlassen den besten Eindruck. Kommt Griss noch an Van der Bellen heran?

Alle Diskussionsrunden in der Detail-Analyse von Wolfgang Fellner und Politik-Experte Thomas Hofer

Runde 1 – Für Griss 
ein Lagerwahlkampf

Griss startet gut durch, Hofer zieht erst später an. Wahlkampf war für alle spannend.

Fairness. „Ich hatte den Eindruck eines Lagerwahlkampfes“, sagt Irmgard Griss. „Die Streitereien Blau-Grün, Grün-Blau ist das Letzte, was Österreich braucht.“ Hofer: „Von einer Politikverdrossenheit der Jugend war bei diesem Wahlkampf keine Rede.“ Und Hofer weiter: „Von einem ,Rambo‘ bin ich weit entfernt.“ Hundstorfer: „Ich habe keine Lustlosigkeit, keine Gleichgültigkeit. Ich bin aber kein Populist. Ich stehe für sachorientierte Politik.“

Khol: „Das Fairnessabkommen wurde von allen Kandidaten respektiert. Die These von Polit-Verdrossenheit der Jugend ist falsch. Das entscheidende Thema waren die Flüchtlinge. Lugner: „50 Jahre rot-schwarze Koalition sind genug.“

 

Fellner: Erste Runde geht an Griss. Hofer eher blass. Hundstorfer souverän. Khol eher peinlich. Van der Bellen am Schluss sehr defensiv.

 

Hofer: Griss hat gleich zu Beginn eine Generalattacke auf die geübte politische Praxis geritten. Van der Bellen kommt nicht in die Offensive.

Runde 2 – Das Amt: Khol als Fußballtrainer

(Ohn-)Macht. „Der Bundespräsident hat die Macht des Wortes, er muss sie aber sehr dosiert einsetzen“, sagt Khol. Hundstorfer hätte sich zum Thema Asyl bei der Regierung informiert und auch öffentlich geäußert. Hofer will ein aktiver Präsident sein. Er hätte sich zum Deal zwischen EU und Türkei gemeldet: „Die Türkei darf nicht zur EU kommen.“ Van der Bellen kontert: „Aufgabe des Bundespräsidenten ist es nicht, die Schlagzeile des nächsten Tages zu liefern.“ Griss: „Die Bundespräsidentin kann zu wesentlichen Themen, wie die Verschärfung des Asylrechts, etwas sagen.“ Lugner: „Die Politik wird von der Regierung gemacht. Aber mit dem wirtschaftlichen Stillstand unter Schwarz-Rot muss Schluss sein.“

 

Fellner: Hundstorfer souverän. Khol sieht BP wie Fußballtrainer – verwirrt. Hofer punktet mit Thema Asyl. VdB gut: „Aufgabe des Bundespräsidenten sind nicht Schlagzeilen!“

 

Hofer: Khol versuchte mit heftigen Attacken auf Griss Abfluss aus seinem Lager in ihre Richtung zu verhindern. Präsidentiell war das nicht.

Runde 3 - HC als Kanzler

"Muss ein Präsident den Vorsitzenden der stärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen?", fragte Van der Bellen und antwortete gleich: "Nein". Hofer reagierte empört: "Der Wählerwille ist kein Schaden Herr Professor! Ich würde einen Grünen angeloben."

 

Fellner: Die 3. Runde über die „Allmachts-Fantasien“ startet wieder mit Hundstorfer – heute überraschend gut. Khol wirkt wie ein Oberlehrer. Hofer endlich witzig. VdB langatmig.

 

Hofer: Norbert Hofer überaus hart in der Sache, gezielte, professionelle Ansprache des Lagers. Lugner bemüht sich mit harten Attacken.

Runde 4 - Proporz und Parteibuch-Wirtschaft

Zum Lachen? Er habe als Minister etliche Posten neu besetzen müssen, so Hundstorfer: „Ob Sie es mir glauben oder nicht: Ich weiß von niemandem, welche Partei er hat.“ Lautes Gelächter im Publikum – man war beim Thema Parteibuch-Wirtschaft. Griss beklagte, dass das Parteibuch noch immer eine große Rolle spielt: „Es kann aber die Qualifikation nicht ersetzen.“ Und sie betonte erneut ihre Unabhängigkeit: „Eine Präsidentin, die niemandem verpflichtet ist, ist auch niemandem etwas schuldig.“

Lugner wird auch hier wieder offensiv: „Wir haben Stillstand, es geht nix mehr weiter. Interessant: Hofer schwieg dazu.

 

Fellner: Hofer der Beste, punktet mit Absage an TTIP, will „aktiver Präsident“ sein. Hundstorfer rutscht aus, weil er weismachen will, dass er nie nach Parteibuch besetzt hat – Lacherfolg.

 

Hofer: Hundstorfer setzt keine Akzente.

Runde 5 - Auslandsreise zu Erdogan?

„Der BP soll nur dann ins Ausland reisen, wenn er damit den Interessen Österreichs dient“, meint Hofer. Khol sagt: „Ich will mehr Bürgernähe schaffen.“ Hundstorfer findet den „Dialog mit dem Ausland“ allerdings extrem wichtig. Welche Themen er mit dem türkischen Präsidenten Erdogan sprechen würde, wird Hofer gefragt: „Keine. Europa darf in keine Abhängigkeit zur Türkei geraten.“ Griss ist „für Gespräche“ mit der Türkei, um die Verhältnisse dort zu verbessern.

Van der Bellen: „Bei einer italienischen Einladung würde ich über eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems sprechen – meine erste Auslandsreise wäre aber zum Endspiel nach Paris.“

 

Fellner: Lugner wird zum Spaß-Kandidaten. Griss will sich verstärkt in Afrika engagieren – lieb! VdB will mit Spitzenbeamten eine Siebe-Jahres-Strategie entwickeln – gute Idee. Hofer schwach.

 

Hofer: Hundstorfer versuchte sich bei dem Thema Heinz Fischer anzuhängen.

Runde 6 - Es geht ums Heer

Habt Acht! Van der Bellen und Griss stimmten 2013 für das Bundesheer. Für Hundstorfer ist "das Thema entschieden". Hofer: "Der Wehrdienst ist der richtige Weg." Khol will auch die Wehrpflicht. "Nur so gibt es einen Zivildienst." Lugner fordert "g'scheide Ausbildung".

 

Fellner: Beim Thema Heer kann niemand wirklich punkten. Lugner hier peinlich: Frauen sollen Kinder kriegen, nicht zu Heer.

 

Hofer: Van der Bellen wirkte teilweise unschlüssig, etwa bei der Frage zum Präsenzdienst. Griss zeigte auch bei diesem Thema kaum inhaltliche Schwächen

Zwei Sieger im TV

Van der Bellen: „Poleposition“

Der Grüne gab sich staatsmännisch, aber auch kantiger als zuletzt. Alexander Van der Bellen verteidigte gestern, dass er als „unabhängiger Kandidat“ angetreten sei. Und er appellierte an seine Wähler: „Es ist sehr schön, in der Poleposition zu sein. Aber es müssen erst alle meine Unterstützer auch wirklich wählen gehen.“ Es könne „sehr, sehr knapp werden“. Diesmal zeigte sich der grüne Professor denn auch aufgeweckter als in anderen TV-Debatten. Der Ex-Grünen-Chef zeigte sich vor allem gegen FP-Kandidat Norbert Hofer kantiger als zuletzt.

 

Fellner: Eher defensiv. Van der Bellen muss noch um jede Stimme kämpfen. Etappenweise gut.

 

Isabelle Daniel: Diesmal aufgeweckter und aktiver in der Debatte, aber immer noch nicht offensiv genug. Am ehesten stark gegen Hofer.

Hofer: „Bin kein Polit-Rambo“

Der FP-Kandidat bemühte sich um Zurückhaltung und einen moderaten Stil. Norbert Hofer zeigte sich in der Elefantenrunde als freundlicher, betont  fader Blauer – weit zurückhaltender als in den ORF-Duellen vergangenen Donnerstag – und „freute sich über die gute Stimmung in diesem Wahlkampf“.

In der Sache selbst blieb er hart: Er kritisierte den Türkei-Deal, dem er „alles entgegengesetzt“ hätte. Und betonte, dass er „TTIP nicht unterschreiben“ würde. Hofer versuchte aber auch, Breite zu signalisieren.

 


Fellner:
Zu Beginn wirkte Hofer eher blass. Dann zunehmend stärker. Punktet bei Asyl und TTIP.

 

Isabelle Daniel: Hofer bemühte sich diesmal um Samtpfoten. Er ging recht geschickt nicht auf die Angriffe seiner Konkurrenz ein.

Griss: „Brauchen keinen Lagerwahlkampf“

Irmgard Griss setzte sich bereits bei ihrer Anreise zum ORF – sie kam per öffentlichen Bus – von den übrigen Hofburg-Kandidaten ab. Die Ex-OGH-Chefin zeigte sich souverän und appellierte geschickt gegen ihre Konkurrenten: „Wir brauchen keinen Lagerwahlkampf Grün-Blau.“

Wie ein roter Faden zog sich ihre Kritik „am parteipolitischen System“. Und: „Eine unabhängige Präsidentin kann verhindern, dass Parteien überall Parteifreunde hinsetzen.“

 

Fellner: In der ersten Runde – sie warnte vor Schlammschlacht – wirkte Griss am besten. Dafür bei Postenschacher schwach.

 

Daniel: Für Politeinsteigerin erstaunlich routiniert. Griss wirkte souverän, aber bisschen oberlehrerhaft.

Hundstorfer: „Bin, wie ich bin“

Mit dunkelblauem Anzug und hellblauer Seidenkrawatte gab sich Rudolf Hundstorfer als „Einziger, der ein aktives Amt zurückgelegt“ habe. Er versuchte, „klarzustellen, dass es nicht um die Regierung, sondern um das Amt des Bundespräsidenten geht“. In der ORF-Elefantenrunde bemühte sich der SP-Kandidat aber auch wieder, einfach der „Rudi“ zu sein: „Ich bin so, wie ich bin. Von mir kriegt man vielleicht nicht die Schlagzeile.“

Der SPÖ-Kandidat versuchte – zumindest in der Live-Sendung – zu signalisieren, dass er noch daran glaube, in die Stichwahl zu kommen. Sein Hauptkontrahent war eindeutig FP-Mann Norbert Hofer. Der SPÖ-Mann versuchte vor allem, seine „soziale Kompetenz“ zu betonen.

 

Fellner: Überraschend souverän – vor allem bei Bildung und Asyl. Hundstorfer will Brücken bauen. Unspektakulär, aber verlässlich.

 

Daniel: Er gab sich wieder authentischer als zuletzt. Klug war Hundstorfers Satz: „Ich bin, wie ich bin.“

Khol: "Bin kein Zuchtmeister"

Andreas Khol – samt seiner obligaten rot-weiß-roten Krawatte – bewies auch in der ORF-Abschlussrunde wieder seine Kampfeslust. Er griff sofort Irmgard Griss an: „Sie sieht 90.000 Flüchtlinge als kein Problem. Aber das schaffen wir nicht.“ Etappenweise wurde der Schwarze richtig aggressiv und kanzelte selbst ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher ab: „Lernen Sie Verfassung.“ Khol meinte trotzdem: „Ich bin kein Zuchtmeister.“

 

Fellner: Khol wirkte wie ein Oberlehrer, der sich mit Griss anlegte. Er will sich als Bürger- und Europa-Präsident positionieren.

 

Daniel: Khol war vor allem gegen Griss zu aggressiv. Image des Zuchtmeisters nicht abgelegt.

Lugner: "Ich spare 500.000 Euro ein"

Vor der ORF-Zentrale fuhr Richard Lugner mit einem Cabrio vor und winkte den Zaungästen. Lugner versuchte, auch zum Amüsement des Publikums außenpolitische „Kompetenz“ zu zeigen: „Frieden zwischen Israel und Palästinensern kann ich nicht schaffen.“

Für Lugner typisch: „Frauen sollen nicht zum Heer gehen, sondern Kinder kriegen.“ Sonst übte er sich vor allem in Kritik am „rot-schwarzen Proporzsystem“, zückte Taferl und gelobte, er würde „500.000 Euro einsparen“.

 

Fellner: Lugner war etwas wirr und schaltete auf Textautomat. Später dann der sympathische Kasperl und Spaß-Kandidat.

 

Daniel: Lugner schwankte zwischen Polit-Kasperl und Mini-Haider gegen Rot-Schwarz mit Taferl.

Das Endergebnis des oe24-Votings

 

Nachlesen: Diesmal waren Griss und Hofer die Gewinner

Nachlesen: Die Videos zur Elefantenrunde

Nachlesen: ORF-Elefantenrunde: Das twittert das Netz

 

Unten finden Sie den Liveticker zum Nachlesen.

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