Neutralität

Raketenschirm Sky Shield wird in Brüssel fixiert

23.05.2024

Beim EU-Verteidigungsministertreffen am 28. Mai in Brüssel soll eine Absichtserklärung für die europäische Luftverteidigungs-Initiative Sky Shield unterzeichnet werden. Das ist mit der Neutralität vereinbar. 

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Brüssel. Noch bevor der Mai endet, ist es so weit. Beim EU-Verteidigungsministertreffen am 28. Mai in Brüssel soll eine Absichtserklärung für die europäische Luftverteidigungsinitiative Sky Shield unterzeichnet werden.

Raketenschirm widerspricht nicht der Neutralität

Die österreichische Teilnahme daran hat hierzulande abermals die Debatte um die Neutralität entfacht. Laut den gesetzlichen Grundlagen widerspricht der Raketenschirm nicht der Neutralität.

Österreich verpflichtete sich am 26. Oktober zur „immerwährenden Neutralität“. Nach dem EU-Beitritt wurde in der Verfassung im Artikel 23 die Neutralität an die EU-Mitgliedschaft angepasst, womit Österreich an der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU mitwirken darf.  

Österreich darf an polizeilichen und militärischen Aktivitäten der EU und an Wirtschaftssanktionen mitwirken

Mit dem EU-Beitritt wurde die Neutralität eingeschränkt. Österreich hat seitdem die grundsätzliche Möglichkeit, sowohl an polizeilichen und militärischen Aktivitäten der EU als auch an Wirtschaftssanktionen mitzuwirken.

Einschränkend wirkt dabei aber die sogenannte "irische Klausel", die in Art. 42 Abs. 2 EUV (Vertrag über die Europäische Union) festgehalten ist, und festschreibt, dass die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) "den besonderen Charakter [...] bestimmter Mitgliedstaaten" nicht berühren dürfe.

Experte: "Mit Neutralität vollkommen vereinbar"

Kritiker sehen die Teilnahme Österreichs am Raketenschirm problematisch und argumentieren mit der Neutralität. Dem widerspricht Europa- und Völkerrechtsexperte Walter Obwexer. Für ihn ist die geplante Teilnahme Österreichs an Sky Shield mit der geltenden Neutralität in Einklang zu bringen.

 "Nach der derzeitigen Ausgestaltung ist eine Teilnahme Österreichs an der Sky-Shield-Initiative (ESSI, Anm.) mit der dauernden Neutralität vollkommen vereinbar", erklärte Obwexer: "Ich sehe keinen Widerspruch."

Eine gemeinsame Beschaffung, Nutzung und Ausbildung stehe der Neutralität nicht im Weg. Problematisch wäre jedoch, wenn sich Österreich verpflichtet, im Kriegsfall Beistand zu leisten. Auch müsse die Kommandostruktur und damit die Letztentscheidung über den Einsatz der Raketen vollständig in Österreich liegen.

"Sky Shield ist eine von Deutschland ins Leben gerufene Initiative, die EU und Nicht-EU-Staaten, darunter auch NATO-Staaten, umfasst", erläuterte Obwexer.

Damit befinde man sich in einem "Neutralitätsregime, wie es außerhalb der EU gilt", also vor dem EU-Beitritt. Dementsprechend dürfe Österreich etwa keinem Militärbündnis beitreten und keine fremden Stützpunkte auf seinem Gebiet zulassen.

"Bündnisverbot" und "Stützpunktverbot 

Aus dem Neutralitätsgesetz ergeben sich laut Obwexer neben dem "Bündnisverbot" und dem "Stützpunktverbot" auch völkerrechtliche Verpflichtungen, die sich aus der Bestimmung der "immerwährenden Neutralität" ableiten. Dazu zähle etwa die "Kernverpflichtung", sich nicht an einem Krieg zu beteiligen. Daher dürfe Österreich keine Bestimmung unterschreiben, die dazu verpflichtet, das eigene Raketensystem im Kriegsfall zum Schutz anderer einzusetzen. Auch müsse im Kriegsfall, die Entscheidung und der Oberbefehl über das eigene System in Österreich liegen.

Eine gemeinsame Beschaffung sei jedoch "völlig unproblematisch". Ebenso die Abstimmung der Systeme untereinander, solange eben kein Kriegsfall bestehe, erklärte der Völkerrechtler: "Im Kriegsfall ist die Neutralität aktiviert, und die Befehlshoheit, eine Rakete abzuschießen, muss in Österreich liegen." Wäre Sky Shield eine reine EU-Initiative, hätte Österreich eine eingeschränkte Neutralitätsverpflichtung. "Diese würde Österreich - salopp gesagt - erlauben, einen Schritt weiter zu gehen." Aber selbst da würde im Kriegsfall die "irische Klausel" greifen.

Österreich hat sowohl völkerrechtlich als auch durch Artikel 9a des Bundes-Verfassungsgesetzes die Verpflichtung, seine Neutralität zu verteidigen. Dazu zähle freilich auch die Beschaffung von Gerät und die Ausbildung der Soldaten, und eine gemeinsame Beschaffung sei mit Sicherheit die "kostengünstigere Variante". Zudem sehe die Neutralität vor, die Unversehrtheit seines Staatsgebietes gegen Angriffe von außen mit allen Mitteln zu verhindern.
 

 

 
 

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