Duell vor Gericht
Ramprecht vs. Grasser: Prozess vertagt
23.02.2012
Alle Medienverfahren sind auf Eis gelegt, bis der Buwog-Prozess startet.
Richterin Nicole Baczak hat in der heutigen rund viertelstündigen Verhandlung in der Medien-Causa Ramprecht gegen Grasser am Straflandesgericht Wien einen dringlichen Appell an die beiden Streitparteien gerichtet, alle Medienverfahren bis zur Klärung der Causa Buwog ruhen zu lassen.
Staat bleibt auf Gerichtskosten sitzen
Der Steuerzahler habe von den Klagen bisher 244 Euro eingenommen, auf allen anderen Kosten bleibe der Staat sitzen. Immerhin seien zig Richter, Staatsanwälte und weiteres Personal im Einsatz, so die Richterin. Aber auch die Ressourcen der Parteien würden bei einer Fortsetzung des Verfahrens belastet, weshalb sie vorschlage, die Klärung der Causa Buwog abzuwarten. Die Anwälte stimmten der Richterin zu. Damit wurden alle Medienverfahren der zwei Kontrahenten auf unbestimmte Zeit vertagt. Ex-Finanzminister Grasser war der heutigen Verhandlung ferngeblieben.
Es sei zwar das Recht der Parteien, die Klagen durchzufechten, sie halte es allerdings für "zweckmäßig", dass man auf eine Klärung der Causa Buwog warte, meinte Baczak. "Das ganze Strafverfahren Buwog bindet enorme Ressourcen der Justiz", bekräftigte die Richterin. Im ersten Medienverfahren zwischen Grasser und Ramprecht, in dem der Ex-Finanzminister seinerseits seinen Ex-Mitarbeiter wegen Übler Nachrede geklagt hat, müsste sie sich auch ein Bild über die Causa Buwog machen, um zu beurteilen, ob Ramprecht, wie von Grasser behauptet, lügt, so die Richterin. Ramprecht hatte in einem "profil"-Interview von einem "abgekarteten Spiel" bei der Vergabe des Auftrags zur Begleitung der Buwog-Privatisierung an die US-Investmentbank Lehman Brothers gesprochen.
Auch heute bekräftigte Ramprecht vor dem Start der Verhandlung gegenüber Journalisten, dass er "100 Prozent" bei seinen Aussagen bleibe. Er gehe davon aus, dass es zu einer Anklage in der Causa Buwog kommen werde. Jeder Bürger solle seinen Beitrag gegen Korruption in Österreich leisten. Er wolle nicht, dass "Österreich wie Griechenland endet", sagte Ramprecht. Dabei ritt er einige Angriffe gegen Grasser: Er finde es "feig" vom Ex-Finanzminister, dass er bei der heutigen Verhandlung nicht persönlich erschienen sei. Außerdem habe ein Ex-Minister eine gewisse Vorbildwirkung, die Grasser mit dem Nichterscheinen verspielt habe.
Richterin: "Waffengleichheit" zwischen Grasser und Ramprecht
Durch die zwei Klagen Ramprechts, der Grasser Üble Nachrede in zwei Fällen vorwirft, herrsche nun "Waffengleichheit" zwischen Grasser und Ramprecht, meinte die Richterin in der Verhandlung. Ramprechts Anwalt Pilz entgegnetem der Richterin, dass die Vorwürfe in den insgesamt drei Medienverfahren mit Grasser nicht deckungsgleich seien. Er betonte auch, dass sein Mandant nicht die Causa Buwog begonnen habe und auch "kein Reserve-Staatsanwalt" gegen Grasser sei.
Nach der Vertagung auf unbestimmte Zeit gab sich Ramprecht gegenüber Journalisten optimistisch: "Zivilcourage zahlt sich aus." Am Anfang der Causa Buwog wurden ihm nur geringe Chancen gegen Grasser gegeben. Mit dem derzeitigen Verlauf sei er durchaus zufrieden.
Ramprecht brachte zwei Klagen gegen Grasser wegen Übler Nachrede ein. Einerseits monierte Ramprecht, dass Grasser ihn in einem Interview mit "Money.at", das zur Tageszeitung "Österreich" gehört, als "nachweislich psychisch labil" bezeichnete. "Ich bin mir ja mittlerweile fast sicher, dass die Polizei die bei ihm gefundenen Tonbänder deshalb nicht auswertet, weil sie beweisen würden, dass dieser Mensch dringend psychische Hilfe benötigen würde", sagte Grasser über seinen Ex-Kabinettschef. Andererseits meinte Grasser im Interview mit dem ORF-"Report", dass Ramprecht seine Kinder krankenhausreif schlage.
Zum Nachlesenauf der nächsten Seite: Der LIVE-TICKER vom Mini-Prozess-Tag:
09.36 Uhr: Ramprechts Anwalt triumphiert
Geht es nach Ramprechts Anwalt, ist Grasser heute "in die Knie gegangen".
09.34 Uhr: Wie es Ramprecht als "Whistleblower" in Österreich geht
Es gehe ihm als "Whistleblower" seines Ex-Chefs Grasser in Österreich gut, sagt Michael Ramprecht. Und streut den Medien Rosen: "Die haben ein Gespür dafür, wer die Wahrheit sagt. Die Wahrheit setzt sich durch, das freut mich."
09:29 Uhr: Grassers Ex-Mitarbeiter ist ziemlich in Fahrt: "Die Wahrheit ist stärker als Grassers Geld und Netzwerk". Und weiter: "Ich bleibe dabei: BUWOG war eine abgekartete Sache von Herrn Grasser".
09:22 Uhr: Ramprecht ist aufgebracht: "Mich zu klagen, das war Grassers größter Fehler in seinem Leben".
09:16 Uhr: Die Verhandlung wird vertagt. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.
09:13 Uhr: Ramprecht bezeichnet das Nichterscheinen Grassers auf der Anklagebank als "feig". Grasser sei ein Schönwettermensch, sobald dunkle Wolken aufziehen, würde er sich verziehen, so Ramprecht.
09:11 Uhr: Grasser erscheint nicht vor Gericht! Er lässt sich von seinem Anwalt Michael Rami vertreten.
Alle Hintergrund-Infos
Ramprecht und Grasser liefern sich vor Gericht seit einiger Zeit ein Klags-Gefecht. Begonnen hatte es damit, dass Ramprecht in einem profil-Artikel behauptet hatte, der Buwog-Verkauf sei ein „abgekartetes Spiel“ gewesen. Grasser klagte darauf wegen Übler Nachrede, seither läuft ein Verfahren.
Vor Gericht will Grasser-Anwalt Michael Rami heute den Beweis antreten, dass die inkriminierte Äußerung seines Mandaten zur Psyche Ramprechts der Wahrheit entspreche.
In seinem Schriftsatz argumentiert Rami zum einen damit, dass der von Ramprecht angegebene Tatbestand mit der Äußerung über psychische Labilität gar nicht gegeben sei. „Der Umstand, dass jemand ,psychisch labil‘ ist und ,psychische Hilfe‘ benötigt, bewirkt (...) weder Ablehnung noch Verachtung, da den Betroffenen an seinem Zustand kein Verschulden trifft“, heißt es im Schriftsatz.
Grasser tritt heute den Wahrheitsbeweis an
Darüber hinaus wird Rami heute vor Gericht aufzeigen, dass Grassers Äußerung über Ramprecht der Wahrheit entspreche. Auszüge der Argumentation:
- Ramprecht habe wiederholt falsche Behauptungen über Vorkommnisse im Zusammenhang des Buwog-Verkaufs verbreitet. „Das lässt sich anhand von Dokumenten nachweisen“, so Rami. Ramprecht sei dann immer schnell auf eine plötzlich andere Darstellung umgeschwenkt.
- Mehrmals hatte Ramprecht öffentlich Klagen gegen Grasser angekündigt – diese aber nie (bis auf die jetzige) wahr gemacht.
- In bei einer Razzia sichergestellten Telefonaten von Ramprecht habe dieser seinen eigenen Sohn als „Hund“ bezeichnet und berichtet, er habe ihn krankenhausreif geschlagen.
Nächste Klage schon in der Pipeline
All das rechtfertige die Äußerung zur psychischen Labilität. Dass Ramprecht seinen Sohn verprügelt hatte, berichtete Grasser kürzlich in einem ORF-Interview. „Deshalb hat Ramprecht nun schon die nächste Klage angekündigt“, so Rami zu ÖSTERREICH.