Heimische Juristen halten die aktuelle Debatte in Österreich für unnötig: Das EU-weite Qualmverbot ist sowieso nur noch eine Frage der Zeit.
Seit knapp eineinhalb Jahren gilt in Österreich ein differenziertes Rauchverbot mit speziellen Ausnahmen für bestimmte Lokalgrößen, Mehrraumbetriebe und Unternehmen, die Denkmalschutz- und feuerpolizeilichen Vorgaben unterliegen. Seit Beginn steht diese "komplizierte" Regelung im Kreuzfeuer der Kritik, ob sie langfristig hält, wurde mehrfach bezweifelt. Auch Verfassungsjurist Heinz Mayer ist dieser Meinung, er glaubt an die baldige Einführung eines EU-weiten Qualmverbots.
"Nur eine Frage der Zeit"
"Das ist sehr realistisch,
weil die Gesundheitsbelastung für Arbeitnehmer und Passivraucher so gut
dokumentiert ist, dass das nur mehr eine Frage der Zeit ist", betonte Mayer.
"Mittelfristig wird es auf ein totales Rauchverbot hinauslaufen." In
Umbauarbeiten würde der Jurist daher "keinen Euro investieren": "Ich würde
das niemandem raten."
"Richtlinie im Gespräch"
Sein Kollege
Bernd-Christian Funk sieht es ähnlich: "Es ist im Gespräch auf europäischer
Ebene eine Richtlinie zu schaffen." Weiters gebe es einen Vorhabensbericht,
Rauchverbote mit Maßnahmen der "sozialen Anprangerung" zu flankieren. Wer
sich nicht daran halte, soll durch hohe Strafen und kurze Prozesse
"stigmatisiert" werden, meinte Funk. Dies sei aber eine unverbindliche
Empfehlung. Eine Richtlinie, dass sich EU-Staaten an diese Vorgehensweise
halten müssten, gebe es nicht.
Ö müsste der EU folgen
Sehr wohl ist eine solche
Richtlinie laut Mayer aber bezüglich der Einführung eines Rauchverbots
denkbar - und zwar mit dem Ziel, Arbeitnehmer zu schützen. Wo Kellner und
andere Gastronomie-Bedienstete tätig seien, dürfe dann nicht mehr geraucht
werden. "Die EU kann Richtlinien erlassen und die Staaten haben diese
Richtlinien umzusetzen", so Mayer. Eine weitere Möglichkeit wäre eine sofort
gültige Verordnung. Bekämpfen könne man solche Beschlüsse nur beim
Europäischen Gerichtshof (EuGH). Wegen der Bewertung von Gesundheit als
hohes Gut, habe man mit einer Klage dort aber vermutlich wenige Chancen.
Kleine Ausnahmen denkbar
Laut Funk bringt eine EU-weite Regelung
mit dem Bezug des Arbeitnehmerschutzes allerdings auch kein
hundertprozentiges Rauchverbot: Wo nur der Lokalbesitzer die Bedienung
vornehme und es gar keine Angestellten gebe, würde eine solche Regelung
nicht greifen und die Gäste dürften weiter rauchen, meinte der Jurist.
Generelles Verbot verfassungswidrig
Entschließe sich die
österreichische Regierung in naher Zukunft selbst zu einem
generellen Rauchverbot, wäre das ein "verfassungsrechtliches Problem",
betonte Funk. "Nachdem vor gar nicht langer Zeit ein differenziertes
Rauchverbot eingeführt wurde, wäre es wohl nicht zulässig, wenn unmittelbar
danach ein totales Rauchverbot kommt." Hintergrund ist der im
Gleichheitsgebot verankerte Vertrauensschutz: Wer für eine gesetzliche
Bestimmung Investitionen tätigt, dem darf das dadurch erlangte Recht nicht
einfach wieder weggenommen werden. Genau dies würde laut Juristen auf
Besitzer extra umgebauter Lokale zutreffen, das Gesetz wäre dadurch vom
Verfassungsgerichtshof (VfGH) kippbar. "Es kann schon passieren, dass er das
Rauchverbot aufhebt", meinte dazu Mayer.
"Ein gänzliches Rauchverbot, wie es in anderen Ländern auch besteht, ist für Österreich in der Form nicht mehr möglich", betonte Funk. "Da müsste man eine differenzierte Regelung finden, die die jetzige berücksichtigt." Notwendig wären Abfederungs-Maßnahmen wie ein mehrjähriger Zeitverlauf für Umstellungsmaßnahmen. "Auch über eine Entschädigungsregelung könnte man nachdenken", so Funk. Laut Mayer sind steuerliche Begünstigungen für Umbau-Investitionen ebenfalls denkbar. Fakt sei: Ein absolutes Rauchverbot ohne Ausnahmen könne von der österreichischen Regierung nicht von heute auf morgen erlassen werden.
Sollte die jetzige Regelung bleiben, halten die beiden Verfassungsjuristen Verbesserungen bei der Kontrolle in Lokalen für möglich: "Die Sache ist deshalb so schwierig, weil die Rechtslage so unklar ist", betonte Mayer. Möglich wäre eine genauere Festlegung im Gesetz, beispielsweise bezüglich eines Mitwirkens der Polizei beim Vollzug. "Man müsste halt einen entsprechenden Überwachungsaufwand tätigen, der natürlich Geld kostet", ergänzte Funk. Er denkt dabei an mehr Personal bei Behörden, eine Beteiligung der Exekutive hält er für einen "Schildbürgerstreich".